Der Lüge schöner Schein
versuchen kann ich es ja. Er holte sein Notizbuch heraus.
»Ich wüsste gerne, ob Sie sich daran erinnern, Sir, wo Sie an diesem Wochenende waren«, sagte er und las das Datum des Treffens zwischen Archie Selkirk und Sturgeon vor.
Cowley pfiff.
»Weiß der Himmel. Das ist ja schon eine Weile her.«
»Das ist mir klar, Sir. Versuchen Sie’s. Mit einem Kalender vielleicht?«, half Pascoe nach.
»Habe ich nicht. Nur den im Büro und da stehen die Wochenenden nicht drin«, erklärte Cowley, während er seinen ledergebundenen Schreibtischkalender durchblätterte. »Moment mal. Doch. Sie haben Glück.«
»Ah ja?«
»Also, den größten Teil des Wochenendes habe ich hier verbracht, Buchhaltung gemacht, unsere Adressenliste und Einzelheiten über unsere Objekte durchgesehen, solche Dinge eben. Das machen wir abwechselnd zweimal im Jahr. Diesmal war ich dran. Der arme Matthew war in Schottland, das weiß ich noch.«
Er drehte den Kalender so, dass sie die Eintragung sehen konnten.
»Sie waren also allein, Mr. Cowley?«
»Ja.«
»Sie leben auch allein, nicht wahr?«
»Sie scheinen ja eine Menge über mich zu wissen«, gab Cowley angriffslustig zurück.
»Wir schauen uns jeden genau an, der mit einem Mordopfer in Verbindung stand«, sagte Dalziel beschwichtigend. »Sergeant, worauf wollen Sie hinaus? Wir dürfen Mr. Cowley nicht länger aufhalten, wenn er noch Kunden erwartet.«
Was für eine Unverfrorenheit, dachte Pascoe.
»Eigentlich auf gar nichts, Sir. Es hat mich nur interessiert, wo Mr. Cowley an diesem Wochenende war. Ich bin sicher, dass ihn jemand gesehen hat …«
»Gesehen? Natürlich hat mich jemand gesehen!« Cowley betrachtete Pascoe, als wäre er ein seltenes und eher unappetitliches Tier. »Erstens mache ich die Arbeit nicht allein, wissen Sie. Miss Clayton und Miss Collinwood waren auch hier und haben gearbeitet. Fragen Sie sie! Superintendent, ich verstehe Ihren Untergebenen nicht. Wenn er etwas über dieses Wochenende oder den Montagnachmittag wissen will, dann ja. Aber etwas, das so lange zurückliegt …«
»Keine Sorge, Sir. Wir überprüfen auch das«, sagte Dalziel und erhob sich. »Was ist mit Ihrem Kunden? Sergeant, sehen Sie doch mal nach.«
Gehorsam spähte Pascoe in das Vorderzimmer.
»Nichts, Sir. Keiner da.«
»Du meine Güte. Ich hoffe, wir haben ihn nicht vergrault. Also, dann vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Mr. Cowley. Ich bedaure, dass wir Sie belästigen mussten. Sollte sich Mr. Atkinson wieder melden, sagen Sie uns bitte Bescheid. Guten Abend.«
Auf der Straße besah sich Dalziel prüfend den Stand der Sonne.
»Sie dürfen mir was zum Trinken spendieren«, sagte er schließlich.
»Im Black Eagle, Sir?«
»Nein. Irgendwo, wo keine Telefone klingeln. Gleich hier ums Eck.«
Zu dieser Tageszeit waren sie die einzigen Gäste in dem hässlichen kleinen Pub, das Dalziel entdeckt hatte.
Statt des üblichen Scotch bestellte er Gin und ein zuckerfreies Tonic.
Pascoe zeigte sich erstaunt.
»Ich bremse ein bisschen«, sagte Dalziel, goss zwei Tropfen Tonic in seinen Gin und schüttelte sich, als er die Mixtur trank.
»Aha«, sagte Pascoe.
»Ihre glorreiche Idee, Cowley und Selkirk könnten ein und dieselbe Person sein, ist ja wohl wie Schildkrötenscheiße untergegangen?«, meinte Dalziel hämisch.
»War nur so ein Gedanke«, sagte Pascoe. »Ich werde trotzdem bei den Damen nachfragen. Wenn’s das nicht war, was könnte er dann für eine Rolle gespielt haben? Vielleicht hat er ja sogar eine reine Weste?«
»Wer weiß? Ich bezweifle es zwar, aber vielleicht bin ich voreingenommen. Er ist nicht mein Fall.«
Das klang, als würde der Papst zugeben, er wisse nicht genau, was er von den Mormonen halten solle.
»Wie geht’s weiter, Sir?«
»Wir versuchen’s mit dem Shelley Hotel, aber ich glaube nicht, dass das viel bringen wird. Sprechen Sie mit Mrs. Lewis, mal sehen, was sie uns über Atkinson erzählen kann. Und danach … Weiß der Himmel.«
Er zuckte ergeben die Achseln und trank aus. Er sah müde aus.
»Wär’s denkbar, dass auch Lewis reingelegt worden ist? Dass er doch nichts mit dem Schwindel zu tun hat?«
»Nein. Bei Cowley bin ich mir nicht ganz sicher. Bei Lewis schon. Am besten ist, wir spannen unsere Jungs vom Betrug ein bisschen ein. Diese vierzigtausend Pfund müssen ja irgendwo sein. Wollen Sie noch einen?«
»Nein, danke. Ich habe mit Lauder über die Familie Lewis gesprochen. Er meinte, dass Lewis sich manchmal was
Weitere Kostenlose Bücher