Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4
Bestattungsunternehmen, denn eben sind wir an der Pfandleihe vorübergekommen. Würden Sie hi neingehen, Watson? Ihre Erscheinung erweckt Vertrauen. Fragen Sie, um wieviel Uhr das Begräbnis vom Poultney Square morgen stattfindet.«
Die Frau im. Laden antwortete mir ohne Zögern, der Termin sei um acht Uhr früh.
»Sie sehen, Watson, keinerlei Geheimnis; alles liegt offen auf dem Tisch. Irgendwie wurden die gesetzlichen Vorschriften zweifellos erfüllt, und sie glauben, sie haben wenig zu fürchten. Nun, da hilft nichts als ein Frontalangriff. Sind Sie bewaffnet?«
»Mein Stock!«
»Gut, gut, wir werden stark genug sein. ›Dreimal bewehrt ist der gerechte Streiter.‹ Wir können es uns einfach nicht leisten, auf die Polizei zu warten und in den Schranken des Gesetzes zu bleiben. Kutscher, Sie können weiterfahren. Nun, Watson, versuchen wir zusammen unser Glück, wie wir es früher gelegentlich schon getan haben.«
Er hatte laut an der Tür des großen dunklen Hauses mitten am Poultney Square geläutet. Es wurde sogleich geöffnet, und die Gestalt einer großen Frau hob sich gegen den schwach beleuchteten Flur ab.
»Nun, was wünschen Sie?« fragte sie scharf und sah uns aus dem Dunkel heraus an.
»Ich möchte Dr. Shlessinger sprechen«, sagte Holmes.
»Den gibt es hier nicht«, antwortete sie und versuchte die Tür zu schließen, aber Holmes hatte seinen Fuß dazwischengeklemmt.
»Dann möchte ich zu dem Mann, der hier wohnt, wie auch immer er sich nennen mag«, sagte Holmes bestimmt.
Sie zögerte. Dann öffnete sie die Tür ganz. »Also, kommen Sie herein. Mein Gatte fürchtet sich vor niemandem auf der Welt.«
Sie schloß hinter uns die Tür, wies uns in ein Wohnzimmer rechts vom Flur und drehte das Gaslicht auf, bevor sie uns allein ließ. »Mr. Peters wird sofort da sein«, sagte sie.
Ihre Worte erfüllten sich buchstäblich, denn kaum hatten wir Zeit, uns in dem staubigen und mottenzerfressenen Raum umzusehen, als auch schon die Tür aufging und ein mächtiger, glattrasierter, glatzköpfiger Mann leichtfüßig hereinschritt. Er hatte ein großes rotes Gesicht mit Hängebacken und eine Miene unverbindlichen Wohlwollens, die aber durch einen grausamen, boshaften Mund verdorben wurde.
»Das ist sicher ein Irrtum, meine Herren«, sagte er mit salbungsvoller, beruhigender Stimme. »Ich nehme an, Sie sind versehentlich hierher gewiesen worden. Vielleicht, wenn Sie es die Straße weiter unten versuchen…«
»Das genügt; wir können unsere Zeit nicht vergeuden«, sagte mein Gefährte fest. »Sie sind Henry Peters aus Adelaide, späterer Reverend Dr. Shlessinger aus Baden-Baden und Südamerika. Dessen bin ich so sicher, wie ich sicher bin, daß mein Name Sherlock Holmes ist.«
Peters, wie ich ihn von nun an nennen will, fuhr auf und starrte seinen furchtbaren Verfolger fest an. »Ihr Name jagt mir keine Angst ein, Mr. Holmes«, sagte er kaltblütig. »Wenn eines Menschen Gewissen leicht ist, können Sie ihm nichts anhaben. Was suchen Sie in meinem Haus?«
»Ich wünsche zu erfahren, was aus Lady Frances Carfax geworden ist, die Sie aus Baden-Baden entführt haben.«
»Ich wäre meinerseits sehr erfreut, wenn Sie mir sagen könnten, wo diese Dame ist«, antwortete Peters kühl. »Ich habe gegen sie eine Forderung von nahezu hundert Pfund und dafür nichts vorzuweisen als ein Paar wertlose Ohrgehänge, die sich der Händler kaum ansehen würde. Sie hat sich Mrs. Peters und mir in Baden-Baden angeschlossen (es stimmt, daß ich zu der Zeit einen anderen Namen benutzte), und sie blieb an uns kleben, bis wir in London ankamen. Ich bezahlte ihre Hotelrechnung und ihre Fahrkarte. Einmal, in London, ist sie entwischt und hat, wie ich sagte, ein paar altmodische Juwelen als Bezahlung für ihre Rechnungen dagelassen. Finden Sie sie, Mr. Holmes, und ich bin Ihr Schuldner.«
»Ich werde sie finden«, sagte Sherlock Holmes. »Ich durchstöbere dieses Haus, bis ich sie finde.«
»Wo ist Ihre Legitimation?«
Holmes zog seinen Revolver halb aus der Tasche. »Der muß die Aufgabe übernehmen, bis eine bessere kommt.«
»Sie sind ein gemeiner Einbrecher.«
»So könnten Sie mich bezeichnen«, sagte Holmes fröhlich. »Mein Kompagnon ist ebenfalls ein ganz gefährlicher Kerl. Und wir beide durchsuchen jetzt Ihr Haus.«
Unser Widersacher öffnete die Tür.
»Hol einen Polizisten, Annie!« sagte er. Wir hörten
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