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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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Glück habe ich sein Gesicht nie gesehen. Ich hob meine Waffe und tat, was ich für richtig hielt. Ich wurde wegen der Sache gemeldet und musste noch am gleichen Tag mit dem Alten darüber sprechen. Er saß auf einem Stapel Holzkisten und wollte die ganze Geschichte hören. Als erfahrener Soldat verstand er wohl, weshalb ich es getan hatte. Niemand verlor noch ein Wort darüber.
    In dieser Nacht beschloss ich, nicht unter dem Carrier zu schlafen, und schaufelte mir mein gewohntes grabförmiges Sandbett abseits der Fahrzeuge, aber immer noch in der Sicherheit des Lagers. Ich sah nach meinen Waffen und ging gleichzeitig mit den anderen schlafen – es gab keine gemütlichen Lagerfeuer unter dem Wüstenhimmel, um das sich die Waffenbrüder scharten, nur hundemüde Männer, die im Sand lagen und schnarchten.
    In der Wüste schlief ich stets mit gespitzten Ohren. Der kleinste unvertraute Laut, und ich war hellwach und kampfbereit. Es wurde umso schlimmer, je öfter ich auf Spähtrupp ging. Ich wusste genau, wie leicht es war, nachts unbemerkt in ein Lager zu schleichen, im Dunkeln umherzugehen, die häuslichen Gerüche zu riechen und sogar ein » O sole mio« von Männern zu hören, die sich vollkommen sicher fühlten. Ich wusste auch, dass ein Soldat, der sich nachts in ein feindliches Lager schlich, nervös war bis zum Gehtnichtmehr und bereit zu töten, um entkommen zu können. Er würde tun, was ich getan hatte.
    Das verdammte Prasseln von Regen weckte mich. Ich suchte im dunklen, feuchten Sand, bis meine Hand das kalte Metall der Mills-Granaten ertastete, und ich atmete ein wenig ruhiger. Die Beretta war noch immer unter meinem Arm, der 38er in Griffweite. Ich sank in einen Halbschlaf, als ich dem Regen und dem Schnarchen der Kameraden lauschte. Später erwachte ich zitternd und spürte, dass ein Gewicht auf mich drückte. Der Schlafsack war mit Eis überkrustet und steif wie ein Brett, sodass ich mich kaum bewegen konnte.
    Als Nächstes rückten wir gegen Fort Mechili vor. Wir sollten den Italienern den Weg abschneiden, verfehlten sie aber knapp. Unsere Karten taugten nicht viel, und der Feind hatte einen Fluchtweg auf einer Straße gefunden, von der wir nichts wussten. Die Italiener waren in der Nacht aus ihrer Stellung ausgerückt und hatten Fahrzeuge und Vorräte zurückgelassen. Wieder einmal waren sie auf dem Rückzug.
    Die langen Fahrten im Carrier waren unangenehm. In einem offenen Schützenpanzer ist man den Elementen schutzlos ausgeliefert. In einem Gefecht konnte der Fahrersitz abgesenkt werden, sodass man hinter den Panzerplatten saß, aber beim Fahren war man kein bisschen abgeschirmt, und durch die Geschwindigkeit entstand ein Sog, der den Sand aus der Luft auf einen lenkte. Kurz vor Fort Mechili erwischte uns wie aus dem Nichts ein gewaltiger Chamsin . Also würde es zum Abendessen mal wieder Dosenfleisch mit Sand geben.
    Die Kolonne machte Halt. Ehe ich aussteigen konnte, war Eddie Richardson neben mir.
    »So kommst du aber nicht ins Shepheard, alter Junge«, sagte er. Als ich lächelte, platzte die Sandschicht auf, die an meinen Wangen klebte. Ich stieg aus, wischte mir mit beiden Händen den Staub aus dem steifen Haar, nahm einen Schluck wachsiges Wasser und machte mich an die Arbeit. Die Ketten eines Bren-Carrier erforderten eine Menge Aufmerksamkeit, besonders, wenn man über steinigen Boden fuhr. Ich begann damit, dass ich die Scharnierbolzen überprüfte, mit denen die Kettenglieder verbunden waren. Ein Carrier ohne Ketten war ein unbewegtes Ziel; deshalb wechselte ich jeden Bolzen aus, der mir suspekt erschien. Dazu schlug ich den alten Bolzen mit einem schweren Hammer ein Stück vor und trieb ihn mit dem Ersatzbolzen ganz heraus. Dann ging es wieder ein paar Kilometer.
    Am 28. Januar lagerten wir, um das Fort zu halten und die Carrier zu warten. Der Rest der 2 RB holte uns ein paar Tage später ein. Die Männer hatten es mit der italienischen Luftwaffe zu tun bekommen. Jäger hatten sie mit Bordwaffen beschossen, und Bomber hatten sie mehrmals nur knapp verfehlt. Man hatte ihnen gesagt, dass wir eine Atempause bekämen und uns in den nächsten zwei Wochen nicht mehr vom Fleck bewegen müssten.
    Ein schlechter Scherz, wie sich herausstellte. Die zwei Wochen waren rasch auf zwei Stunden zusammengeschmolzen.
    Die Motorhauben der Lkw standen offen, die Männer wuschen und rasierten sich. Ein paar Offiziere hatten sich abgemeldet, andere waren gerade im Aufbruch. So war die Lage, als das hohe Tier

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