Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
verdrängten den Schreck und die noch stärker emporschießende Angst, und sein Geist wurde ruhig, während sein Körper wie von allein funktionierte.
Er rannte gebückt zur Palisade hinüber, auf der sämtliche Wachen herumgefahren waren und in den Burghof starrten. Erste Rufe wurden laut, als Afdza an der Palisade ankam. Das Seilende, zu einer Schlinge geknüpft, wirbelte durch die Luft, fing sich zwanzig Schritte weiter vorn in den Spitzen der Palisade, und Afdza rannte schon an der Befestigung entlang, das Seil mit blitzschnellen Griffen einholend, als das Knurren und Jaulen immer lauter wurde und ebenso das Geschrei der Wachen. Von Arima war nichts zu hören … Doch der Kriegerinstinkt schob die Angst aufs Neue beiseite, nutzte den Schwung aus, den Afdza sich selbst gegeben hatte, und für ein paar Schritte rannte er wie ein Artist auf der senkrechten Palisade in die Höhe, das Seil immer weiter einholend, bis es sich spannte. Er warf sich herum, als einer der Wächter über die Palisade blickte und mit der Lanze auf die Stelle herabstach, an der Afdza eben noch gewesen war – doch der Pendeleffekt des gestrafften Seils trug ihn nun in die andere Richtung, immer noch an den Stämmen der Befestigung in die Höhe laufend, immer noch sich emporziehend. Er flog über die Spitzen der Palisade, fing sich mit einer Hand ab und landete auf dem Wehrgang, federte den Aufprall ab und kam hoch und streifte sich schon einen der Bogen vom Rücken. Die alarmierten Sachsen rannten von ihren Nachtlagern zu dem Feuer in der Mitte des Burghofs und rissen brennende Äste heraus. Ihre Nachtsicht war durch das Feuer komplett zerstört, auf der anderen Seite gaben sie mit den improvisierten Fackeln in der Hand hervorragende Ziele ab, und für Afdza, der vermieden hatte, ins Feuer zu schauen, war die gesamte Szene hell erleuchtet.
Was ihn betraf, lief alles nach Plan. Er hatte den ersten Pfeil auf der Sehne, als einer der Wächter auf dem Wehrgang auf ihn zulief. Der Einschlag wirbelte den Sachsen herum und stieß ihn von der Verteidigungsanlage herunter, während sich Afdza blitzschnell umdrehte und einen zweiten Wächter niederstreckte, der von der anderen Seite angelaufen kam. Er hörte das Gebrüll der Überfallenen und das wahnsinnige Gekläff der Hunde und erschoss den dritten Wächter über die halbe Distanz der Palisadenflanke hinweg. Der schwere Pfeil fegte den Sachsen über die Brüstung und ließ ihn in der Nacht jenseits des Bollwerks verschwinden.
Dann raste er auf dem Wehrgang zur rückwärtigen Flanke der Burg, zum Hundezwinger. Er hätte sich den Weg sparen können.
Die Hunde hetzten auf einmal aus dem Zwinger heraus, eine langgestreckte Welle aus schwarzem Fell, geöffneten Mäulern und gebleckten Zähnen. Zwei Sprünge später hatten sie sich aufgeteilt, ein tödlicher Fächer, der auf die Krieger losging, die vor dem Angriff zurückschreckten. Arima war mitten unter dem Rudel, neben ihr ein großer Schatten, der ihr nicht von der Seite wich, während sie auf das Tor zurannte. Sie sah nicht nach oben, wo Afdza sein musste, sie beachtete die Sachsen nicht, die sich von ihrer Überraschung erholten. Diejenigen, die nicht von einer der geifernden Bestien attackiert wurden, versuchten sie abzufangen. Arima rannte in gerader Linie zum Tor.
Die Hündin, die neben ihr rannte, riss einen der Sachsen nieder und setzte im nächsten Augenblick wieder Arima nach, während der Krieger sich auf dem Boden wand und sein Blut in einem glitzernden Strahl aus seinem aufgerissenen Hals pumpte. Den nächsten erschoss Afdza mit einem Pfeil. Der Maure rannte auf dem Wehrgang mit Arima mit. Ein Sachse hatte eine Leiter erklommen und schwang sich eben oben auf den Wehrgang – ein Tritt im Vorbeilaufen, und er fiel mitsamt der Leiter in den Burghof. Ein weiterer Sachse kam Arima zu nahe und flog ihr dann in den Weg, einen Pfeil zwischen den Schulterblättern. Sie sprang über ihn hinweg. Noch ein Pfeil zischte, und ein Krieger fiel, der mit einem Speer versucht hatte, die Leithündin aufzuspießen. Afdza verteidigte beide, die Frau und die Hündin, die sie beschützte, und in diesen Augenblicken machte er keinen Unterschied in seiner Wertschätzung für beide.
Von jenseits des Burgtors ertönten Hufgetrommel und die gellenden Rufe, mit denen die fränkischen Reiter in die Schlacht stürmten. Arima erreichte das Tor fast gleichzeitig mit einem Sachsen, der sich ihr in den Weg zu stellen versuchte. Ein Pfeil nagelte ihn an die
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