Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
gebrochenen Herzen. Ich habe gestern lange mit ihm gesprochen, als ich vom Hof des Dux Lope de Gasconha zurückgekehrt war und ihn auf Roncevaux fand. Er war sich von Anfang an bewusst, dass Bertha seinen Tod in Kauf nahm, um Rolands Überleben zu sichern. Er sagte, er hätte sich freiwillig geopfert – um seinem Sohn das Überleben zu ermöglichen. Aber ich glaube in erster Linie, weil ihm eine letzte Nacht mit Bertha mehr wert war als alles andere.« Arima richtete sich auf. »Erzählst du mir, was dir seither widerfahren ist?«
»Du willst eine Geschichte vom Krieg hören?«
»Ich will eine Geschichte von dir hören.« Sie küsste ihn.
Die Verfolgung des fränkischen Heers hatte durch eine Landschaft geführt, die von den Franken schon auf dem Herweg geplündert worden war. Die Franken hatten beim ersten Durchzug alles mitgenommen, was sich verwerten ließ. Beim Rückmarsch hatten sie es eilig gehabt und keine übertriebene Rücksicht auf die Menschen genommen, die in ihre geplünderten Dörfer zurückgekommen und nun vom erneuten Auftauchen des Heers überrascht worden waren – zumal wenn sie versucht hatten, wenigstens den letzten Rest ihrer Habseligkeiten zu verteidigen. Afdza und seine Krieger waren auf brennende Höfe gestoßen, auf die Leichen von Männern, Frauen und Kindern. Mancherorts hatten Plünderer die Wein- und Wasservorräte der Bauern auf den Boden gegossen, um Stellen zu finden, an denen Wertgegenstände vergraben worden waren. Auch wenn der Boden darüber wieder festgetrampelt worden war, zog die Flüssigkeit dort doch schneller ein und verriet das Versteck. Die Mauren waren auf viele umgegrabene Stellen gestoßen, und oft hatten sich genau dort die meisten Toten befunden.
Die Krieger hatten Afdza gedrängt, schneller zu marschieren, um die Franken vor sich herzutreiben und die Plünderungen zu unterbinden. Aber Afdza musste auf den Überraschungseffekt setzen, wenn er die Nachhut erfolgreich außer Gefecht setzen wollte. Karl würde nur dann zulassen, dass die Nachhut im Pass zurückfiel, wenn er sich sicher fühlte, dass ihm kein maurisches Heer auf den Fersen war.
Afdza hatte die Wünsche der Scharführer abgelehnt, und sie hatten seine Beweggründe verstanden. Dennoch war es ein unglückliches, stummes, erbittertes Heer gewesen, das er in Gewaltmärschen durch die Täler und über die Bergkämme bis zum Fuß des Passes geführt hatte. Das Frankenheer bewegte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Die Mauren hatten zu tun, den Pass nicht zu spät zu erreichen.
Wie erwartet hatte die Nachhut, die die ganze Zeit mit dem Heer Schritt gehalten hatte und selbst beim Marsch durch die Wüstengegend nördlich von Siya und über die sich daran anschließende Hügelkette nicht abgehängt worden war, begonnen zurückzufallen, als nach Iruña der Aufstieg zum Pass begann. Ihre Aufgabe bestand in der Sicherung des Trosses. Zu ihm gehörten die Schmiede, Schwertfeger, Ledergerber, Sattler, Seilmacher, Metzger, Bäcker und Köche, die das Heer begleiteten, aber auch die Träger für das Lagergepäck sowie Schreiber, Verwundete und Händler, bei denen die Krieger ihre Beute eintauschten. Die Franken hatten diesen Feldzug zu hastig vorbereitet, als dass der Tross so groß gewesen wäre wie bei einem von langer Hand organisierten Kriegszug; es fehlten die Frauen und Kinder der Scharführer, die Lagerhuren, die Musikanten und Geschichtenerzähler und all die anderen Geschäftemacher, die den Vormarsch vor allem bremsten. Der Tross wurde dennoch immer langsamer, und das lag an den Wagen mit der Beute. Afdza hatte sie ausgesucht, und er hatte bewusst die schlechtesten von ihnen gewählt. Als das Gelände rauer wurde, begannen sich Räder zu lösen, Achsen zu zerbrechen und Deichseln zu splittern, wodurch konstant Reparaturarbeiten nötig waren. Afdza hatte die Anzahl der Karren so knapp wie möglich gehalten, was zum einen dafür gesorgt hatte, dass die Beute nach mehr ausgesehen hatte als sie war, weil sie sich hoch auf den Ladeflächen getürmt hatte, und weil er ihnen damit die Möglichkeit nahm, im Bedarfsfall Beute umzuladen.
Afdza war mit Bedauern an vielen Bündeln weggeworfener Dinge vorübermarschiert, die die Franken erst eingesackt, dann aber doch nicht für wertvoll genug gehalten hatten: Horn- und Holzschnitzereien, Geschirr, vor allem aber Teppiche, Wandbehänge und Tücher. Den Menschen, aus deren Besitz sie beschlagnahmt worden waren, hatten diese Dinge etwas bedeutet. Nun lagen sie da
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