Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
ich ihm auch. Und jetzt hol die Bögen und die Pfeile.«
Der Decanus lieferte sich ein Blickduell mit Arima und verlor. Er erhob sich. »Wie du willst, Herrin.« Vor Wut konnte er kaum sprechen.
Chlodwig erhob sich ebenfalls. »Ich begleite ihn – falls er auf die Idee kommt, mit seinen Männern das Weite zu suchen.«
Der Decanus war bleich vor Zorn, als er hervorstieß: »Du hast keinen Grund, an meiner Loyalität zu zweifeln, Sachse!«
Arima erkannte, dass Chlodwig – beabsichtigt oder nicht – genau das Richtige gesagt hatte, um sicherzustellen, dass der Decanus und seine Männer ihr die Treue halten würden. Ohne sie war ihr Plan wertlos; mit ihnen war die Wahrscheinlichkeit, dass er misslang, immer noch groß genug. Sie warf Chlodwig ein Küsschen zu, genau wie in der Halle in Burg Susatum, bevor Afdza ihn niedergestreckt hatte. Chlodwig verstand das Kompliment, grinste und huschte mit dem Decanus davon.
»Ich hoffe, du verzeihst, dass ich über deinen Knecht verfügt habe«, sagte Arima zu Afdza.
»Oh, ich unterwerfe mich gerne dem besseren Taktiker«, erklärte Afdza. »Ich habe schon beim ersten Mal, als ich dich traf, festgestellt, dass du meine Hilfe gar nicht brauchst.«
»Ealhwine – du hältst dich raus«, sagte Arima.
»Das ist tatsächlich eine gute Taktik«, erwiderte Ealhwine.
Der Erfolg von Arimas Plan basierte zur einen Hälfte auf einer halb verschütteten Erinnerung. Was die andere Hälfte betraf, so gründete er auf der Annahme, dass Afdza als Krieger so perfekt war wie in allen anderen Dingen. Was Arima bisher in dieser Hinsicht von ihm gesehen hatte, ließ sie nicht im Geringsten zweifeln. Zweifel hatte sie eher wegen der ersten Hälfte ihres Plans.
Der Anblick des toten Hundeführers und das wütende Jaulen und Bellen der Hunde hatten Arima die Erinnerung an die Geschichte von ihr und den Hunden zurückgebracht, als sie ein kleines Kind gewesen war. Eines Tages war sie verschwunden gewesen. Man hatte die ganze Burg vergeblich nach ihr abgesucht. Die Panik war immer größer geworden, bis irgendwann jemand auf die Idee kam, in den Hundezwinger zu sehen. Die Hunde hatten die ganze Zeit großen Radau gemacht, und jeder hatte angenommen, dass die Hektik der Suche die Tiere nervös gemacht hätte. Im Hundezwinger war die kleine Arima gewesen – sie hatte sich durch das schwere Holzgitter gezwängt und einfach zu den Welpen einer der Hündinnen gelegt. Dort war sie eingeschlafen. Warum die Tiere sie nicht gleich zerfetzt hatten, wusste niemand. Vielleicht hatte sie einen Hauch des Geruchs ihres Vaters an sich gehabt. Als die Rüden dann doch über sie herfallen wollten, verteidigte die Hündin, zu deren Wurf Arima sich gelegt hatte, das Kind. Sie war erst wach geworden, als ihr Vater persönlich den Zwinger betreten, die Hunde weggescheucht und sie nach draußen getragen hatte.
»Bist du wirklich sicher?«, fragte Afdza.
Arima nickte.
»Mein Gott, Arima. Du verlässt dich darauf, dass die Hündin, die jetzt das Rudel anführt, eine der Welpen von damals ist …«
»Ich bin mit den Hunden aufgewachsen, Afdza. Ich weiß, dass es so ist.«
»Sie muss doch uralt sein für einen Hund.«
»Mein Vater war immer stolz darauf, dass alle seine Hunde ein hohes Alter erreichten.«
»Und du verlässt dich darauf, dass dich die Hündin wiedererkennt, obwohl du selbst sagst, dass die Tiere nach dem Tod deines Vaters keinen menschlichen Herrn mehr akzeptiert haben, selbst den Hundeführer nicht!«
»Ich verlasse mich auch darauf, dass du mir die Sachsen vom Leib hältst, wenn ich zum Tor laufe und es von innen öffne.«
»Auf jeden Fall könnt ihr euch darauf verlassen«, grummelte Ealhwine, der hinter ihnen hergeschlichen und dabei zweimal gegen einen Baum geprallt war, »dass ich mich hier nicht vom Fleck rühren werde.«
»Es sei denn …«, begann Arima.
»Ja, ja. Es sei denn. Es wird aber nicht sein.« Mit beinahe zärtlicher Stimme fuhr Ealhwine fort: »Man spricht solche Gedanken nicht vor dem Kampf aus.« Was Arima hatte sagen wollen, war, dass Ealhwine versuchen sollte, sich allein zu König Karl durchzuschlagen, falls die Befreiung Roncevaux’ scheiterte und sie, Afdza und die Krieger dabei umkamen.
Zunächst mussten sie warten, bis der Mond hinter einem der Berggipfel untergegangen war. Dann wollten sie um den Felsabsturz im Rücken der Burg herumschleichen und durch den Wald einen Steilhang hinaufklettern. Das Plateau, auf dem die Burg lag, war kahl, und es würde
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