Der magische Stein
wir uns mehr auf unser Gefühl verlassen.
Im kalten Licht der Scheinwerfer wirkten die Sträucher und hohen Gräser blass und geisterhaft, und als wir den geschlossenen Schlagbaum sahen, da wussten wir, dass wir das Ziel erreicht hatten.
Ich trat auf die Bremse. Das Licht ließ ich noch brennen. Ich stellte sogar das Fernlicht ein und leuchtete stark in den Weg hinein, aus dem eine gespenstische Gasse wurde, deren Ende irgendwo in der freien Natur auslief.
»Willst du hier parken?«, fragte Suko.
»Wir kommen schlecht an den Seiten vorbei.«
»Ist gut.«
Ich fuhr wieder an und rangierte den Rover so, dass er im Schatten der Bäume und der Dunkelheit lag. Den Rest der Strecke konnten wir auch zu Fuß zurücklegen.
Dass wir uns in unmittelbarer Nähe des Flughafens befanden, war nicht zu hören. Zu sehen allerdings schon, denn nicht weit von uns entfernt erhob sich eine Lichtglocke vom Boden, die wie gezeichnet gegen den Himmel strich.
Wir gingen auf den Schlagbaum zu. Ihn zu umgehen, war kein Problem. Sehr still war es nicht. Hin und wieder brachte der Wind Geräusche mit. Am Flughafen wurde immer gearbeitet. Er wurde auch von den Transport- und Frachtmaschinen angeflogen, deren Flüge erst gegen Mitternacht aufhörten.
Ich wusste nicht, wer früher mal auf dieser Straße gefahren war. Momentan kam sie mir mehr vor wie eine alte Betonpiste.
Mein Blick war nach vorne gerichtet, während der hinter mir gehende Suko mehr die Seiten absuchte.
Ich hatte vorgehabt, mich auf diese Mandy Gilmore zu konzentrieren. Das gelang mir nicht besonders, denn immer wieder musste ich an Maxine’s Anruf denken und an das Verschwinden des Vogelmädchens. Ich wünschte mir so sehr, dass Carlotta nichts passiert war und sie wieder zu ihrer Ersatzmutter zurückkehrte.
Aber auch sie war in den manchmal brutalen Lauf des Schicksals mit hineingerissen worden und hatte verdammt harte Zeiten durchstehen müssen.
Als wir etwa die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen hatten, verschwand die Betondecke allmählich. Sie zeigte erste Risse und Löcher, aus denen Gras und andere Pflanzen wuchsen. Wenig später war sie ganz verschwunden, und wir konnten über einen weichen Teppich gehen.
Nur von dieser Mandy Gilmore war nichts zu sehen, und das enttäuschte uns etwas.
Ich blieb stehen und wartete darauf, dass Suko zu mir trat.
Er hob die Schultern. »Entweder hat man uns verarscht oder sie wird noch erscheinen.«
»Gib ihr eine Chance.«
»Nur nicht zu lange.«
Wir schwiegen. In unserer Nähe raschelte es hin und wieder. Es lag daran, dass der Wind wehte und die Büsche leicht bewegte. Manchmal nahmen wir auch einen leicht feuchten Geruch wahr; der Herbst war eben im Anmarsch. Auch die Luft war mit einer gewissen Feuchtigkeit erfüllt, und so fühlte sich auch unsere Kleidung an.
Wir warteten weiter. Mein Freund und Kollege Suko verdrehte ebenso die Augen wie ich. Wenn diese Mandy da war, hätte sie uns zumindest ein Zeichen geben können. Darauf warteten wir lange vergebens.
Endlich blinkte rechts der Straße und mitten im Wald ein Licht auf. Nur für einen winzigen Augenblick, dann war es wieder verschwunden.
Wir drehten uns um.
Wieder blitzte das Licht, und dann hörten wir die Stimme der uns noch unbekannten Mandy. »Ich bin hier am Waldrand.«
»Okay.«
Alles sah so harmlos aus. Wir waren dennoch auf der Hut. Es gab keinen Graben an der Straßenseite. Übergangslos erreichten wir das Unterholz, das von zahlreichen Pflanzen gebildet wurde, die unter unseren Sohlen zusammengetreten wurden.
Noch einmal sahen wir das Licht. Es war jetzt auf eine bestimmte Stelle am Boden gerichtet, sodass wir jetzt wussten, wo wir hinzugehen hatten.
Wir schoben einige Zweige zur Seite, dann schaute uns eine Frau aus großen Augen an. Sie brachte zunächst kein Wort heraus. In der Dunkelheit war sie nicht genau zu erkennen. Wir sahen nur, dass sie mit einer langen Hose und einer Jacke bekleidet war.
»Mandy Gilmore?«, fragte ich.
»Ja. Aber du bist nicht allein, John Sinclair.«
»Wenn du mich kennst, dann solltest du auch über Suko Bescheid wissen, denke ich.«
»Ja, das ist schon in Ordnung.«
»Sollen wir hier sprechen?«, fragte ich.
»Warum nicht.«
»Wir könnten uns auch in unseren Wagen setzen. Der Weg ist nicht weit. Denken Sie nach.«
Wir hörten ihr lautes Atmen, und wenig später nickte sie. »Ja, ist gut.«
»Wie bist du denn hergekommen?«, fragte ich.
»Nicht weit entfernt steht ein einsames kleines Haus. Das
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