Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
angezeigtem Frühjahr immer noch nicht zu Ende: Alex weiß – sobald er den Schneepflug von seinem Kleinlaster – einem der in den USA so beliebten und bei uns nahezu unbekannten Pick-ups – entfernt hat, wird es ein letztes Mal schneien.
Es ist die tote Saison hier im hohen Norden der USA, an den Großen Seen unmittelbar an der kanadischen Grenze: Im Sommer machen hier Familien am Wasser Ferien, im Herbst hat man Jäger zu Gast und im Winter die Wintersportler, vereinzelt Langläufer, aber vor allem die Snowmobilfahrer, die Tag und Nacht lärmend über die Pisten jagen.
Tote Saison auch für Hamiltons Serienhelden Alex McKnight, einen vor vielen Jahren dienstunfähig geschossenen Polizisten, der hier von seiner Pension und vom Vermieten der Blockhütten lebt, die sein Vater einst Sommer für Sommer gebaut hat. Die erste und schlichteste bewohnt er selber, die anderen stehen momentan leer, und Alex verbringt die Tage mehr oder weniger komplett vor dem Kamin im Glasgow Inn bei Jackie, seinem besten Freund und vorzüglichen Koch, der immer ein kaltes Kanadisches für ihn bereithält – Alex hat eine Idiosynkrasie gegen amerikanisches Bier.
Anläßlich seines dritten Buches hat sich Steve Hamilton in einem Interview zu sich und seiner Schriftstellerkarriere geäußert, die 1998 mit dem dreifach preisgekrönten Sensationserfolg seines ersten Krimis begann. Schon beim Verlassen des College mit den dort angebotenen Schreibkursen hatte er sich geschworen, das Schreiben nicht etwa aufzugeben, sondern es neben seinem Ganztagsjob bei IBM irgendwie fortzusetzen. Lange Jahre blieb es beim Vorsatz, bis er sich schließlich einem Schreibzirkel anschloß, um erst einmal wieder die Hand zu lockern. Und dann las er vom alljährlichen Wettbewerb, den die Vereinigung der »Private Eye Writers of America«, also der Schriftsteller auf dem Gebiet des Privatdetektivs in der Hammett-Chandler-Tradition, zusammen mit dem renommierten Krimi-Verlag St. Martin’s Press um den besten Erstling auf diesem Gebiet durchführt. Ein den amerikanischen Gepflogenheiten entsprechender kurzer Jahresurlaub sollte der Verwirklichung gewidmet sein: der harte Bursche, der im schäbigen Büro auf die Klientin (Blondine) wartet bzw. auf den Klienten, für den er die Blondine suchen soll, wartete auf seinen x-ten Wiederauftritt.
Oder doch nicht? Am Ende des Urlaubs war das Blatt immer noch leer, bis auf die Wörter: Kapitel eins. Als er am Abend nach dem ersten Arbeitstag den Computer rein gewohnheitsmäßig wieder anstellte, begann ein – sein? – Charakter plötzlich zu reden, und zwar genauso frustriert und übellaunig wie er selber. Wie das – was machte den Mann so schlecht gelaunt – war er zornig? Oder einsam? Hatte er Angst? Schreibend kam Steve Hamilton, wenn wir ihm Glauben schenken wollen, der Sache auf den Grund – sein Detektiv wollte keiner sein, hat sich aber überreden lassen und ist es nun widerwillig. Mit anderen Worten – auf dem reich bestellten Feld der Variationsgattung Detektivroman, Unterabteilung amerikanischer Privatdetektiv, war es Hamilton gelungen, unter den Hunderten von Private Eyes, von denen Amerika von Boston bis San Diego überlaufen ist, seine höchstpersönliche Variante zu finden – den Privatdetektiv wider Willen. Und es war genau diese Variante, die nicht nur den Preis der Vereinigung und des Verlags gewann, sondern auch gleich zwei Preise, Edgar Award und Shamus Award, für die beste Erstveröffentlichung des Genres.
Seitdem hat er insgesamt drei Romane vorgelegt, der vierte erscheint in diesen Tagen in den USA. Entstanden sind sie neben der Vollzeitarbeit für IBM in den Nachtstunden, wenn die Ehefrau, die kleine Tochter und zuletzt der sechsjährige Sohn im Bett sind. Sein Arbeitgeber kommt ihm mit – spät beginnender – Gleitzeit entgegen.
Eine fundamentale Schwierigkeit birgt der neue Heldentyp in sich, und sein Autor ist sich dieses Problems voll bewußt: Sein Detektiv geht nicht aus, »um den Ärger zu suchen«, wie das englische Idiom wörtlich übersetzt lauten würde; er sucht keine Abenteuer, nicht einmal Aufträge. So muß der »Ärger« nach ihm suchen – und daß er ihn überhaupt finden kann, dafür sorgt sein Partner Leon Prudell. Nachdem er im Debutroman Alex noch bitter gram ist, weil er ihn um seinen Job gebracht haben soll, rettet er ihm im zweiten Roman nicht nur das Leben, sondern hilft ihm generell so aufopfernd, daß Alex widerstrebend in die Partnerschaft einwilligt.
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