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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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denen, die uns aus London weggetrieben hatten. Unser einfaches Leben, das friedliche, gesunde Gleichmaß, wurde gewaltsam unterbrochen, und wir fanden uns hineingeschleudert in eine Serie von Ereignissen, die nicht nur in Cornwall, sondern im ganzen Westen Englands äußerste Erregung hervorriefen. Viele meiner Leser erinnern sich vielleicht noch an das, was seinerzeit ›Der Schrecken von Cornwall‹ genannt wurde, obwohl nur ein höchst unvollständiger Bericht von den Vorfällen die Londoner Zeitungen erreichte. Jetzt, nach dreizehn Jahren, bringe ich die wahren Einzelheiten dieser unfaßbaren Affäre an die Öffentlichkeit.
      Ich sagte bereits, daß Türme die Dörfer markierten, die über diesen Teil von Cornwall verstreut lagen. Das nächstgelegene Dorf war der Weiler Tredannick Wollas, wo sich die Hütten einiger hundert Einwohner um eine altertümliche, moosbewachsene Kirche drängten. Der Vikar der Pfarre, Mr. Roundhay, war nebenbei auch Archäologe, und als solchen hatte Holmes ihn kennengelernt. Er war ein Mann mittleren Alters, stattlich, umgänglich und mit beachtlichem heimatkundlichem Wissen ausgestattet. Auf seine Einladung hin waren wir zum Tee ins Pfarrhaus gekommen und hatten bei dieser Gelegenheit auch Mr. Mortimer Tregennis kennengelernt, einen unabhängigen Gentleman, der die mageren Einkünfte des Geistlichen dadurch aufbesserte, daß er in dessen weitläufigem Haus Wohnung genommen hatte. Der Vikar, ein Junggeselle, war froh, daß es sich so gefügt hatte, obwohl ihn nur wenig mit seinem Mieter verband, einem dünnen, dunkelhaarigen Mann mit Brille, dessen krummer Rücken den Eindruck körperlicher Mißgestalt erweckte. Wie ich mich erinnere, war der Vikar bei unserem kurzen Besuch sehr beredt, während sich sein Gast als ein schweigsamer, in sich gekehrter Mann erwies, der mit traurigem Gesicht und abgewandtem Blick dasaß und offensichtlich über persönlichen Angelegenheiten brütete.
      Diese beiden Männer waren es, die am Dienstag, dem 16. März, kurz nach unserer Frühstücksrunde plötzlich in unser kleines Wohnzimmer traten; wir waren fertig für unseren täglichen Streifzug ins Moor, saßen noch ein bißchen und rauchten.
      »Mr. Holmes«, sagte der Vikar mit aufgeregter Stimme, »während der Nacht hat sich ein höchst außergewöhnliches und tragisches Unglück ereignet. Eine noch nie dagewesene Sache. Wir können es nur als einen Akt göttlicher Vorsehung ansehen, daß Sie sich gerade jetzt hier aufhalten, denn Sie sind der einzige Mann aus ganz England, den wir brauchen.«
      Ich starrte den aufdringlichen Vikar nicht sehr freundlich an; aber Holmes nahm die Pfeife aus dem Mund und setzte sich in seinem Stuhl gerade wie ein alter Hund, der den Ruf zur Jagd auf den Fuchs gehört hat. Er deutete zum Sofa, und unser zitternder Besucher und dessen aufgeregter Begleiter ließen sich Seite an Seite darauf nieder. Mr. Mortimer Tregennis war gefaßter als der Geistliche, aber das Zucken seiner dünnen Hände und der Glanz in seinen dunklen Augen zeigten an, daß beide erregt waren.
      »Soll ich sprechen, oder wollen Sie es tun?« fragte Mr. Tregennis den Vikar.
      »Da Sie die Entdeckung gemacht zu haben scheinen – ganz gleich, worum immer es sich handeln mag – und der Vikar wohl nur über ein Wissen aus zweiter Hand verfügt, sollten Sie vielleicht reden«, sagte Holmes.
      Ich betrachtete den Geistlichen, der sich offensichtlich in aller Eile angezogen hatte, und dann den neben ihm sitzenden, korrekt gekleideten Untermieter und amüsierte mich über das Erstaunen, das Holmes’ simple Folgerung auf ihren Gesichtern hervorgerufen hatte.
      »Vielleicht sage doch ich am besten erst einige Worte«, sagte der Vikar, »und dann entscheiden Sie, ob Sie von Mr. Tregennis die Einzelheiten hören wollen, oder ob wir nicht sofort an den Ort der mysteriösen Affäre eilen sollten. Es handelt sich darum, daß unser Freund hier den gestrigen Abend in Gesellschaft seiner Brüder Owen und George und seiner Schwester Brenda in ihrem Hause in Tredannick Wartha zugebracht hat, das nahe bei dem alten Steinkreuz im Moor liegt. Als er sie kurz nach zehn Uhr verließ, saßen sie kartenspielend um den Eßzimmertisch, waren guter Dinge und bei vorzüglicher Gesundheit. Heute morgen – er ist ein Frühaufsteher – spazierte er vor dem Frühstück in dieselbe Richtung und wurde von der Kutsche des Dr. Richards überholt, der ihm erklärte, daß man ihn soeben sehr dringend nach

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