Der letzte Vorhang
verbundenen Personen von Schicksalsschlägen
getroffen worden, die über das übliche Maß hinausgingen: Roger Battle, der
Mitautor des Librettos, hatte kurz nach der letzten Vorstellung einen
Herzinfarkt nicht überstanden. Davey Lewin, der Regisseur und Choreograph, war
vor vier Jahren an Aids gestorben; Larry Saunders, einer der Tänzer, war der
Krankheit vor einem Jahr erlegen. Nach Larrys Tod hatte Carlos den Einfall
gehabt, alle übrigen Mitglieder der Truppe für zwei konzertante Aufführungen
während der Weihnachtswoche zugunsten von Aidskranken zusammenzuführen. Er
wollte sie mit Mort Hornberg inszenieren, der achtzehn Jahre zuvor Daveys
Assistent bei Combinations gewesen war, und Mort, Carlos und Wetzon
würden sie produzieren, wobei der gesamte Reingewinn an Show Biz Shares fließen
sollte, eine gemeinnützige Organisation, die Aidskranken aus allen Bereichen
der Theatergemeinde half.
»Wir machen es zusammen, Häschen«, hatte Carlos
vorgeschlagen. »Denk nur, du und ich, wir tanzen wieder.« Seine Begeisterung
steckte an. Wetzon war dabei.
Einen nach dem anderen spürte sie beinahe alle
noch Lebenden auf, die in der ursprünglichen Truppe mitgearbeitet hatten. Sogar
Bonnie McHugh, die jetzt eine eigene Fernsehserie moderierte, stimmte zu, ihre
alte Rolle zu übernehmen.
Die einzige, die Wetzon nicht gefunden hatte,
war Terri Matthews.
»Das begreife ich nicht«, sagte Carlos jetzt,
während er Crème fraîche auf eine getoastete Bagelhälfte strich und eine
Scheibe Lachs darauflegte.
»Ich habe es bei der Schauspielergewerkschaft
probiert, dann bei der Gewerkschaft der Fernseh- und Rundfunkkünstler, sogar bei
der Gewerkschaft der Film- und Fernsehdarsteller. Kein Eintrag. Auch nicht im
New Yorker Telefonbuch. Sogar beim Hilfsfonds für Schauspieler habe ich mich
erkundigt. Komisch, was? Erinnerst du dich nicht, sie bei Anhörproben gesehen
zu haben?«
»Eigentlich nicht, aber das hat nichts zu
sagen.«
»Moment mal.« Wetzon hatte eine Eingebung. Sie
zupfte mit den Fingern am Weißfisch. »Wollte Terri nicht aussteigen? Hatte sie
nicht Geld geerbt oder in der Lotterie gewonnen oder so was? Ich bilde mir ein,
mich zu erinnern, daß sie immer davon redete, eine Tanzschule in Cincinnati
aufzumachen.«
»Du meine Güte, doch nicht dort, wo’s die vielen
Maisfelder gibt?«
»Das ist Iowa, du Dussel«, sagte Wetzon. Sie
wischte sich die Finger an der Serviette ab und ging zum Telefon. »Ein Anschluß
in Cincinnati, Terri oder Theresa Matthews.« Sie buchstabierte den Namen. »Es
ist eine private Adresse oder möglicherweise eine Tanzschule... Haben Sie
andere Einträge unter Tanzschulen? Nein... Nein... Das ist nicht richtig...
Trotzdem vielen Dank. Warten Sie — geben Sie mir diese Nummer.«
»Was hast du gekriegt?« wollte Carlos wissen,
noch ehe sie den Hörer aufgelegt hatte.
»Nichts, nur die Nummer einer Schule mit dem
Namen Ballet Broadway...«
Carlos verschluckte sich. »Das glaubst du doch
selbst nicht, Häschen. Terri würde das niemals machen.«
Wetzon drohte ihm mit dem Finger. »Benimm dich,
Snob.« Sie kam zum Tisch zurück und setzte sich. »Irgend jemand dort muß sie
kennen. Terri ist in der Stadt zu Hause, und sie ist Tänzerin. Sie kann nicht
einfach vom Erdboden verschwunden sein.«
Ich habe eine Exklusivmeldung! Die reizende
Bonnie McHugh kehrt an den Broadway zurück, um ihre Hauptrolle in dem Musical Combinations, wo sie vor fast achtzehn
Jahren von Aaron Spelling entdeckt wurde, noch einmal zu gestalten.
Unsere kluge kleine Bonnie gab sich zwar
bedeckt, doch gelang es mir herauszubekommen, daß in der Weihnachtswoche eine
konzertante Version dieser wunderbaren Show als Benefizveranstaltung zugunsten
von Aidskranken stattfindet.
Ist das ein
Versuchsballon unserer Bonnie für etwas Größeres? — Cindy Adams, Live um Fünf, NBC-TV
Dienstag, 15.
November 1994
2. Kapitel
»Häschen, gerade habe ich gehört, wie Cindy
Adams unsere Show in Live um
Fünf Millionen von Zuschauern ankündigt!«
»Woher hat sie das? Ich dachte, wir sollten alle
den Mund halten, damit Mort sie groß rausbringen kann.«
»Hast du gewußt, Schatz, daß Bonnie der Star von Combinations war? Kapiert?«
»Kapiert.«
»Lieber Himmel, Wetzon, warum haben Sie so lange
gebraucht?«
Madison Fiskes satte Südstaatenlaute flössen in
Wetzons Ohr. Er hatte vor kurzem in Palm Beach ein kleines Büro für Hayden Ross
eröffnet und war restlos überlastet. Und dafür gab es Gründe,
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