Der Löwe
ging hinaus auf meinen Balkon im 34. Stock und schaute über ganz Manhattan hinweg nach Süden. Was für eine Aussicht. Verschwunden waren allerdings die Zwillingstürme, und ich hielt an der Stelle, wo sie einst waren, zwei Finger zu einem V hoch. Sieg und Frieden.
Nicht mehr in meinem Leben, aber eines Tages vielleicht.
Unterdessen war, wie Lisa Sims festgestellt hatte, Rache angesagt.
ZWEITER TEIL
Kalifornien
3
A sad Khalil, ein libyscher Terrorist, der mit einem gefälschten ägyptischen Pass reiste, lief schnellen Schrittes die Gangway hinab, die seinen Air-France-Jet mit Terminal Zwei des Los Angeles International Airport verband.
Der Flug von Kairo nach Paris war ebenso ereignislos verlaufen wie der Flug von Paris nach Los Angeles. Noch müheloser war die Abfertigung in Kairo gewesen, wo er dank gut platzierter Freunde zügig durch die ägyptische Passkontrolle gekommen war. In Paris hatte er einen zweistündigen Aufenthalt in der Transitlounge und musste kein zweites Mal durch die Sicherheitsschleuse, was problematisch hätte werden können. Und jetzt war er in Amerika. Jedenfalls beinahe.
Khalil ging mit den anderen Passagieren der Air France zur Passkontrolle. Die meisten Menschen an Bord der Maschine waren Franzosen, auch wenn viele Muslime mit französischer Staatsbürgerschaft darunter waren. Etwa ein Viertel der Passagiere waren Ägypter, die in Kairo zugestiegen waren und wie er in der Transitlounge am Flughafen Charles de Gaulle gewartet hatten, ehe sie sich an Bord der Boeing 777 begaben, die nonstop nach Los Angeles flog. Zumindest fiel er unter seinen Mitreisenden nicht auf, dachte Khalil, und seine Freunde bei al-Qaida hatten ihm versichert, dass er auf dieser Route problemlos so weit kommen werde. Jetzt musste er nur noch mit seinen gefälschten ägyptischen Dokumenten durch die amerikanische Passkontrolle. Der Zoll würde nicht weiter schwierig werden; er hatte weder etwas zu verzollen noch etwas Verdächtiges bei
sich, außer seinem Hass auf Amerika, und den konnte er mühelos verbergen.
Zehn Passkontrollstellen waren in Betrieb, und er stellte sich mit den anderen Passagieren in der Schlange an. Er warf einen Blick auf seine Uhr, die er auf die Ortszeit eingestellt hatte: 17.40 Uhr; um diese Zeit war viel los, was Teil des Plans war.
Asad Khalil trug einen maßgeschneiderten blauen Sportblazer, eine braune Hose, teure Halbschuhe und ein Oxford-Hemd mit Button-Down-Kragen – eine Garderobe, die ihn, wie er wusste, wie einen Mann der gehobenen Mittelschicht aussehen ließ, der die richtigen Schulen besucht hatte und für niemanden eine Gefahr darstellte, außer vielleicht für seine Trinkkumpane oder seinen Finanzberater. Er war ein verwestlichter ägyptischer Tourist namens Mustafa Hasheem, der eine bestätigte Reservierung im Beverly Hills Hotel bei sich hatte und in seiner Reisetasche einen Fodor’s -Stadtführer für Los Angeles in englischer Sprache, die er fast fließend beherrschte.
Er ließ den Blick zu den Passkontrolleuren schweifen und hoffte, dass kein arabischstämmiger Amerikaner darunter war. Diese Männer oder Frauen konnten problematisch werden. Vor allem, wenn sie ihn in ein scheinbar freundliches Gespräch verwickelten. »Und in welchem Viertel von Kairo wohnen Sie, Mr Hasheem?« Und wenn das freundliche Gespräch auf Arabisch geführt wurde, könnte es Probleme wegen seines libyschen Akzents geben.
Asad Khalil ging wie die meisten Passagiere raschen Schrittes zum nächsten freien Schalter. Der Passkontrolleur war ein Mann mittleren Alters, der müde und gelangweilt wirkte, aber im Nu wachsam werden könnte. Der Mann nahm Khalils Pass, Visum und Zollerklärungsformular entgegen und musterte sie, dann blätterte er im Pass herum, schlug zur Seite mit dem Foto zurück und betrachtete abwechselnd das Bild und den vor ihm
stehenden Mann. Khalil lächelte wie die meisten Menschen in diesem kritischen Moment.
Der Mann, der nach Khalils Meinung ein Latino sein könnte, sagte zu ihm: »Was ist der Zweck Ihres Aufenthalts?«
Töten , dachte Khalil, aber er erwiderte: »Land und Leute kennenlernen.«
Der Mann warf einen Blick auf Khalils Zollformular und sagte: »Sie wohnen im Beverly Hilton?«
»Im Beverly Hills Hotel.«
»Sie bleiben zwei Wochen hier?«
»Das ist richtig.«
»Was ist Ihr nächstes Reiseziel?«
Nach Hause oder ins Paradies. »Nach Hause«, erwiderte Khalil.
»Haben Sie ein gültiges Rückflugticket?«
Das hatte er, auch wenn er diesen Flug nicht
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