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Der Lockvogel

Der Lockvogel

Titel: Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Morgan Jones
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Black zu ihnen.
    »Ich gehe vor.«
    Lock folgte Black durch die Drehtür, Webster ging direkt hinter ihm.
    Als er hinaus in die Luft kam, blinzelte er. Der Himmel war noch immer von schweren Wolken bedeckt, aber der Schnee war hell. Er konnte Malin und Iwan sehen, die den Pfad zur Potsdamer Straße entlanggingen. Malin ging langsam, mit schweren, rollenden Schritten. Fünf Meter vor sich sah er Black, der wachsam von einer Seite zur anderen blickte. Lock wartete einen Moment, drehte sich um und sah Webster aus der Tür kommen. Von weither hörte er einen dumpfen Knall, wie ein Stein, der auf trockenes Holz fällt. Seine Schulter wurde zurückgerissen, seine Arme ruderten in der Luft. Er fiel nach hinten, und sein Kopf schlug auf dem eisigen Boden auf. Websters Stimme drang zu ihm.
    »Richard. Scheiße. Richard! George!«
    Er sah nach oben. Mattgrauer Himmel. Websters Haare. Es war heiß in seiner Brust, und kalt.
    »Richard. Sie sind okay. Richard. Können Sie mich hören?«
    Er spürte, wie seine Lippen sich bewegten, als er zu sprechen versuchte. Sie waren trocken, sein Mund war trocken. »Ich will, dass Vika es weiß.« Jedes Wort einzeln, für sich allein.
    Websters Stimme. »Was weiß, Richard? Dass sie was weiß?«
    »Dass ich es war.« Er schloss die Augen.

Epilog
    Es dauerte acht Tage, bis Webster wieder nach London kam. Er hatte Locks Leichnam begleiten wollen, aber die Polizei hatte ihn noch nicht freigegeben, also kehrte er allein zurück.
    Das Flugzeug, mit dem er in Heathrow landete, war mit Touristen und Familien nur zur Hälfte gefüllt. Während sie zu ihrem Standplatz rollten, wünschte die Stewardess allen Reisenden einen angenehmen Aufenthalt und viel Erfolg bei den Weihnachtseinkäufen in London.
    Im Taxi lehnte er sich zurück und sah an sich hinab. Er hatte zwei Wochen lang denselben Anzug getragen; seine Hosen waren im Schritt wie eine Ziehharmonika gefaltet, und die Schuhe waren fleckig vom Berliner Schnee. Seine Fingernägel waren abgekaut und schartig, seine Lippen von der Kälte aufgesprungen und die Haut auf seinem Handrücken so rissig, dass sie angefangen hatte, sich abzuschälen. Seine Füße waren nach dem Flug geschwollen, und sein Nacken schmerzte. Er wollte nach Hause gehen und seine Kinder sehen.
    Immerhin war es hier wärmer. Es gab keinen Schneematsch auf den Straßen, und die Bürgersteige waren trocken. Die Schaufenster waren mit Lametta dekoriert und farbige Lichterketten über die Straßen gespannt. In Shepherd’s Bush sah er einen Mann im Abendanzug zusammengesunken
an einer Bushaltestelle sitzen und schlafen; die Fliege hing schlaff an seinem Hals, und immer, wenn sein Kopf auf die Brust sank, schreckte er wieder hoch. Es war elf Uhr, und in ungefähr einer Stunde würden sich bunt gemischte Gruppen von Männern und Frauen auf den Weg zu ihren Betriebsweihnachtsfeiern machen. Normalerweise mochte er diese Zeit des Jahres, wenn London sich entspannte und nach und nach ein leicht angetrunkener Stillstand eintrat.
    Vor Marinas Haus stand er lang auf der Straße und schaute zu ihrer Wohnung hinauf. Er hatte in einem Laden um die Ecke Blumen gekauft; die Verkäuferin hatte ihm zu Lilien geraten. Hinter dem Haus verlief die hohe Backsteinmauer, über die Lock vor gerade einmal knapp zwei Wochen in den Park entkommen war. Webster stellte sich den Menschenauflauf in dieser ruhigen Straße in jener Nacht vor: Locks Bodyguards, Blacks Männer, das dritte Auto, alle waren sie vorgefahren, um einen armen Juristen unter Kontrolle zu halten. Das dritte Auto hätte ihn warnen sollen. Er schüttelte den Kopf, voller Abscheu über sich selbst.
    Hätte Lock gewusst, vor wie viel er in dieser Nacht tatsächlich floh, wäre er vielleicht gar nicht erst in London geblieben. Wenn Webster ihm die Menschentraube gezeigt hätte, die an seinen Fersen klebte, um jede seiner Bewegungen zu verfolgen, hätte er vielleicht tatsächlich die Flucht in die Schweiz gewagt, seinen Namen geändert, es auf irgendeinen unauffindbaren Flecken im Pazifik geschafft. Wäre entkommen.
    Aber auch dort hätten sie ihn gefunden. Irgendwann. Lock war zu schwach, um sein Exil dauerhaft allein zu ertragen. So wie ich es wäre, dachte Webster. So wie jeder anständige Mann es wäre. Jeder geistig gesunde Mann. Sie
hätten ihn über Marina gefunden, und das Ende wäre das Gleiche gewesen.
    Er seufzte und versuchte, sich die Haare glattzustreichen. Wenn er selbst denn geistig gesund war. Wenn er anständig war. Er rückte

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