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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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viele Gefangene dabei starben, die Schiffe mussten versenkt werden, um das Leben von Soldaten zu retten, die noch kämpften. Das übergeordnete Ziel hing davon ab, koste es, was es wolle. Den Preis dafür zahlten Männer wie wir.
    Das war die schlechte Nachricht. Das Blutbad an Bord, besonders in dem Laderaum, der den Torpedotreffer abbekommen hatte, war entsetzlich gewesen. Aber Rob hatte entdeckt, dass nicht alle Gefangenen auf dem Schiff gestorben waren; tatsächlich hatten sogar die meisten überlebt. Ich konnte es nicht fassen.
    Kurz nach dem Torpedotreffer war ich an Deck gelangt und ohne nachzudenken ins Wasser gesprungen. Dann hatte ich mir alle Mühe gegeben, so weit wie möglich von dem angeschlagenen Schiff wegzuschwimmen. Ich hatte beobachtet, wie es langsam in der Ferne verschwand und mit dem Bug immer tiefer ins Wasser sank, bis ich es aus den Augen verlor. Für mich stand seitdem fest, dass das Schiff mit all den armen Kerlen, die darin gefangen waren, untergegangen ist.
    Ich weiß noch, dass die See rauer wurde, sodass in den Wellen kaum noch etwas zu sehen war. Dann kreuzte der italienische U-Boot-Jäger auf, fuhr rücksichtslos zwischen den wenigen Überlebenden hindurch und warf Wasserbomben. Vor meinem geistigen Auge sah ich noch den Schiffsnamen vor mir, Centurion oder so ähnlich. Nach einem Blick in seine Papiere sagte Rob, das Schiff sei mit ziemlicher Sicherheit die Centauro gewesen, ein Torpedoboot der italienischen Spica- Klasse. An Bord war ein gefangener neuseeländischer General, der überlebte und später berichten konnte, was er gesehen hatte.
    Zu dem Zeitpunkt schwammen mehrere Schiffbrüchige im Wasser, doch sie sind allesamt ertrunken, denn irgendwann war ich als Einziger im Wasser. Ich wollte von Rob wissen, wie es möglich sei, dass jemand überlebt hatte. Das sei ganz einfach, antwortete er. Die Sebastiano Venier war gar nicht gesunken. Sie wurde sogar berühmt dafür, dass sie nicht sank.
    Zuerst begriff ich nicht, was Rob sagte. Als ich ins Wasser gesprungen war, war ich überzeugt gewesen, dass dem Schiff nur noch Minuten blieben. Ich hatte wieder einmal instinktiv gehandelt und nicht nachdenken müssen. Jetzt aber hörte ich, dass sich an Bord des Schiffes ein noch bemerkenswerteres Drama abgespielt hatte, während ich von Wasserbomben durchgeschüttelt worden war.
    Die Reise der Sebastiano Venier nach Afrika – sie hatte Nachschub nach Bengasi gebracht – war für die Besatzung eine Tortur gewesen. Außer ihr hatten nur vier andere Schiffe den Durchbruch geschafft; der Rest war durch Luftangriffe auf Malta stationierter Flugzeuge und die Geschütze der Royal Navy ausgeschaltet worden. Aufgrund dieser Erlebnisse lagen die Nerven der Besatzung blank. Besonders der italienische Kapitän war nervös und zittrig gewesen, als die Sebastiano Venier wieder auslief. Anders als die Gefangenen in den Laderäumen wusste die Besatzung, was sie auf der Rückfahrt erwartete. Sie schafften es bis zur griechischen Südküste, als den Aufzeichnungen zufolge der Kapitän das Sehrohr eines alliierten U-Bootes entdeckte, das aus den Wellen ragte. Er geriet in Panik und sagte sich übereilt, dass es aus sei. Er befürchtete, die zweitausend alliierten Gefangenen würden sich an Deck kämpfen und die wenigen Rettungsboote in Beschlag nehmen, sobald das Schiff getroffen wurde. Um sein eigenes Leben zu retten, befahl er der Besatzung, in die Boote zu steigen, ehe der erste Torpedo einschlug. Diese Entscheidung fiel auf ihn zurück und ließ ihn als Feigling dastehen. Sein Schicksal war besiegelt.
    Die Sebastiano Venier befand sich gut fünf Kilometer westlich von Methoni an der Südwestspitze Griechenlands, als der dritte Torpedo der HMS Porpoise den Frachtraum eins im vorderen Teil des Schiffes traf und viele der Männer, die dort eingesperrt waren, auf der Stelle tötete.
    Von denen, die ich zurückgelassen hatte, taten einige es mir nach und sprangen ins Meer, überzeugt, das Schiff gehe unter. Nur wenige von ihnen überlebten. Die Sebastiano Venier drehte nach Steuerbord. Viele Männer, die an der Backbordseite abgesprungen waren, gerieten in den Sog der Schiffsschrauben, als das Heck herumschwenkte, und wurden zerrissen.
    Der Mann, der das Schiff und die verbliebenen Gefangenen rettete, war ein geheimnisvoller Deutscher, der bis heute nicht identifiziert werden konnte. Er erschien als seltsamer Schutzengel mit einem schweren Schraubenschlüssel in der einen Hand und einer Pistole in der

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