Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
gesehen.«
»Ja, ich habe sie gesehen.«
»Was hat sie sonst noch gesagt?«
»Sie hat ’ne ganze Menge gesagt. Natürlich war alles ausnahmslos gelogen.«
»Ich könnte was zu trinken gebrauchen.«
»Sie ist eine ausgezeichnete Lügnerin, nicht wahr? Ganz ähnlich wie du.«
»Der Arzt hat gesagt, ich soll nicht zuviel reden.«
»Kann sein, daß du einen bleibenden Schaden an den Stimmbändern hast. Da wirst du unter Umständen in Zukunft deine Technik etwas verändern müssen.«
»Alex …«
»Ich kenne die ganze Geschichte. Dein Strafregister in Kalifornien, der Haftbefehl, der da auf dich wartet, wenn du zurückkommst. Dieser Deputy sitzt nicht umsonst die ganze Zeit vor deiner Tür.«
»Du hättest nach Hause fahren sollen.«
»Ich habe deine Familie angerufen. Ich war der Meinung, daß sie das wissen müßten.«
»Laß mich mal raten«, sagte er. »Sie waren nicht gerade übertrieben besorgt um mich.«
»Dein jüngster Sohn war schon nahe dran«, sagte ich. »Ihm schienst du etwas leid zu tun.«
Randy schloß wieder die Augen.
»Tu dir keinen Zwang an und erzähl mir ruhig, warum du das alles gemacht hast«, sagte ich. »Jederzeit. Ich bin ganz Ohr.«
»Dich habe ich nicht angelogen.«
»Wie bitte?«
»Du hast mich schon richtig verstanden. Ich habe dich nicht belogen.«
»Adieu«, sagte ich und wandte mich zur Tür. »Ich bin dann weg.«
»Alex, warte.«
Ich blieb stehen.
»Ich habe nicht gelogen«, sagte er. »Nicht eigentlich. Ich habe dir nur nicht alles erzählt.«
Ich rieb mir die Stirn. »Großer Gott, geht das schon wieder los? Du solltest Politiker werden, weißt du das?«
»Laß es dir erklären.«
Ich kam zurück. Ich stand über ihm, die Arme über der Brust verschränkt. »Gib dir alle Mühe. Bei der ersten Lüge bin ich zur Tür raus. Und ich werde sie erkennen, glaub mir das.«
Er holte tief Luft und legte den Kopf auf das Kissen. Einen Moment lang war nur der Herzmonitor zu hören, an den er noch angeschlossen war. Dann begann er.
»Alles, was man dir über mich erzählt hat, ist wahr. Alles und noch einiges mehr. Dafür gibt es keine Entschuldigung, Alex. Ich will gar nicht erst versuchen, mich zu verteidigen. Ich kann nur sagen, es hat mal eine Zeit gegeben, verdammt lange her, da war alles anders. Du hast mich damals gekannt. Du hast gewußt, wie gern ich Baseball gespielt habe. Im Grunde war das das einzige, was ich je tun wollte. Als ich meine große Chance bekam und total versagt habe, wußte ich, daß alles für immer gelaufen war. In einem Spiel, in einem Inning , war alles gelaufen. Das habe ich sofort gewußt. Ich habe gewußt, daß ich nie wieder eine Chance kriegen würde. Auch wenn ich schließlich noch sechs Jahre in den unteren Ligen herumgestoßen wurde, wußte ich tief drinnen, daß es hoffnungslos war. Ich würde nie mehr eine Chance kriegen.«
Er hielt inne, um Luft zu holen.
»Als ich nach Detroit geholt wurde, war das der beste Monat in meinem Leben. Und als ich Maria getroffen habe, wurde es sogar noch besser. Ich malte mir aus, das sei das Mädchen, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen würde. Zwanzig Jahre lang würde ich als Pitcher in den Großen Ligen spielen, und eines Tages würde ich für die Ruhmeshalle des Baseball nominiert, und sie wäre in Cooperstown dabei und säße neben mir in der ersten Reihe. Mit unseren drei Kindern. Ich konnte förmlich sehen, wie sich mein ganzes Leben vor mir auftat. Ich sah das wirklich. Als ich dann aus dem Spiel förmlich rauskatapultiert wurde, bin ich ins Clubhaus gegangen und habe einfach nur dagesessen, Alex. Ich habe nicht geweint. Ich habe mir auch keinen Schläger genommen und einen Fernseher zerschlagen oder sonstwas. Ich habe nur dagesessen und gedacht: So ist das Leben wirklich. Träume werden nicht wahr. Die Dinge geschehen nicht, bloß weil man es so will. Nichts ist fair. Nichts ist wirklich gut . Kannst du mir folgen, Alex?«
»Mach weiter.«
»Was ich bloß sagen will, ist, daß ich in diesem exakten Augenblick die Dinge so gesehen habe, wie sie wirklich waren. Das Mädchen, mit dem ich so viel Zeit verbrachte, diese wunderbare schöne Maria – sie liebte mich nicht wirklich. Sie benutzte mich nur. Es war ein einziger Riesenschwindel.«
»Daß du sieben Runs verschuldet hast, hat dich zu der Einsicht gebracht?«
»Es war die Nacht vor dem Spiel«, sagte er. »Sie hat mir von diesen Schulden erzählt, die ihr Vater hatte, urlange schon, noch aus der alten Heimat her. Er
Weitere Kostenlose Bücher