Der Lüge schöner Schein
besonders überrascht.
»Dachte mir schon, dass so was dahinter steckt«, sagte er. »Blöder Kerl. Da fragt man sich doch, von was die ihren Lebensunterhalt bestreiten.«
»Er kann von Glück sagen, wenn sich ihm dieses Problem überhaupt noch stellt«, gab Pascoe zurück.
»Was? Ah ja. Glauben Sie, dass er Lewis umgebracht hat?«
»Nein.«
»Das klingt aber sehr sicher. Sie erwarten doch wohl kein Geständnis auf dem Sterbebett, wenn der Hund sich entschlossen hat, doch nicht zu sterben. Na also. Haben Sie weitergedacht? Dieser Einbruch. Nein, nicht der bei Lewis, der bei Sturgeon. Könnte er den selbst inszeniert haben, um die Versicherungssumme zu kassieren, sich zumindest teilweise zu sanieren?«
»Wohl kaum, Sir«, sagte Pascoe. »In dieser Woche war er doch in Lochart. Er hatte den Vertrag noch gar nicht gemacht, und selbst danach hat es noch eine ganze Weile gedauert, bis die Ernüchterung einsetzte.«
Sturgeons Geschichte war so abenteuerlich, dass sie wahr sein musste. Nur ein paar Monate, nachdem er sich zur Ruhe gesetzt hatte, begann Sturgeon sich bereits zu Tode zu langweilen, und er war unvorsichtig genug, in Anwesenheit von Matthew Lewis sein Schicksal zu beweinen. In den darauf folgenden Wochen hatte Lewis (so viel hatte Pascoe rekonstruieren können) dafür gesorgt, dass er Sturgeon im Ortsverband der Liberalen immer wieder über den Weg lief, und das Gespräch auf seine eigenen Aktivitäten im Aktiengeschäft gebracht, wobei er sein besonderes Interesse an Nordrill Mining bekundete (deren Aktienkurs, wie Pascoe später herausfand, zu diesem Zeitpunkt ständig in die Höhe ging). Schon da hatte sich Sturgeon einigermaßen interessiert gezeigt, als Lewis aber anzudeuten begann, dass er mit Nordrill auch noch auf andere Art Geld zu machen gedachte, biss er an. Eines Abends tat Lewis wahrscheinlich so, als hätte er einen über den Durst getrunken, und ließ wissen, dass er über gewisse, noch nicht allgemein bekannte Informationen verfügte: Nordrill sei bei einer Probebohrung unweit seines Ferienhauses in Lochart auf ein voraussichtlich sehr ergiebiges Mineralvorkommen gestoßen. Daraufhin hatte alles seinen unaufhaltsamen und tragischen Lauf genommen: Sturgeon, ganz der nüchterne, weitblickende Geschäftsmann aus Yorkshire, für den er sich hielt, berechnete mit größter Sorgfalt jeden seiner Schritte, und Lewis stellte mit noch größerer Sorgfalt sicher, dass Sturgeon immer ein kleines Stück festen Boden unter den Füßen hatte.
Zuerst wurde Atkinson als verantwortlicher Nordrill-Ingenieur vor Ort ins Spiel gebracht. Er hatte sie sogar an einem Sonntagnachmittag auf dem Bohrgelände herumgeführt, zweifellos, nachdem der Wachmann mit ein paar Scheinen davon überzeugt worden war, sich’s in seiner Hütte so richtig gemütlich zu machen. Natürlich bestätigte Atkinson, dass man fündig geworden war.
Als Nächstes war Archie Selkirk von der Strath Farm auf der Bildfläche erschienen, angeblicher Eigentümer eines großen Stück Landes, euphemistisch als landwirtschaftlich genutztes Hügelland tituliert, unter dem der Großteil der Bodenschätze vermutet wurde. Er war bereit, anderen das Risiko der Verhandlungen mit Nordrill zu überlassen, sollte es jemals dazu kommen, und würde das Land um die Hälfte dessen hergeben, was es potentiell wert war. Lewis kaufte, soviel er sich leisten konnte. Sturgeon fungierte als Zeuge des Geschäfts. Mittlerweile hatte er sich richtig festgebissen. Eine Vereinbarung für ein weiteres Stück Land wurde aufgesetzt. Da rutschte es Atkinson auf einmal heraus, dass die nationale Presse von der Sache Wind bekommen hatte, sie in der folgenden Woche veröffentlichen wollte und Nordrills eigene Grundstücksmakler sich bereits am nächsten Tag an die Arbeit machen würden. Nun ging Sturgeon aufs Ganze, machte alles zu Geld, was er hatte, belieh sogar sein Haus und kaufte Selkirk jeden Quadratmeter ab, den der noch hatte. Dafür blätterte er mehr als vierzigtausend Pfund hin.
»Der hat jetzt keinen roten Heller mehr«, schloss Pascoe. »Er hat erst sehr spät Verdacht geschöpft, aber als er in der Zeitung vom Montag gelesen hat, dass über die Absichten von Nordrill in Schottland spekuliert wird, ist er nervös geworden. Er versucht, Lewis im Büro zu erreichen, aber der ist am Montagvormittag natürlich nicht da. Als ich dann wegen der Briefmarken mit ihm rede, nutzt er die Gelegenheit und bittet mich, Archie Selkirk zu überprüfen. Aber ich hatte zu viel
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