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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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bat er mich. »Ich möchte dem Präfekten keinerlei Vorwand bieten, eine Untersuchung gegen uns einzuleiten.«
    »Ich tue bei jedem Patienten mein Bestes«, erwiderte ich.
    »Doch könnte Eure Heiligkeit jetzt bitte zu Bett gehen? Du solltest nicht so lange aufbleiben. Du wirst ebenfalls an irgend etwas erkranken, und deine Chancen zu überleben, sind nicht so groß wie die eines kräftigen jungen Mannes. Ich lasse dich rufen, falls etwas passiert.«
    »Heiliger Gott, heiliger Unsterblicher!« brauste Athanasios auf. »Ärzte! Wenn man sie erst mal in sein Haus gelassen hat , glauben sie sofort, es sei ihr eigenes! Ich gehe jetzt mit und will von dir wissen, ob der Mann am Leben bleiben wird.«
    Athanaric hatte sein eigenes kleines Zimmer im Palast. Wir traten ein und fanden den Agenten zusammengekrümmt auf der Seite liegend vor; er zitterte. Seine ganze Kraft und all sein forsches Getue waren hinweg; er war völlig erschöpft und dämmerte dumpf vor sich hin. Ich hatte ihn nicht ausstehen können, aber es ist immer schmerzlich, einen kräftigen jungen Menschen angesichts des drohenden Todes in einer derart verzweifelten Lage zu sehen. Das Bett war abgezogen worden, doch der Gestank von Erbrochenem lag noch in der Luft. Schwacher und unregelmäßiger Puls; hohes Fieber. Seine Augen waren halb geschlossen, und unter den Lidern war das Weiß der Augäpfel zu sehen: ein sehr schlechtes Zeichen: »Hat er auch Durchfall?« fragte ich die Pfleger und war erleichtert, als sie meine Vermutung bejahten: Derartig verdrehte Augen bedeuten für gewöhnlich den sicheren Tod, aber Durchfall kann ebenfalls so etwas bewirken. Ich war über die schlechte Verfassung des Agenten überrascht: Entweder hatte sich sein Zustand unerwartet schnell verschlechtert, oder niemand hatte daran gedacht, mich früher zu rufen. Ich befragte die Pfleger deswegen. Sie erzählten, er habe sich bereits am Morgen krank gefühlt, sei wieder zu Bett gegangen, habe dann angefangen, sich zu erbrechen, und nicht mehr damit aufgehört, bis er plötzlich regelrecht zusammengebrochen sei. Aber soweit ich sehen konnte, hatte er weder Blut noch Eiter von sich gegeben, und kein Körperteil schien besonders druckempfindlich zu sein, so daß ich ein akutes Darmfieber diagnostizierte und nicht etwa eine Infektion. Ich sagte dem Erzbischof, Athanaric habe eine gute Chance, zu gesunden. Daraufhin erklärte sich Athanasios damit einverstanden, das Krankenzimmer zu verlassen und zu Bett zu gehen, und ich sagte den Pflegern, sie sollten ihn nicht wieder ins Krankenzimmer lassen.
    Der Agent benötigte eine außerordentlich sorgfältige Pflege. Am Morgen erwartete ich halb und halb, er werde im Verlauf dieses ersten Tages sterben, denn er konnte nichts bei sich behalten, und seinem Körper wurde bedenklich viel Wasser entzogen. Ich versuchte es mit Zäpfchen und hielt das Zimmer möglichst kühl. Ich rieb ihn wiederholt ab und gab ihm Honigwasser mit Aloe auf einem Schwamm. Schließlich veranlaßte ich die Pfleger, etwas Opium unter seiner Nase zu verbrennen, um seine Schmerzen ein wenig erträglicher zu machen und den Schüttelfrost zu mildern. Aber es war eine heikle Sache. Wenn Erbrechen, Durchfall und hohes Fieber zusammenkommen, bedeutet dies stets höchste Gefahr, und man braucht eine äußerst kräftige Konstitution, um so etwas zu überleben. Glücklicherweise war Athanaric kräftig. Außerdem war er gesund und gut genährt gewesen, und so kam er durch. Es gelang mir, ihm etwas Honigwasser einzuflößen und dann eine ordentliche Dosis Opium und dann noch ein wenig Honigwasser. Am Abend fing er endlich an zu schwitzen, so daß das Fieber herunterging. Danach handelte es sich im Grunde genommen nur noch darum, ihm vernünftige Ernährung und Ruhe zu verordnen, bis es ihm besser ging. Aber um sicherzugehen, wachte ich in jener Nacht an seinem Krankenbett. Mitten in der Nacht wachte er auf und murmelte etwas auf lateinisch, die Sprache seines Geburtsortes Sardica. Sein Fieber war erneut gestiegen, und er phantasierte. Als ich versuchte, ihm eine Dosis gefleckten Schierling zu verabreichen, weigerte er sich, ihn zu schlucken, und nannte mich einen Giftmischer – zumindest glaubte ich, etwas in dieser Richtung zu verstehen. Ich hatte nur ein wenig von Thorions lateinischer Amtssprache gelernt und das meiste davon seit Jahren vergessen. Ich stammelte ein paar Worte und sagte ihm, das Getränk sei medicina. »Medicus sum«, beruhigte ich ihn, woraufhin er erwiderte: »Non

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