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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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denn dein Geld aus, wenn du angeblich genug davon hast, wie? Mädchen nützen dir nichts! Was ist mit Wein, Schminke, schönen Gewändern?«
    Ich fand es ausgesprochen dumm, ausgerechnet schöne Gewänder zu erwähnen, da ich zur Arbeit meine alte blaue Tunika anhatte, die kaum auf Eitelkeit schließen ließ. Auch Geld konnte mich wirklich nicht in Versuchung führen, selbst wenn ich mich dem Erzbischof gegenüber nicht verpflichtet gefühlt hätte. Ich verdiente bereits beträchtlich mehr, als ich ausgab. Alles, was ich wollte, war, soviel wie möglich über die Kunst des Heilens zu lernen. »Bücher«, sagte ich. »Aber ich habe genug Geld dafür.«
    »Ich bin sicher, daß du genug Geld hast, aber ich bin ebenso sicher, daß du noch mehr davon brauchen könntest. Zwanzig Solidi. Schön, fünfundzwanzig. Ich warne dich, höher werde ich nicht gehen.«
    »Mein Patient erwartet mich«, entgegnete ich scharf. »Bitte laß meinen Umhang los.«
    Er ließ ihn los. »Was hat der Erzbischof gegen dich in der Hand?«
    »Er ist mein Patient. Ich wünsche dir gute Gesundheit, Vortrefflicher.« Damit ging ich davon und ließ ihn mit einem überraschten Gesichtsausdruck stehen und hinter mir herstarren.
    Nicht lange danach wurde ich eines Nachts durch ein Klopfen an der Tür geweckt. Ich stieg aus dem Bett. Die Kohlenpfanne war ausgegangen, und das Zimmer war kalt; selbst während ich schlief, trug ich meine Tunika, wenn auch ohne das Schnürleibchen. »Wer ist da?« fragte ich und suchte meine Sandalen.
    Es war einer der Sklaven aus dem bischöflichen Palast. Jemand war krank geworden; ich sollte sofort kommen. Ich sagte ihm, er möge so lange warten, bis ich mich angezogen hätte. Dann band ich mein Schnürleibchen um, warf mir die Tunika und den Umhang über, ergriff meine Arzttasche, und wir machten uns auf den Weg.
    Es war eine kalte Nacht; in den Straßen lag ein feuchter Nebel, der aus dem Hafen heraufzog. Zur Rechten warf der Leuchtturm von Pharos seine Strahlen mit Hilfe von Spiegeln weit auf das Meer hinaus. Es war bereits nach Mitternacht, und es waren keine anderen Lichter mehr zu sehen. Die Straßen waren menschenleer, nur eine Ratte, die von einer der streunenden Katzen erwischt worden war, quietschte irgendwo. Ich stolperte in der Dunkelheit über einen Abfallhaufen, den jemand mitten auf den Weg geworfen hatte, und der Palastsklave machte eine Bemerkung darüber, wie scheußlich die Nacht sei. Ich dachte plötzlich an Ephesus, was ich seit Jahren nicht mehr getan hatte. Dort konnte ich so lange schlafen, wie ich wollte, und mußte nicht in kalten Nächten oder an heißen Sommernachmittagen arbeiten; dort waren Gärten, in die man sich setzen konnte, überall behagliche Winkel, Sauberkeit, Frieden. Ich stellte mir vor, wie ich nach einem Bad in dem kleinen weißen Zimmer, das ich mit Maia teilte, im Bett lag (seit ich in Alexandria angekommen war, hatte ich kein richtiges Bad mehr gehabt), wie ich zuhörte, während mein Kindermädchen mir etwas vorsang, und wie ich mir Gedanken darüber machte, was wohl passieren würde, wenn ich heiratete. Nun, sagte ich zu mir selbst, du könntest ja zurück nach Ephesus, oder du könntest nach Konstantinopel gehen und dort mit Thorion zusammenleben. Willst du das?
    Natürlich nicht. Ich achtete wieder auf den Weg vor mir, und wir stolperten weiter zum bischöflichen Palast.
    In der Eingangshalle warteten Theophilos und Athanasios auf mich. Wie Kopisten hockten sie auf dem Fußboden und flüsterten intensiv miteinander. Theophilos schüttelte den Kopf. Ich freute mich, den Erzbischof zu sehen: Der Sklave hatte nicht gesagt, wer krank war, und ich war zu verstört gewesen, ihn danach zu fragen. »Chariton«, erkundigte sich Athanasios bei mir, als der Sklave mir die Tür öffnete, »ist eine Darmentzündung zu dieser Jahreszeit normal?«
    »Wir haben bald die Sonnenwende«, erwiderte ich ein wenig überrascht. »Das ist eine schlechte Zeit für die Gesundheit. Ach ja, und ich habe neulich erst ein paar Fälle gehabt. Aber im Augenblick grassiert das Darmfieber nicht so schlimm wie im Herbst.«
    »Es würde auch nicht viel nützen, wenn die ganze Stadt daran umkäme«, meinte Theophilos ungeduldig. »Sie werden auf alle Fälle behaupten, wir hätten ihn vergiftet.«
    »Vergiftet, wen?« fragte ich.
    »Diesen Goten«, erwiderte Theophilos verächtlich. »Diesen arianischen Agenten.«
    Athanasios schüttelte mißbilligend den Kopf. »Tu dein Bestes, ihn wieder gesund zu machen«,

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