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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zu. Er hätte gestern Karls Heer zurückrufen können, wenn er nur in sein verdammtes Horn gestoßen hätte, und dann hätten sie meine Männer und mich spätestens morgen vom Erdboden gefegt.«
    »Er ist ein Narr«, sagte Arima.
    »Nein«, sagte Afdza. »Er ist ein Held. Anders als ich. Ich bin nur der Schlächter des Statthalters von Medina Barshaluna. Ich kann nicht einmal verhindern, dass morgen das schlimmste Gemetzel von allen beginnt.«
    Arima strich über die Narbe, dann beugte sie sich nach vorn und küsste Afdza. Es war ein langer Kuss, und wie bei ihrem allerersten rief er ein Echo von Leidenschaft in ihrer Seele hervor, das angesichts ihrer Lage fast beschämend war, sich aber kaum bezwingen ließ. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Sie krallte die Finger in sein Haar und presste seine Lippen auf die ihren.
    » Du bist der Held«, sagte sie dann schwer atmend. »Und du kannst das Gemetzel verhindern.«
    »Aber wie, mein Stern? Wie?«
    »Willst du erfahren, woher du deine Narbe wirklich hast?«, flüsterte sie. Sie drückte seinen Kopf gegen ihre Schulter und flüsterte ihm ins Ohr.
    Er machte sich los und starrte sie entgeistert an. Aus seinem gesunden Auge löste sich plötzlich eine Träne und lief seine Wange hinab. Er begann, den Kopf zu schütteln.
    »Du weißt, dass es die Wahrheit ist«, wisperte sie. »In deinem Herzen weißt du es.« Sie wies auf die Schriftrolle. »Und hier ist der Beweis.«
    Afdzas Lippen bewegten sich in dem vergeblichen Versuch, sinnvolle Worte zu formen.
    »Wir müssen es ihm mitteilen«, sagte Arima. »Bring mich morgen zu ihm, bevor die Schlacht beginnt. Wenn wir gemeinsam vor ihm stehen, wird er uns glauben. Hilf mir, Roland zu retten, Afdza. Um unserer Liebe willen.«

    Später lagen sie eng nebeneinander auf Afdzas Lager. Sie hatten ganz natürlich zueinandergefunden. Es war nicht die Liebe gewesen, die Afdza von Laila und Nuri kannte, die spielerische, jede Grenze auskostende, jede Grenze überschreitende, wie ein köstliches Menü zelebrierte Liebe, deren einziges Ziel der maximale Lustgewinn war. Es war vielmehr die Not gewesen, endlich eins zu sein, sich einander hinzugeben, sich so nah zu sein, wie es zwei Menschen nur im Liebesakt möglich war und auch dann nur, wenn jeder der beiden das Gefühl hatte, nur durch und für den anderen zu leben. Es war die Vereinigung zweier Menschen, die bereits zu lange darauf gewartet hatten, ihre Liebe zu erfüllen. Sie war ebenso heftig wie zärtlich, ebenso kurz wie Ewigkeiten lang. Sie trug das Versprechen in sich, dass sie, wenn es eine Chance für sie beide gab, noch spielerischer, noch köstlicher sein würde als jeder Lusttaumel, den Afdza mit seinen beiden Liebesdienerinnen und vielen anderen Frauen erlebt hatte. Und es war gut so.
    Es war noch nie so gut gewesen.
    Afdza hielt Arima im Arm und dachte daran, wie kurz eine Nacht sein konnte, wenn man fürchtete, dass sie die einzige und letzte war, die man mit dem Menschen verbringen durfte, den man liebte.
    »Es war alles eine Lüge«, murmelte er schließlich. »Mein ganzes Leben. Rolands ganzes Leben. Ich lebe von geborgter Zeit, und ihn dürfte es eigentlich gar nicht geben.«
    »Dies hier ist keine Lüge«, sagte Arima und kuschelte sich an ihn.
    Afdza überlegte wieder, wie viel Zeit sie wohl füreinander haben würden und ob sie sich wirklich nur in Stunden messen ließ. »Nein. Dies ist die einzige Wahrheit in meiner ganzen jämmerlichen Existenz.«
    »Du bist nicht jämmerlich! Du bist der Mann, den ich liebe!«
    »Ich habe ihr sogar gegenübergestanden«, sagte Afdza, ohne auf sie einzugehen. »Bertha. Ich habe mit ihr gesprochen. Man möchte meinen, dass es einen Funken der Erkenntnis hätte geben müssen, bei ihr oder bei mir …«
    Er spürte Arimas sanftes Streicheln auf seiner Narbe, über die leere Augenhöhle. Sie sagte: »Du warst ein Kind und bist ein Mann geworden. Und sie lebt so sehr in der Vergangenheit und in der Hölle ihrer vermeintlichen Schuld, dass die Gegenwart für sie keine wirkliche Bedeutung hat.«
    »Du weißt, dass sie Ganelon mit der Hoffnung geködert hat, er könne ihre Liebe wiedergewinnen, aber von Anfang an das Risiko einging, ihn zu opfern?«
    »Ganelon ist auf Burg Roncevaux. Karls Ärzte haben ihn dort zurückgelassen, als die Vorhut des Heers weiterzog. Sie sagten, eine Weiterreise sei ihm nicht zuzumuten. Er stirbt, Afdza – an seinem gebrochenen Rücken, weil er kein Krieger mehr sein kann, und an seinem

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