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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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jedoch so aus, als wären wir zu spät gekommen. Ob durch plötzliches Ersticken oder infolge der giftigen Dämpfe des Chloroforms, Lady Frances schien jenseits der letzten Schwelle, von der man sie hätte zurückrufen können. Und dann, endlich, nach künstlicher Beatmung, nach Ätherinjektionen, nach Anwendung überhaupt aller Mittel, zu denen die Wissenschaft rät, sprachen ein kleines Zucken, ein Zittern der Augenlider, ein Hauch auf einem Spiegel von der langsamen Wiederkehr des Lebens.
      Eine Kutsche war vorgefahren; Holmes schob die Vorhänge etwas auseinander und schaute hinaus. »Es ist Lestrade mit dem Haftbefehl!«, sagte er. »Er wird sehen, daß seine Vögel ausgeflogen sind. Und da«, fügte er hinzu, als kräftige Schritte über den Flur kamen, »ist jemand, der ein größeres Recht hat als wir, die Dame zu pflegen. Guten Morgen, Mr. Green. Ich finde, wir sollten Lady Frances wegbringen, je eher, desto besser. Inzwischen kann das Begräbnis vonstatten gehen, und die arme alte Frau, die noch in dem Sarg liegt, mag ihn nun alleine haben und zu ihrer letzten Ruhe gebettet werden.«

    »Sollten Sie sich je die Mühe machen, diesen Fall Ihren Aufzeichnungen hinzuzufügen«, sagte Holmes an jenem Abend, »so kann er nur als ein Beispiel für eine zeitweise Verdunkelung stehen, die einmal auch den bestgeschulten Verstand außer Kraft setzen muß. Dieses Versagen findet sich bei allen Sterblichen, und der Größte ist, der das erkennt und wiedergutmachen kann. Auf dieses eingeschränkte Verdienst darf ich vielleicht einigen Anspruch erheben. Die ganze Nacht hat mich der Gedanke gequält, daß da eine Spur war, daß ein besonderer Ausspruch, eine ausgefallene Beobachtung meine Aufmerksamkeit erregt hatte und zu leichtfertig entlassen worden war. Dann auf einmal, im Morgengrauen, kamen die Worte wieder zu mir zurück. Es war die Bemerkung der Frau aus dem Bestattungsinstitut, wie sie von Philip Green wiedergegeben worden war. Sie hatte gesagt: ›Er sollte eigentlich schon da sein. Es hat länger gedauert, ihn anzufertigen, weil es sich nicht um das übliche Modell handelt.‹ Es war der Sarg, wovon sie gesprochen hatte. Er war nicht das ›übliche Modell‹. Das konnte doch nur bedeuten, daß er nach besonderen Maßen hergestellt worden war. Aber warum? warum? Dann fielen mir plötzlich die hohen Wände ein und die abgezehrte Gestalt tief unten. Weshalb ein so großer Sarg für einen so kleinen Leichnam? Um Raum für einen anderen Körper zu lassen. Zwei sollten bestattet werden mit den Papieren für eine Tote. Das war alles so klar, wenn nur mein Sehvermögen nicht getrübt gewesen wäre. Um acht würden sie Lady Frances beerdigen. Unsere einzige Chance war, den Sarg aufzuhalten, damit er das Haus nicht verließ.
      Es bestand nur eine verzweifelte Chance, daß wir sie noch lebend fanden, aber es war eine Chance, wie das Resultat zeigt. Diese beiden hatten, soviel ich wußte, noch nie einen Mord begangen. Vielleicht schreckten sie vor tödlicher Gewaltanwendung letzten Endes doch zurück. Sie konnten sie begraben, ohne daß eine Spur blieb, auf welche Art sie das Ende ereilt hatte, und sogar wenn sie exhumiert werden sollte, hätten sie eine Möglichkeit gehabt, davonzukommen. Ich hoffte, daß solche Überlegungen bei Ihnen vorgeherrscht hatten. Das Stück, das sie wirklich aufführten, können Sie selber rekonstruieren. Sie haben die schreckliche Höhle oben im Haus gesehen, in der sie die arme Lady so lange festhielten. Und dann brachen sie herein und überwältigten sie mit Chloroform, trugen sie hinunter, schütteten noch Chloroform in den Sarg, um sicherzugehen, daß sie nicht wieder aufwachte, und dann schraubten sie den Deckel fest. Ein cleverer Plan, Watson. Ich bin ihm in den Annalen des Verbrechens noch nicht begegnet. Falls unsere Freunde, diese ExMissionare, den Fängen Lestrades entkommen, sollte ich darauf gefaßt sein, von ihrer ferneren Karriere noch einige brillante Stückchen zu hören.«

    Der Teufelsfuß

    Wenn ich von Zeit zu Zeit einige der seltsamen Erfahrungen und Denkwürdigkeiten niederschreibe, an die ich mich aus meiner langen und intimen Freundschaft mit Mr. Sherlock Holmes erinnere, stehe ich immer wieder Schwierigkeiten gegenüber, die aus der ihm eigenen Ablehnung von Publizität herrühren. Sein düsteres, zu Zynismus neigendes Naturell hat öffentlichen Beifall immer verachtet, und nichts amüsierte ihn nach einem erfolgreich abgeschlossenen Fall mehr, als die

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