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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Das verloren geglaubte, unauffindbare Triptychon, das von einer belgischen Familie verwahrt wurde, deren Namen er noch nicht einmal kannte.
    Er war im Arsch. Total im Arsch. Er würde in San Quentin enden, genau wie Charles Manson. Der war ja immer noch am Leben. Vielleicht würden sie ja zusammen die Gemeinschaftsräume im Knast schrubben, beide in orangefarbenen Gefängnisanzügen und mit Ketten an den Füßen. Dann konnten sie sich über das White Album der Beatles unterhalten. Aber würden sie vorher von ihm verlangen, dass er seine Geschichte vor Gericht erzählte? Würden Filmaufnahmen davon um die Welt gehen? Würde die Polizei die Aufnahmen aus der Clarendon Road, der Normandie und Arizona sichten? Würden sie sich die eigenartigen Interviews anhören, sich die Schmutzflecken von diesen
Dingern an den Wänden ansehen und sie als raffinierte Special Effects abtun, bevor die Datenträger dann in der Beweismittelsammlung verstaut wurden? Er würde in die Geschichte eingehen, als One-Man-Show des Wahnsinns. Irgendwann würde jemand eine Dokumentation darüber drehen, wie er eine Dokumentation gedreht hatte und dabei dem Wahnsinn verfallen und zum Massenmörder geworden war. Wie er ein Blutbad angerichtet hatte, bei dem ein Hollywood-Star und seine Bediensteten umgekommen waren. All das jagte durch seinen Kopf wie ein Film im Zeitraffer.
    Während er sich das alles ausmalte, schaute Kyle seine Waffe an und fragte sich erneut, ob er sich nicht den Lauf in den Mund stecken und abdrücken sollte. Aber die Pistole war leer. »Scheiße.« Er drückte die Zigarette aus und steckte sie in die Tasche.
    Schließlich stand er auf, zündete sich eine weitere Zigarette an und tat das, was er am besten konnte: Er hielt die Kamera hoch und machte eine Nachtaufnahme des Zimmers. Als er neben der zerschossenen Leiche von Chet Regal stand, diesem Pharao ohne Sarkophag, improvisierte er einen kurzen Text für den Film, der diese letzte Szene niemals bekommen würde: »Vielleicht hatte Max ja recht. Wir verehren die Narzissten. Vielleicht sind die größten Stars ja die, die einen Ozean von Blut vergießen, um unsterblich zu werden. Diese Irren, die sich für unsterblich halten. Die sich für Götter halten. Dabei sind sie nur Tyrannen, aber niemals Götter.«
     
    Draußen vor dem Penthouse waren keine Blutsfreunde mehr zu sehen, aber ihre Spuren waren noch da, ebenso der Gestank, den sie verbreitet hatten. Diejenigen, die im Kampf umgekommen waren, hatten ihre vertrockneten Knochen hinterlassen. Kyle filmte alles, auch wenn er nicht wusste, warum. Vielleicht einfach nur deshalb, weil er das Gefühl nicht loswurde, dass dies die letzte Szene seines Films war. Seines Meisterwerks. Seines Vermächtnisses.
Von dem Film, dessen Director’s Cut nur im Gerichtssaal und im Polizeipräsidium gezeigt würde.
    Als er den toten Jed fand, wischte er den Griff der leer geschossenen Pistole ab und legte sie neben die Hand, die ihm noch geblieben war. Bei den Leichenresten, von denen er annahm, dass sie zu Max gehörten, war nirgendwo etwas von einem Schwein zu sehen. Er stieg über die herumliegenden Knochenreste, den Schmutz und die Kleiderfetzen, ohne etwas zu sagen, und ging die Treppe hinunter.
    Im Erdgeschoss schaltete er die Kamera auf Tageslicht um und nahm sich die Zeit, jeden einzelnen Raum abzugehen. Die meisten würde er schaffen, noch bevor die Sirenen der Polizeifahrzeuge näher kamen.
    Als die Akkus leer waren, stieg er durch das Loch im Türfenster und setzte sich draußen auf dem Patio in die Sonne. Zündete sich eine Zigarette an und trank den letzten Schluck Wasser. In seinem Kopf pochte es, und seine Augen brannten. Sein Haar war schweißverklebt. Beinahe musste er sich übergeben.
    Aber keine Sirenen näherten sich.
    Nichts.
    Niemand kam.
    Er ging über die Auffahrt bis zum schmiedeeisernen Tor und kletterte darüber. Wartete auf der Straße. Aber da war immer noch nichts, und niemand kam, um ihm Handschellen anzulegen. Er hörte die Grillen zirpen, aber keine Sirenen, nicht mal ein normales Auto. Die Kondensstreifen von drei Flugzeugen durchzogen den strahlend blauen Himmel. Er entschied, dass es Zeit war, jemanden wegen des Kinds im Penthouse zu alarmieren. Der Junge würde bald Hilfe brauchen, womöglich für den Rest seines Lebens. Kyle zog das Handy aus seinem Rucksack.
    Dann fiel ihm etwas anderes ein. Es kam so plötzlich, dass ihm der Atem stockte.
    Er grinste vor sich hin, und es kam ihm vor wie das erste Mal
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