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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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genug, um auch noch um den Bauch gewickelt zu werden, falls dem Ungeborenen kalt werden sollte. Aber das schwamm in ihrem Körper bei molligen 36 Grad. Ibiza-Temperatur.
    Der Pilot riss eine Autotür auf und bedeutete ihr, sie solle einsteigen. »Das ist ja ein tolles Flugzeug«, versuchte Toni, die durch ihr Austauschjahr in den USA noch ein lupenreines Ami-Englisch sprach, einen Witz, aber der Mann sprang nicht drauf an. Er verstaute ihre Tasche im Kofferraum und klemmte sich hinter das Lenkrad. Wohin ging die Fahrt nur? Kenora hatte breite Straßen, auf denen kaum Autos fuhren. Links und rechts große Einfamilienhäuser, ab und zu ein Wasserturm, eine gelb angestrichene Leitplanke. Der Ort war absolut unspektakulär. Eigentlich sah es hier aus wie in den USA. Das Auto fuhr nun einen sanften Hügel hinauf - ganz oben hatte man einen tollen Blick auf einen See. »Lake of the woods«, murmelte der Pilot. Sie fuhren zum See hinunter, und plötzlich sah Toni, wohin der Pilot mit ihr wollte: zu den Wasserflugzeugen, die ordentlich nebeneinander an einem Steg geparkt waren. »Kenora Water Aerodome« stand auf einem leicht verblichenen Schild über
dem Eingang. Toni, die vollkommen frei von Flugangst war, jubelte innerlich. Sie hatte immer schon mal in einem Wasserflugzeug fliegen wollen.
    Die Propellermaschine war ein kleiner Viersitzer und schwankte wie ein Boot, als Toni einstieg. Der Pilot macht ihr klar, sie solle sich vorne neben ihn setzen. Die Sitze waren schon ziemlich zerschlissen, man sah, das Flugzeug hatte schon viele Jahre lang Holzfäller in die Wälder hinein- und wieder heraustransportiert. Toni hatte Vertrauen zu dem Piloten, der sich jetzt - kurz vor dem Start - seine Pilotensonnenbrille aufsetzte. Er sah aus wie ein Mann, der sogar im Flug einen Propeller reparieren konnte. Der Motor sprang an, langsam fing der Propeller an sich zu drehen. Das Flugzeug fuhr sacht hinaus auf den See, nun gab der Pilot Gas, und der Propeller drehte sich so schnell, dass die Rotorenblätter nicht mehr zu sehen waren. Hatte sich Toni anfangs gefühlt wie in einem Boot, änderte sich das jetzt. Das Flugzeug, dessen Kufen am Beginn noch ins Wasser getaucht waren, glitt auf dem Wasser, als sei der See eine extrabreite Autobahn. Der Lärm nahm noch weiter zu, nun merkte Toni, wie die Kufen langsam vom Wasser abhoben. Sanft zog der Pilot seine Maschine nach oben. Kenora aus der Luft war genauso unspektakulär wie Kenora am Boden. Nur dass man jetzt dachte, man sei in Schweden oder Finnland. Nicht mehr in den USA.
    Schon nach zehn Minuten Flug waren nur noch Wälder zu sehen, kaum noch Straßen, geschweige denn Häuser. Toni wurde plastisch klar, wie dünn besiedelt Kanada war. In Deutschland sah man von oben immer in Parzellen geteilte Ackerflächen. Aber hier, hier war Platz. Das Flugzeug flog nicht besonders hoch, Toni konnte alles gut sehen. Das Wetter wurde schlechter, aber nicht bedrohlich. Ein leichter Regen, weiter nichts. Immer wieder überflogen sie einen See oder einen Fluss. Ab und zu sah man unten Art Camps, es waren keine Häuser,
eher Wellblechhütten. Toni vermutete, dass dort Holzfäller wohnten. Sie wusste, dieser Teil des Landes gehörte ausschließlich der Holzindustrie. Und Bäume, das sah man von hier oben überdeutlich, Bäume gab es mehr als genug.
    Der Lärm des Propellers war sehr laut, das war gut, keiner kam in die Versuchung, zu reden. Toni genoss den Flug, von dem sie nicht wusste, wie lange er dauern würde. Ab und zu meldete sich das Funkgerät, der Pilot gab seine Position durch. Zehn Minuten noch, das entnahm sie seinem Funkspruch, dann würden sie landen.
    Immer öfter waren nun die Wälder regelrecht gemäht - riesige Brachen, die abgesägten Baumstümpfe leuchteten hell, sie sahen von oben aus wie Stoppelfelder. Schweres Gerät arbeitete dort unten, Maschinen, die aussahen wie Kräne und Riesenbagger. Das war kein Wald im herkömmlichen Sinne, sondern ein riesiges Industriegebiet, in dem fließbandartig gerodet wurde. Langsam sank das Flugzeug, aus der Frontscheibe heraus sah Toni einen prächtigen See, an dessen Ufer nichts stand - keine Häuser, keine Hütten. Einfach nur Ufer. Der Pilot landete das Flugzeug gekonnt auf dem Wasser und stellte den Propeller ab. Langsam glitt das Flugzeug in Richtung eines Stegs.
    Was mache ich hier bloß, schoss es Toni plötzlich durch den Kopf, schwanger inmitten der Pampa? Nur wegen eines Jobs. Weil sich Aleksej irgendein verrücktes Rotholz in den Kopf

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