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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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es in einem Fall wie diesem ungewöhnlich ist. Leider vermag ich nicht, Mr. Frenchs Gedanken zu lesen, aber ich vermute, dass ein gewisser Druck von Seiten der Dorfgemeinde auf ihm lastet. Die Leute wollen ungestört in ihren Betten schlafen. Eine Verurteilung von Hopkins wegen Mordes würde diesem Wunsch gebührend Rechnung tragen.«
    »Aber so was ist doch heute gar nicht mehr vorstellbar«, protestierte Pascoe.
    »Dann verpassen Sie die morgige Vorstellung nicht«, empfahl ihm Backhouse im Gehen. »Und benehmen Sie sich, Sergeant.«
    Ob er während oder bis zu der Untersuchung meinte, konnte Pascoe nicht ausmachen. Es war gar nicht so unschmeichelhaft, für potentiell gefährlich gehalten zu werden, fand er. Wie der Revolverheld im Western, der sich an der plötzlich eintretenden Stille weidet, wenn er den Saloon betritt.
    Bei diesem Gedanken sah er auf die Uhr. Leider noch viel zu früh für einen Drink. Verdrossen schaute er wieder aus dem Fenster. Es war ihm völlig schleierhaft, was ihn dazu veranlasst hatte, einen kostbaren freien Tag für eine Fahrt hierher zu opfern. Die vertagte Untersuchung würde erst um zehn Uhr am nächsten Tag beginnen. Ellie hatte sich rundheraus geweigert, bis dahin auch nur in die Nähe dieses Ortes zu kommen. Wahrscheinlich hatte sie gut daran getan. Aber er wollte noch einmal einen Blick auf das Cottage werfen. Backhouse hatte nichts einzuwenden gehabt, und sonst hatte wahrscheinlich auch niemand etwas dagegen. Crowther verwahrte den Schlüssel, falls jemand, der einen berechtigten Anspruch darauf hatte, sich melden sollte. Er befand sich nun in Pascoes Tasche, doch der konnte sich noch nicht entschließen, loszugehen.
    Mrs. Crowther steckte ihren Kopf zur Tür herein.
    »Tee, Sergeant?«, fragte sie. »Und ein Stück Kuchen?«
    Es war ein verlockendes Angebot, doch wie ein nackter Busen, der verlockend vor der Nase eines frommen Puritaners wippte, bewirkte es das genaue Gegenteil.
    »Nein, danke«, sagte Pascoe. »Ich muss los.«
    »Wie sie wollen«, brummte Mrs. Crowther. »Kommen Sie zum Abendessen?«
    »Ja, gern.«
    Pascoe wohnte bei den Crowthers. Die einzige Alternative wäre gewesen, sich wieder bei den Culpeppers einzuladen, und die Erinnerung an seinen letzten Aufenthalt dort ermutigte ihn nicht dazu. Natürlich hätte er auch in ein Hotel gehen können, aber dann wäre er nicht im Dorf gewesen, und das war dem, wenn auch noch nicht klar formulierten Zweck seiner vorgezogenen Ankunft nicht dienlich.
    Er ließ seinen Wagen am Straßenrand stehen und ging, die Spätnachmittagssonne genießend, zu Fuß. Bald kam er ans Ende des Dorfes und die Häuser wurden immer spärlicher. Auf der rechten Seite der Straße waren vereinzelte »Spitzenobjekte« aus dem Boden gewachsen. Er meinte, Sandra Bell neben einer der Garagen zu sehen, aber sie gab kein Zeichen des Wiedererkennens. Dann kam eine kleine Zeile alter Cottages, noch unversehrt, doch wahrscheinlich auf Dauer nicht unbegehrt von den Renovierwütigen. Culpeppers moderner Herrensitz lag irgendwo auf der Anhöhe auf der linken Seite. Wahrscheinlich würde er von der Straße aus zu sehen sein, sobald der Herbst sich über die Bäume hermachte und die Äste ihrer Blätter beraubte, aber noch glänzte das Laub in all seiner Sommerpracht, an den Rändern schon leicht mit Gold verziert, aber noch nicht davon beschwert. Soeben zweigte rechts der enge, schlechterhaltene Weg ab, der zu Pelmans Haus führen musste. Pelmans Wald wirkte dichter und düsterer, wahrscheinlich deshalb, weil der Schatten der Bäume auf Pascoes Weg fiel.
    Pelman. Interessanter Typ. Er hätte ihn nicht für jemanden gehalten, der eine Affäre seiner Frau mit einem Landarbeiter einfach so hinnimmt. Mit einem Pächter, korrigierte er sich im Geiste, als er daran dachte, was er von Crowther erfahren hatte. Man sollte der Geschichte von Lady Chatterley nicht noch eins draufsetzen. Und doch hatten beide in der Lehmgrube geendet, und damit D. H. Lawrence’ Phantasie noch übertroffen.
    Ein Landrover näherte sich, fuhr langsamer und blieb am Straßenrand stehen.
    »Pascoe, nicht wahr?«, sagte der Fahrer, als er sich neugierig aus dem Fenster lehnte.
    Es war Pelman. Pascoe kam es vor, als hätte er ihn herbeigezaubert.
    »Hallo«, grüßte er.
    »Sind Sie wegen der Untersuchung da? Die Wege des Gesetzes sind mir unergründlich, aber für Sie ergibt das wahrscheinlich einen Sinn.«
    Pelman war in Hemdsärmeln. Er sah aus, als hätte er einen Tag schwerer

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