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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Display zu schauen.
    »Wo bist du?«
    »Zu Hause.«
    »Und?«
    »Nichts.«
    »Ich habe hier was. Das musst du dir angucken.«
    Winter hörte die Spannung in Bertils Stimme. Sie klang wie im Fieber. Bertil wusste etwas. Er wusste . Ich habe von ihm gelernt.
    »Was ist es, Bertil?«
    »Die Baupläne von der Chalmersgatan. Schiölds Treppenhaus. Barkners. Die habe ich mir als Erstes vorgenommen, dort hat ja alles angefangen.«
    »Und – weiter?«
    »Winkel und Ecken«, sagte Ringmar. »Dunkle Ecken.«
    »Was genau meinst du damit?«
    »Es gibt einen zugemauerten Serviergang oder eine Art Gang zwischen Schiölds Wohnung und der der Nachbarn. Dieser Gang stammt wahrscheinlich aus Zeiten, als ein einziger Großhändler mindestens ein Stockwerk bewohnte. Du musst dir das Ganze wie einen langen Tunnel vorstellen.«
    Mittelalter, dachte Winter. Tunnel.
    »Man kann vom Keller hineingelangen, unter der Treppe. Und irgendwo von oben im Treppenhaus.«
    Winter sah den dunklen Gang vor sich, er brauchte nicht einmal die Augen zu schließen. Und das Licht, das sie hineinlassen würden.
    »Offenbar vergessen«, hörte er Ringmars Stimme.
    Nicht ganz. Jetzt nicht mehr.
    Dunkelheit und war das nicht … sie konnte nicht … ich sehe es … lustig, was ich da … hab kalt, es ist kalt, es wird kälter, das da, was, kommt es, wie soll man … kann nicht atmen, und dann plötzlich! Es ist, wird, wie soll man atmen … dunkel, ich hatte ein Fenster, Vogel, habe ich einen Vogel gehört, ich atme, es ist windig, Wind, ich kann fliegen, er flog, der Vogel flog, sie flog! Die Ecke … es war, es war, ich werde … ein wenig mehr, und das Steuer, sein Steuer, er lief, der konnte laufen, die Kinder … es ist windig, kann sie, kann sie zum Schweigen bringen, sie … wo sind sie, können sie nicht still sein, können sie nicht still sein, das war es, still, ich still, dunkel, ich dunkel … es ist windig, es ist windig, sie schlagen, hart schlagen sie, bumm, bumm, macht bumm, es ist windig, friere, ich friere, ich kann nicht, nicht sehen, nicht sehen … es ist hell … es ist Licht! Es wird, es wird, hell, bumm, bumm, still, es wird heller, auuu! Auuu! Können die nicht still sein, still, still! Es ist zu hell! Seid still!

48
    W inter flog um 13 : 06  Uhr vom Airport Landvetter ab. Der Himmel war immer noch unbegreiflich blau. Zwischenlandung in München. Der Flughafen war immer noch neu, die Wände waren aus Glas.
    Die Lufthansa-Maschine kreiste einen Moment über Málaga. Das Meer unter ihm war blau, winterblau. Die verbrannte Erde an den Bergen war vorübergehend zu einem kurzen Frühling ergrünt. Nicht lange, und sie würde wieder rot sein, rot gefärbt von der versinkenden Sonne. Er fühlte sich ruhig. Eine Ruhe, die die entscheidende Phase einleitete. Er war schon lange unterwegs. Es war kein plötzlicher Aufbruch gewesen, die Reise hatte er längst gebucht, ehe er sich dessen bewusst war.
    Vor dem Flughafen wartete ein Mietwagen. Er fuhr bei Churriana auf die Autobahn und dann weiter westwärts. Die Wolkenkratzer in Torremolinos waren schwarze Silhouetten vor dem Himmel. Türme. Kreuzfahrertürme, dachte er. In Fuengirola blitzte ein Kirchturm wie rotes Gold. Hier haben wir geheiratet. Links glitzerte das Meer. Auf der anderen Seite der Calahondabucht lag Marbella. Die Stadt sah aus wie ein Fahrzeug, das alle Lichter auf das Meer richtete. Er ließ die Autoscheibe herunter. Die Luft war kühl. Es roch nach Salz, Tang, Benzin. Und nach dem Unbestimmbaren, das es nur in der Fremde gibt.
    Er fuhr über die Avenida Svero Ochoa in die Stadtmitte und bog links auf die Calle del Fuerte ab, eine vorübergehende Verkehrsumleitung. Die vorübergehenden Verkehrsumleitungen im zentralen Marbella waren permanent.
    Er parkte in einer Lücke vor dem Hotel auf der Avenida Antonio Belón. Das Alte Hotel Lima. Einmal war es neu und hübsch gewesen, jetzt war es nur noch hübsch.
    Er checkte ein und fuhr zu Zimmer Nummer  553 hinauf, öffnete die Tür, trat ein und ließ die Reisetasche fallen. Hier hatten sie gewohnt, als Angela das erste Mal in Marbella gewesen war. Damals hatte man noch Meerblick gehabt. Einige Jahre später war auf der anderen Straßenseite ein Gebäude errichtet worden, das die Aussicht versperrte. Trotzdem waren sie in das Zimmer Nummer  553 zurückgekehrt.
    Er öffnete die Balkontür, und während er hinaustrat, tippte er seine Telefonnummer von zu Hause ein. Hier war der Duft nach Salz noch stärker und der Duft

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