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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Vermutung lag nahe, daß Festinus diese Verse einmal in Gegenwart eines Mädchens namens Charis zitiert hatte, aber hätte er das in Gegenwart eines der Eunuchen von Theodoros getan? Deshalb bat ich dich um Hilfe, und du hast mir sehr energisch erklärt, ich solle die Angelegenheit auf sich beruhen lassen – und ich dachte mir immer noch nichts dabei. Oder besser gesagt, ich wollte mir nicht eingestehen, was ich mir gedacht hatte.
    Nun gut, danach hatte ich dauernd zu tun. Ich verhandelte mit Frithigern, ging zurück und verhandelte mit Lupicinus, und dann ritt ich zwischen Antiochia und Hadrianopolis hin und her. Und ich war viel zu beschäftigt, um an irgend etwas anderes zu denken als an die Probleme im Zusammenhang mit den Goten. Schließlich wurde ich für ein paar Wochen in Antiochia festgehalten, mußte verschiedenen Hofbeamten Bericht erstatten und mit ihnen eine ganze Reihe wichtiger Dinge erörtern. Doch ich konnte sie nicht überzeugen. Eines Abends saß ich mit einem Freund zusammen, wir tranken reichlich, und als ich nach Hause kam und einschlief, träumte ich von dir. Was, will ich lieber nicht erzählen. Auf jeden Fall warst du in diesem Traum eine Frau, und als ich mit stechenden Kopfschmerzen aufwachte, dachte ich: ›Jesus Christus, was für ein verrückter Traum.‹ Und dann dachte ich: ›Beruht er vielleicht auf Wahrheit?‹ Und dann fügte sich alles ineinander. Aber ich war mir immer noch nicht sicher, nicht sicher genug jedenfalls, um deswegen einen Bericht zu verfassen. Statt dessen fragte ich überall nach jemandem, der Theodoros von Ephesus kannte, und ich trieb einen Assessor im Büro des Statthalters auf, einen Burschen namens Kyrillos. Nach ein paar Bechern Wein und ein paar geschickten Fragen hatte ich die ganze Geschichte aus ihm herausgebracht. Mir war so, als habe mir jemand einen Fußtritt versetzt – und ich hätte mir selbst einen Tritt versetzen können, so dämlich gewesen zu sein. Aber dann brach der Krieg aus, und ich mußte andauernd irgendwelche Botschaften hierhin und dorthin bringen. Deshalb konnte ich erst eine Woche nach deiner Gefangennahme nach Skythien kommen. Sebastianus war deswegen immer noch wütend auf seine Tribune. Aber er erzählte mir, es seien Gerüchte im Umlauf, die Goten hätten herausgefunden, daß du eine Frau bist, und er fragte mich, was ich davon hielte. Ich raufte mir die Haare und verwünschte uns beide, und nach einer Weile tat Sebastianus dasselbe.«
    »Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte, als ich zuerst von den Gerüchten erfuhr«, erzählte Arbetio. »Ich glaubte ihnen nicht, bis ich einige entflohene Sklaven in Behandlung hatte, die dich kannten und sie bestätigten. Und sie behaupteten, du würdest Edico heiraten.«
    »Das war Frithigerns ursprüngliche Idee. Bevor er wußte, wer ich wirklich bin. Edico war sehr erleichtert, als ich ihm sagte, ich wolle nicht.« Arbetio dachte einen Augenblick lang nach, dann lachte er. Athanaric runzelte die Stirn. »Edico hatte schon immer ein bißchen Angst vor dir«, meinte Arbetio.
    »Wahrscheinlich fällt es ihm genauso schwer, dich als Frau anzuerkennen, wie mir.«
    »Wir sind Freunde, du und ich«, sagte ich. »Und Kollegen. Wie geht es den übrigen in Novidunum?«
    »Gut«, erwiderte er. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, daß wir in deinem Haus gewohnt haben. Ich habe versucht, mich genausogut um deinen Haushalt zu kümmern wie um meinen, und dafür konnte ich das neue große Haus gut gebrauchen.«
    »Behalte es«, sagte ich, »als Geschenk von mir. Ich brauche es nicht mehr; ich verlasse Thrazien und gehe wieder nach Alexandria.«
    Athanaric zuckte zusammen. »Hoffentlich verbietet dir dein Bruder, Bithynien zu verlassen«, sagte er grob. »Er hätte dir von Anfang an nicht erlauben dürfen, nach Alexandria zu gehen. Und falls er dich zurückkehren läßt, ist er ganz einfach ein Narr. Eine Frau hat in einer derart gefährlichen Stadt nichts zu suchen, vor allem nicht, wenn sie auf eigene Faust dort praktizieren will.«
    Ich sah ihn zuerst überrascht, dann wütend an. »Du mußt immer alles verallgemeinern«, fuhr ich ihn an. »›Frauen sollten die Heilkunst nicht praktizieren.‹ Ich habe in Alexandria gelernt, daß jeder Fall für sich betrachtet und dementsprechend behandelt werden muß. Ich stamme aus einer guten Familie in Ephesus, bin eine Anhängerin Roms und schätze die Lehre des Hippokrates; außerdem bin ich eine Frau. Die ersten drei Dinge sind jedoch mindestens so

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