Der Linkshänder – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
konnte sie nicht zurückzahlen. Wie sehr sie ihn auch bekniete, der Mann war so altmodisch, daß er seine ganze Familie nach Europa zurückschaffen wollte, nur damit sie als Diener bei ’nem Typen im Haus die Schulden bei dem abarbeiten könnten. Ich habe ihr gesagt, ich würde ihr helfen, die Sache in Ordnung zu bringen. Sie war so glücklich. Dann habe ich nicht weiter daran gedacht, weil ich viel zu beschäftigt mit dem Spiel war. Und als ich da so im Umkleideraum saß und zusah, wie mein ganzes Leben den Bach runterging, habe ich auch darüber wieder nachgedacht, über die ganze Geschichte. Schulden aus der alten Heimat. Sie brauchten dringend Geld. Mein Gott, Alex. Kannst du dir das vorstellen? Ich wäre fast drauf reingefallen. Der ganze Quatsch. Die ganze Zeit, die wir miteinander verbracht hatten. Alles paßte jetzt zusammen. An diesem Tag, nach dem, was mir da passiert war, habe ich endlich alles durchschaut.«
»Okay, du hast also rausgefunden, daß sie eine Schwindlerin war«, sagte ich. »Und du hast Schluß gemacht. Warum dann jetzt noch zurückkommen? Reichlich spät, um Rache zu nehmen.«
»Rache genommen hatte ich schon lange. So sieht es jetzt jedenfalls aus. Da war dieser Mann namens Harwood in Detroit. Der wollte irgendein Geschäft mit meinem Vater abschließen. Von unserer ersten Begegnung an habe ich ihn gehaßt. Bist du auch mal so jemandem begegnet?«
»Ja. Erst letzte Nacht.«
»Er war so was von hohl. Alles, was er tat, alles, was er sagte, alles war Schmierentheater. Er war der arroganteste, aufgeblasenste Idiot, dem ich in meinem ganzen Leben begegnet bin. Und da stand er nun und war scheißfreundlich zu mir, bloß weil er von meinem Vater was wollte. Ich kriegte eine Gänsehaut. Er ist zu dem Spiel gekommen. Hast du das gewußt? Er war da. Ich habe ihn ein paar Tage später im Lindell getroffen. Ich wollte mich betrinken. Wieder einmal. Und Maria war ein paar Blocks weiter, mit ihrer Schwindlersippe, und vielleicht waren sie gerade in diesem Moment dabei, sich einen neuen gutgläubigen Idioten wie mich zu angeln. Und da kommt Harwood hereinspaziert, exakt der Typ, der mir gerade noch gefehlt hat. Und sofort erzählt er mir, wie leid es ihm tut, daß ich aus dem Spiel geflogen bin, wie peinlich das für mich gewesen sein muß und diesen ganzen Scheiß. Ich spürte förmlich, wie er sich daran weidete. Wenn er nicht immer noch was von meinem Vater gewollt hätte, wäre er glatt dagestanden und hätte mich ausgelacht. Und da habe ich ihm dann gesagt, er müsse unbedingt Madame Valeska ein Stück die Straße runter aufsuchen und sich die Zukunft deuten lassen. Es würde eine einschneidende Erfahrung für ihn sein, und er würde wirklich etwas davon haben. Ich habe so gehofft, daß er hingeht. Das habe ich wirklich gehofft. Ich wußte, daß die ihn in die Mangel nehmen würden. Er war so ein Schubiack. In Gelddingen war er gewieft, aber ich wußte, daß er bei Maria den Verstand verlieren würde. Und Maria würde Zeit mit ihm verbringen müssen. Sogar … ihm nahe kommen. Letzten Endes würden beide bekommen, was sie verdienten.«
Er brach ab. Er starrte aus dem Fenster, in nichts als Dunkelheit.
»Und deshalb bist du zurückgekommen? Um dir anzusehen, was sie in all den Jahren miteinander angestellt haben?«
»Nein«, sagte er. »Kapierst du nicht? Ich hatte doch keinen Schimmer. Ich wußte doch nicht mal, ob Harwood sie jemals aufgesucht hatte. Da war ich doch schon lange weg. Ich hatte sie völlig aus den Augen verloren.«
»Du hattest keinen Schimmer?«
»Als wir schließlich doch noch das Haus ihrer Familie gefunden haben, haben sie uns doch von Harwood erzählt und daß sie uns für seine Leute gehalten haben? Das war das erste Mal in knapp dreißig Jahren, daß ich seinen Namen gehört habe. Es war das erste Mal, daß ich überhaupt wieder an ihn gedacht habe. Das war ein kurzes alkoholisiertes Impromptu, als ich ihn zuletzt in Detroit gesehen habe. Ein kleines Abschiedsgeschenk an die beiden. Ich hätte mir doch nicht träumen lassen, daß da so was draus würde. Das war alles meine Schuld, Alex. Ich habe das arrangiert. An diesem Punkt wollte ich dich nicht weiter in die Sache reinziehen, deshalb habe ich dich nach Hause geschickt. Ich wollte sehen, ob ich … ich weiß es nicht. Vermutlich habe ich gedacht, ich könnte die Dinge irgendwie wieder einrenken. Ich wollte versuchen, ihr zu helfen.«
»Warum wolltest du dir das antun? Nach dem, was sie mit dir angestellt
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