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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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in Anspruch nehmen würde, aber er erwiderte: »Ja.«
    »Haben Sie eine Reservierung für das Beverly Hills Hotel?«
    Hatte er, aber er wusste, dass er sie nicht vorzeigen musste, es sei denn, er wurde darum gebeten. »Ja«, erwiderte er.
    Der Mann schaute in Khalils tiefliegende dunkle Augen, und Khalil erkannte, dass dieser Passkontrolleur, der im Laufe der Jahre viel gehört und gesehen hatte, leichte Zweifel hatte, die sich in den nächsten paar Sekunden ihres Blickkontakts zu größeren Zweifeln auswachsen konnten. Khalil blieb gleichgültig und ließ sich keinerlei Besorgnis oder Ungeduld anmerken.
    Der Mann wandte sich seinem Computer zu und fing an zu tippen, während er auf Khalils Pass blickte.
    Khalil wartete. Der Pass, das wusste er, wirkte echt, war einigermaßen abgenutzt und enthielt ein paar Ein- und Ausreisestempel, alle aus europäischen Ländern, mit den entsprechenden Einreisevermerken in Kairo. Aber die Personalien im Pass stimmten nicht. Seine Freunde von al-Qaida, die sich gut mit
den Sicherheitsvorkehrungen an amerikanischen Flughäfen auskannten, wussten leider nicht viel darüber, was man über die Computerdatenbank feststellen oder in Erfahrung bringen – beziehungsweise vermuten konnte. Wie immer kam es auf den Mann an.
    Der Passkontrolleur wandte sich vom Computerbildschirm ab, blickte wieder zu dem ägyptischen Touristen und zögerte dann ein zweites Mal, bevor er den Pass aufschlug und abstempelte. »Willkommen in den Vereinigten Staaten, Mr Hasheem«, sagte er. »Einen angenehmen Aufenthalt.«
    »Danke.«
    Der Mann zeichnete das Zollformular ab, und Khalil nahm seine Dokumente und begab sich zu den Gepäckkarussells. Er war jetzt einen Schritt näher an der Sicherheitsschleuse, die er hinter dem Zollbereich sehen konnte.
    Er stand am Gepäckkarussell, wartete darauf, dass es sich in Bewegung setzte, und war sich bewusst, dass er und die anderen Air-France-Passagiere auf Videomonitoren beobachtet wurden. Hier verrieten sich die Menschen manchmal, weil sie nicht wussten oder vergaßen, dass sie beobachtet wurden. Khalil nahm die Haltung und den ausdruckslosen Blick der anderen müden Fluggäste an, die auf die Öffnung des Karussells starrten.
    In Wahrheit hatte sein Herz an der Passkontrolle etwas schneller geschlagen, was ihn überraschte und ärgerte. Er hatte sich schon vor langem beigebracht, unter allen Umständen ruhig zu bleiben, und sein Körper gehorchte ihm; seine Haut blieb trocken, sein Mund feucht, und sein Gesicht und die Muskeln spannten sich nicht an und verrieten keinerlei Angst. Aber er hatte noch nicht gelernt, sein Herz zu kontrollieren, das, wenn man es sehen oder hören könnte, alles preisgeben würde, was sein Bewusstsein überwinden wollte. Das ist interessant, dachte er, und vielleicht gar nicht schlecht; wenn er kämpfen und töten
musste, war es gut, dass sein Herz bereit war, wie ein gespannter Revolver.
    Ein schrilles Summen ertönte, ein rotes Licht blinkte auf, und das Karussell setzte sich in Bewegung. Innerhalb von fünf Minuten hatte er seinen mittelgroßen Koffer und rollte ihn zum Zollschalter.
    Er konnte sich seinen Schalter und seinen Inspektor aussuchen, was er für eine schlechte Sicherheitsvorkehrung hielt. Er entschied sich für einen Schalter mit einem jungen Mann – er wählte nie eine Frau, schon gar keine attraktive – und reichte ihm sein Zollformular. Der Mann schaute ihn an und fragte: »Irgendetwas zu verzollen?«
    »Nein.«
    Der Mann warf einen Blick auf den schwarzen Koffer, der hinter Khalil stand, und sagte: »Wenn ich da reinschauen würde, würde ich dann etwas finden, das Sie nicht dabeihaben sollten?«
    »Nein«, antwortete Khalil wahrheitsgemäß.
    »Kein Haschisch?«, fragte der junge Mann scherzhaft.
    »Nein«, erwiderte Khalil und lächelte ebenfalls.
    »Danke.«
    Khalil ging weiter. Die Sicherheitsschleuse war zehn Meter entfernt, und hier, das wusste er, würde er festgehalten werden, wenn man ihn festhalten wollte. Er hatte natürlich keine Waffe, war aber davon überzeugt, dass es nicht viele Männer gab, die er nicht ausschalten oder entwaffnen konnte, und er war nahe genug an der Tür, um in das überfüllte Terminal entkommen zu können. Möglicherweise gelang ihm die Flucht nicht, aber wenn er eine von ihren Waffen hatte, konnte er eine Reihe von ihnen töten und ein paar Passagiere dazu, wenn er schon einmal dabei war. Der Tod schreckte ihn nicht, nur die Gefangennahme. Ein gescheiterter Einsatz bereitete ihm

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