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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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eintraf, General »Jumbo« Wilson. Die Nachricht von seiner Ankunft verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Irgendetwas Großes stand bevor. Die RAF hatte lange feindliche Kolonnen entdeckt, die Bengasi verließen, und das Armeeoberkommando vermutete richtig, dass die Italiener das gesamte Gebiet räumten und die Cyrenaika verließen. Wir befanden uns ein gutes Stück landeinwärts, mitten auf der Landzunge, die Nordafrika ins Mittelmeer streckt. Die Italiener zogen sich an der linken Küstenlinie dieser Zunge zurück. Zwischen ihnen und uns lagen zweihundertvierzig Kilometer Wüste. Ein kühner Vorstoß konnte einen entscheidenden Schlag bedeuten, aber es war eine Reise, die nicht einmal eine Kamelkarawane gewagt hätte, wie man uns später sagte.
    Wir schliefen, solange wir konnten; dann ging der Wettlauf los. Beim ersten Licht grollten die Motoren, und die Fahrzeuge rollten los: Kampfpanzer, Spähpanzer, Lastwagen und die Carrier bewegten sich in einer langen, zum Schutz gegen Luftangriffe weit auseinandergezogenen Kolonne. Wenn tatsächlich die gesamte italienische Armee in Bewegung war, wären wir hoffnungslos in der Unterzahl, falls wir überhaupt schnell genug sein konnten, um ihr den Weg zu verlegen. Die ersten hundertdreißig Kilometer waren das reinste Fegefeuer. Wir durchquerten eine abweisende Landschaft mit großen Felsbrocken, pockennarbig von Wadis und kaum sichtbaren Flecken feinen Sandes. Wenn man in diesen Sand geriet, blieb man bis Weihnachten darin stecken. Auf den Felsen, Gräben und »Kamelhöckern« bockten Raupenfahrzeuge wie unsere Carrier, bäumten sich auf und liefen ständig Gefahr, eine Kette zu verlieren. Ich ersetzte allein auf dieser Fahrt wenigstens zwölf Scharnierbolzen, damit der Carrier in Bewegung blieb. Doch es war überlebenswichtig, sich um solche Dinge zu kümmern, sonst kamen wir nicht weit, und unsere Fahrzeuge brauchten unbedingt eine ordentliche Wartung. Die leichten Kampfpanzer fielen reihenweise aus und mussten mit ihren Besatzungen zurückgelassen werden; sie konnten nur auf Bergung hoffen.
    Auch das Wetter machte es uns schwer. Der ewig wehende Sand und Staub machten die Sicht erbärmlich, und immer wieder gerieten wir in Eisregenstürme. Die Offiziere bekamen das Schlimmste ab und standen steif gefroren auf den Ladeflächen der Lkw wie Wüstenkapitäne. Schon bald hatten wir nur noch gefährlich wenig Treibstoff. Unter günstigsten Bedingungen kam ein Carrier mit fünf Litern Benzin acht Kilometer weit. Auf diesem schlechten Gelände waren es anderthalb bis drei Kilometer, und das ständige Stoßen und Holpern verursachte Risse in den Kanistern. Wenn die Benzintanks sich leerten, gelangte der Bodensatz aus Sand in den Vergaser, und dann blieb das Fahrzeug liegen. Auch Wasser wurde knapp. Jeder bekam nur noch ein Glas am Tag.
    Bei Msus, ungefähr hundertzehn Kilometer hinter der Küste, schloss die Kolonne auf. Unsere Flugzeuge hatten keine Ersatzmotoren mehr, aber eine einzelne flugfähige Hurricane meldete eine lange Kolonne italienischer Fahrzeuge, die von Bengasi kommend nach Süden fuhr.
    Wir erhielten neue Befehle. Die Panzer und Carrier fuhren nicht schnell genug. Deshalb wurde unter dem Befehl von Lieutenant-Colonel John Combe von den 11th Hussars rasch eine Kampfgruppe aus schnelleren Fahrzeugen zusammengestellt, die nach Südwesten jagen und den Italienern den Weg verstellen sollte. Zweitausend Mann wurden für diese »Combeforce« ausgesucht. Die Carrier ließen wir zurück; sie sollten später folgen.
    Ich schnappte mir Munitionsgurte und meinen Schlafsack und stieg auf die Ladefläche des nächsten Lkw. Alles andere ließ ich im Carrier zurück. Gegen 13 Uhr rollten wir wieder, und diesmal ging es schneller.
    Bei Einbruch der Nacht mussten wir Halt machen, weil die italienischen Flieger unseren Weg mit »Thermosbomben« belegt hatten. Wir nannten sie so, weil es kleine zylinderförmige Dinger waren, die aussahen wie eine Thermosflasche, aber sie dienten weiß Gott nicht zum Picknick. Bei Sonnenaufgang bewegten wir uns weiter und folgten einem Kompasskurs, um bei Sidi Saleh auf die Straße zu gelangen. Unsere Motoren kochten. Die Wüste wich einer freundlicheren Landschaft mit ein bisschen mehr Grün und Anzeichen von Bebauung. Aus der Wildnis kamen wir in ein Gebiet, das einst die Kornkammer des Römischen Reiches gewesen war.
    Als wir eine kurze Ruhepause einlegten, stürzten sich drei italienische Jagdflugzeuge mit aufblitzenden Bordwaffen auf uns. Wir

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