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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbot
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sonstige Tathandlungen überwiegend oder durchgängig ritualisierten und anhand ihrer Signatur als Serientäter erkannt werden konnten. Peter Kürten, der »Vampir von Düsseldorf«, fügte seinen insgesamt fünfzehn Opfern stets charakteristische Stich- oder Schlagverletzungen im Brust-, Hals- und/oder Kopfbereich zu. Seine Begründung: »Erst beim Stechen steigerte sich die Erregung, dabei kam der Samen. ( …) Ich gab ihm noch einen kräftigen Stich, da hörte ich deutlich das Blut hervorrauschen. Das war der Höhepunkt.« Der Aufläder Johann Möckel tötete von 1915 bis 1920 in Waldgebieten in der Umgebung von Plauen, Greiz und Leipzig fünf Opfer. Stets stieß er ihnen unterhalb des Kehlkopfes ein Messer in den Hals (so genannter Drosselgrubenstich), ließ sie förmlich ausbluten, um sich an dem allmählichen Sterben und den damit verbundenen Qualen zu berauschen. Gleichsam hoch perseverant verhielt sich der Rangierer Johann Eichhorn. Der »Schrecken des Münchener Südens« erschoss von 1934 bis 1939 in Waldgebieten vier Frauen. Seine Handschrift: Er schnitt den Opfern die Vagina heraus, kaute darauf herum.
    Der selbst ernannte »Totmacher a. D.« Rudolf Pleil tötete von 1946 bis 1947 zehn Frauen. Seine pathologische Fixierung äußerte sich in dem Verlangen, die Opfer »umhauen« und anschließend »bearbeiten« (er meinte damit ein heftiges Kneten der Brüste) zu können. In seinen autobiografischen Aufzeichnungen (»Mein Kampf«), die er während der Haft verfasste, schilderte er, warum nicht nur in dem beschriebenen Fall gelegentlich eine Tötungshandlung unterblieben war: »Anschließend bin ich wieder zurück nach Zorge auf den Bahnhof in Benneckenstein hap ich auch noch ein Mädchen troffen die über die Grenze wollte, daß wahr so richtig mein Fall ein fetten Arsch, unt bar gute Titten hat sie auch gehapt. Aber zu meinen Bedauern hape ich keinen Apparat gehapt womit ich ihr den Ballong einballern konnte, hap mir auch die größte Mühe gegeben hap aber kein gefunden, unt deßhalb lebt nun auch heute das Luder noch.« Pleil hatte die junge Frau also nur deshalb verschont, weil eine andere Tötungsart nicht seinem perversen Drang entsprochen hätte.
    Von 1974 bis 1984 fielen dem Gelegenheitsarbeiter Kurt Steinwegs ein 13-Jähriger, ein Jugendlicher und vier erwachsene Männer zum Opfer. Unter anderem trennte er fünf seiner Opfer das Geschlechtsteil ab, zerschnitt es. Seine Erklärung: »Ich habe denen den elften Finger abgeschnitten, weil ich wissen wollte, wie das Ding funktioniert, wie das Pipi da rauskommt.« Bei seiner ersten Tat, als er einem Mann mit einem Kalksandstein das Gesicht zerschmetterte, verzichtete er notgedrungen auf sein bizarres Ritual. »Ich bin doch gestört worden«, ließ er die Vernehmungsbeamten wissen, »leider ist es dann dazu nicht mehr gekommen.«
    Die beliebig erweiterbare Darstellung repetitiver, hoch signifikanter Tathandlungssequenzen und mitunter gleichartiger Opferdispositionen insbesondere bei sadistisch devianten Serienmördern belegt, dass das Signatur- Konzept als Instrumentarium zur Verifizierung von Tat-Tat- beziehungsweise Tat-Täter-Zusammenhängen in vielen Fällen durchgreift. Ungeachtet möglicher Durchbrechungen und Abweichungen erscheint eine Anwendung dieses Werkzeugs auch dann sachgerecht, wenn keine sexuelle Komponente handlungsbestimmend gewesen ist – wie im Fall der Düsseldorfer »Liebespaar-Morde« angenommen werden darf.
    In beiden Fällen hat der Täter zweifelsfrei mehr getan, als er hätte tun müssen. Um die Opfer zu töten, hätte er die Pistole benutzen können. Es wäre doch so einfach gewesen! Beim zweiten Mord tat er dies auch, allerdings schoss er lediglich auf Peter Seiffert. Warum nicht auch auf Helga Kortmann? Warum schlug er ihr den Schädel ein – wie auch Lieselotte Ingensandt und Wilfried Mehnert? Auch hier dürfte der Täter oder sein Komplize mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Schusswaffe mitgeführt haben. Wie hätten die Opfer sonst an einer Flucht gehindert werden sollen? Und dies dürfte auch der Grund für die fehlenden Abwehrverletzungen bei den Opfern gewesen sein – weil sie bedroht worden waren.
    Offenbar ging es dem Täter bei der Tötung der Opfer insbesondere darum, ein höchstpersönliches Verlangen zu befriedigen: das sadistisch eingefärbte und von tiefem Hass begleitete Bedürfnis, Menschenleben zu vernichten. Im Juristendeutsch spricht man in solchen extrem selten zu beobachtenden Fällen

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