Der Mann, der kein Mörder war
Organisatorische bereitete ihr schon bald Probleme. Cia arbeitete als Krankenschwester – viel und unregelmäßig. Das Ausführen des Hundes wurde schon bald zu einer konstanten Qual. Häufig kam es nur zu einem kurzen Gang durch die Nachbarschaft. Je nach Dienstplan schaffte Cia es manchmal erst mitten in der Nacht und dann am darauffolgenden Nachmittag. Aber heute hatte sie frei und wollte endlich einen langen Spaziergang machen, der sowohl ihr als auch Almira guttun würde. Sie gingen den Pfad zum Fußballplatz entlang, der zum Wald mit seinen beleuchteten Spazierwegen führte.
Als sie den leeren Fußballplatz erreicht hatten, ließ Cia den Hund von der Leine, der mit Freudengebell in die Büsche und den Nadelwald wetzte. Hin und wieder sah Cia Almiras Stummelschwanz zwischen den kurzen, struppigen Büschen wackeln. Cia lächelte vor sich hin. Ausnahmsweise fühlte sie sich heute einmal wie eine gute Hundebesitzerin.
Jetzt kam Almira zurückgerannt. Sie war nie lange fort, wollte immer genau wissen, wo ihr Frauchen gerade war. Nachdem sie sich durch einen Blick vergewissert hatte, konnte Almira erneut lossausen, um nach einer Weile wieder zurückzukehren. Als sie den Hund aus dem Gestrüpp kommen sah, runzelte sie die Stirn. Amiras Schnauze war von irgendetwas dunkel gefärbt. Cia rief den Hund, und Almira kam zu ihr. Cia erstarrte. Es sah aus wie Blut, doch der Hund war noch immer bester Laune, also konnte es nicht sein eigenes sein. Cia wich den schnüffelnden Annäherungsversuchen ihres Hundes aus und nahm ihn wieder an die Leine.
«Was hast du gefunden? Zeig es mir!»
Schon nach fünfzehn Minuten war Sebastian es leid, auf einen Monitor zu starren und nach dunklen Volvos zu suchen. Es schien völlig zwecklos. Billy hatte versucht, ihm zu erklären, wie sie vorgehen mussten. Da man wusste, wann das Auto mit Roger davongefahren war, konnte man aufgrund von bla, bla, bla ungefähr errechnen, wo es bla, bla, bla, je nachdem, in welche Richtung es abgebogen war, bla, bla, bla. Sebastian hatte abgeschaltet. Jetzt schielte er zu Billy hinüber, der ein Stück von ihm entfernt mit einer Adressenliste saß, die er gerade aus dem Sekretariat des Rektors der Palmlövska erhalten hatte. Billy wirkte keineswegs gelangweilt, eher verbissen und konzentriert. Er blickte zu Sebastian hinüber, der regungslos vor dem Bildschirm saß.
«Funktioniert etwas nicht?»
«Nein, nein, alles super. Und bei dir?»
Billy lächelte ihn an.
«Ich habe doch gerade erst angefangen. Mach du erst mal weiter. Glaube mir, es gibt genug Kameras.»
Billy widmete sich erneut seinen Listen. Sebastian wandte sich dem Bildschirm zu und seufzte. Die Situation erinnerte ihn daran, wie er vor dreißig Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Erlander gewesen war und dieser ihn gezwungen hatte, Tausende von Fragebögen auszuwerten. Damals hatte er ein paar Studenten dafür bezahlt, seine Arbeit zu erledigen, und war stattdessen in die Kneipe gegangen. Diesmal konnte er sich nicht so leicht durchmogeln.
«Bist du irgendwie mit dem Namen weitergekommen, den ich dir gegeben habe, Anna Eriksson?»
«Leider nein, wie du weißt, kam ja immer wieder irgendwas anderes dazwischen, aber ich werde mich schon noch darum kümmern.»
«Es hat überhaupt keine Eile, ich bin lediglich neugierig.»
Sebastian merkte, wie Billy ihn auffordernd ansah. Er konnte genauso gut mitspielen, es war noch nicht an der Zeit, sein wahres Gesicht zu offenbaren. Sebastian klickte auf die F5-Taste, genau wie Billy es ihm gezeigt hatte, und betrachtete gelangweilt den nächsten blassen, gleichförmigen Straßenabschnitt irgendwo in Västerås. Der eingehende Anruf bewahrte ihn davor, vor Langeweile zu sterben.
Sie kamen mit zwei Autos beim Fußballplatz an. Vanja und Ursula in dem einen, Torkel und Sebastian im anderen. Torkel fühlte sich in seine Schulzeit zurückversetzt, es war, als spielten sie eine Variante von «Die Mädchen gegen die Jungs». Er war Ursula gegenüber keine Spur persönlich geworden, als sie nach der Besprechung geblieben war, damit er sie über die Entwicklungen der letzten Stunde informieren konnte, dennoch hatte sie ihn ignoriert, als sie in die Tiefgarage hinuntergelaufen waren, und war ohne ein Wort auf ihr eigenes Auto zugegangen.
Zwei Polizeiwagen waren bereits vor Ort. Ein uniformierter Polizist empfing sie, als sie aus ihren Wagen stiegen, auf dem Kiesplatz. Er wirkte angespannt und dankbar dafür, dass sie
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