Der Löwe
er. Gehen wir.«
»Der Satan ist in seine Seele gefahren«, stellte ich fest.
»Richtig. Das sehe ich.«
»Ich muss ihm helfen.«
»John – «
»Holen wir uns ein paar Jetons und klemmen uns an die Automaten.«
»John – «
»Kommen Sie.« Ich nahm sie am Arm und ging zur Kasse, wo ich mir mit meiner regierungseigenen Kreditkarte – die Buchhaltung wird darüber tüchtig lachen – hundert Ein-Dollar-Jetons besorgte, dann gingen wir zu den Dollarautomaten, von denen aus wir den Rücken des Großen Vogels sehen konnten.
Lisa und ich setzten uns nebeneinander an zwei Pokerautomaten, worauf ich sie fragte: »Haben Sie schon mal an Automaten gespielt?«
»Nein.«
»Pokern Sie?«
»Ja.«
Also teilte ich die Silbermünzen auf und erklärte Lisa kurz den Apparat, dann spielten wir Automatenpoker. Es sollte ein Automatenspiel namens Gimpel geben. Man hat eine Reihe mit fünf Gimpeln, und der Automat tritt einen in die Eier und schluckt sämtliche Münzen aus der Schale.
Jeder von uns bekam von einer vorbeigehenden Kellnerin einen Drink, und ich sog den abgestandenen Rauch einer katatonischen fetten Frau ein, die neben mir saß. Es ging auf und ab, und Lisa kam allmählich auf den Geschmack und hoffte, mit dem Milliarden-Dollar-Jackpot frühzeitig in den Ruhestand gehen zu können. Unterdessen versank der Große Vogel mit jeder Umdrehung des Rads tiefer im Höllenfeuer. Ich musste ihn retten.
Nach etwa einer halben Stunde ließ sich der Große Vogel auszahlen und stand auf. Er zog zu den Blackjack-Tischen, zögerte dann und beschloss, irgendwo anders hinzugehen.
Lisa bekam vier Könige, worauf der Automat bimmelte und einen Schwall Münzen in ihre Schale ausspie.
»Der Große Vogel ist unterwegs«, sagte ich zu ihr. »Bleiben Sie hier und spielen Sie an meinem Automaten. Melden Sie sich beim Spezialeinsatzteam und sagen Sie ihnen, dass ich ihn habe.«
Sie blickte sich um, nahm ihre Umgebung wahr und sagte dann: »Okay …«
Ich lief quer durchs Casino und hoffte, dass der Große Vogel zu den Aufzügen, auf die Männertoilette oder zur Strandpromenade ging – irgendwohin, wo wir allein miteinander plaudern konnten.
Er lief, als müsste er mal pissen, und selbstverständlich steuerte er die Toiletten an. Ich folgte ihm in einen Korridor und sah ihn zur Tür des Männerklos gehen. Ich folgte ihm.
Diese Typen pissen nicht ins Urinal – sie wollen ihre Intimsphäre haben, wenn sie ihren Pimmel rausziehen –, und der Große Vogel war in einer der Kabinen. Zwei Typen standen an den Urinalen und einer am Waschbecken. Leise und diplomatisch zeigte ich meinen Ausweis vor und forderte sie auf, rasch rauszugehen. Einen von ihnen bat ich, draußen stehenzubleiben und die Leute fernzuhalten. Sie zogen alle ab, und ich stellte mich ans Waschbecken und schaute in den Spiegel. Die Kabinentür ging auf – ohne dass gespült wurde. Der Große Vogel ging nicht einmal zu den Waschbecken.
Ich drehte mich um, worauf er mir einen Blick zuwarf, und ich stellte fest, dass er mich nicht erkannte. Aber dann legte er los. Er stürmte auf mich zu und schaffte es irgendwie, mit seinen Eiern meine Faust zu rammen. Nun ja, das überraschte mich, und ich trat kurz zurück, als er den nächsten aggressiven Schritt unternahm, auf die Knie sank und mich drohend anstöhnte. Seine Augen verdrehten sich wie die Räder eines Spielautomaten, dann kippte er vornüber, lag schweratmend am
Boden und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor. Ich wollte keinen internationalen Zwischenfall verursachen, deshalb entschuldigte ich mich kurzerhand mit einem »Leck mich« und ging.
Draußen auf dem Korridor schickte ich meinen Helfer weg und ging wieder ins Casino, wo ich auf Lisa stieß, die einen Plastikbehälter voller Jetons in den Händen hatte.
»Wo waren Sie?«, fragte sie mich.
»Auf der Herrentoilette.«
»Wo ist der Große – «
»Wird Zeit, dass wir gehen.«
Wir steuerten die Lobby an, und sie fragte mich: »Was mache ich mit den Jetons?«
»Geben Sie sie der Buchhaltung.«
Wir gingen hinaus und liefen zu unserem SUV.
»Was ist passiert?«, fragte Lisa. »Wo ist der Große Vogel?«
Je weniger sie wusste, desto besser war es für sie, deshalb sagte ich: »In der Herrentoilette.«
»Wer überwacht ihn?«, fragte sie. »Läuft er herum?«
»Äh … wohl eher nicht.«
»John – «
Wir kamen zum SUV, und ich sagte ihr, dass ich fahren wollte. Sie gab mir die Schlüssel, dann stiegen wir ein und fuhren
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