Der Mann, der kein Mörder war
vernahmen. Doch diese vermeintliche Sicherheit war eine Illusion. Bei den drei nahezu identischen Vergewaltigungen hatte sich der Mann jeweils von hinten genähert und die Frau zu Boden gestoßen. Dann hatte er ihr Gesicht auf den Boden gepresst, damit sie nicht schreien konnte, und war von hinten in sie eingedrungen. Alle drei Vergewaltigungen hatte der Täter, der ein körperlich starker Mann sein musste, vollendet. Danach war er unerkannt verschwunden. Vermutlich hatte er sich schnell und unbemerkt unter die Menschen in der Nähe gemischt und war wie ein ganz normaler Mann durch die Straßen der Stadt gelaufen. Die Frauen hatten nichts von ihm gesehen. Es gab keine Personenbeschreibung, keine Zeugen.
Haraldsson wiederholte die Prozedur, diesmal in Sollefteå. Erst suchte er heraus, zu welcher Zeit Axel Johansson dort gewohnt hatte, dann sah er sich die unaufgeklärten Sexualverbrechen an. Es waren zwei Vergewaltigungen angezeigt worden, die beinahe identisch mit denen in Umeå waren. Einsame, aber nicht völlig verlassene Orte. Der Angriff von hinten. Das zu Boden gepresste Gesicht. Keine Personenbeschreibung, keine Zeugen.
Haraldsson lehnte sich zurück und holte tief Luft. Hier war etwas Großes im Gange, das spürte er. Er würde sich doppelt und dreifach revanchieren. Axel Johansson war ein Serienvergewaltiger, der vielleicht schlimmer war als der sogenannte Hagamann, ein berüchtigter Sexualverbrecher, der vor einigen Jahren in Umeå sein Unwesen getrieben hatte.
Und diesem Johansson war Haraldsson auf die Spur gekommen. Die Lobesrede des Kreispolizeidirektors war ihm nun sicherer denn je.
Roger Eriksson und dieser Psychologe in allen Ehren, aber das war ein wirklich großer Fall. Es war ein Fall, auf dem man seine Karriere aufbauen konnte, auch wenn man ganz unten gewesen war. Mit zitternden Händen recherchierte Haraldsson weiter. Gävle. Dort war eine Vergewaltigung in der relativ kurzen Zeitspanne, die Axel in der Stadt gewohnt hatte, angezeigt worden. Dasselbe Muster.
Keine während Axels Jahren in Helsingborg.
Haraldsson hielt inne. Es war, als wäre er joggen gewesen, hätte ein wahnsinnig schnelles Tempo erreicht und dann – eine Vollbremsung hingelegt. Er merkte, wie die Enttäuschung ihn überkam. Natürlich hätte er eigentlich froh sein müssen, dass keine weitere Frau so eine grauenhafte Vergewaltigung hatte durchleiden müssen, aber es machte seine Theorie zunichte; er war so nahe dran gewesen. Haraldsson prüfte die Angaben erneut, kam jedoch zu demselben niederschmetternden Ergebnis. Axel Johansson hatte mehr als zwei Jahre in Helsingborg gewohnt, aber keine der Vergewaltigungen, die in dieser Zeit angezeigt worden waren, stimmte mit dem vorherigen Muster überein. Haraldsson lehnte sich zurück und leerte den letzten Schluck aus seiner Tasse. Der Kaffee war inzwischen kalt geworden. Er grübelte. Es hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Vielleicht waren die Straftaten ganz einfach nur nicht angezeigt worden. Nicht alle Sexualdelikte wurden der Polizei gemeldet, ganz im Gegenteil. Die meisten Vergewaltigungen, die von Unbekannten verübt wurden, wahrscheinlich schon, aber es war keineswegs sicher.
Eigentlich benötigte er Helsingborg auch nicht. Bei fast allen anderen Fällen hatte man DNA -Spuren gesichert. Dennoch war es ärgerlich. Es störte die Vollständigkeit. Es war, als ob man beim Malen nach Zahlen plötzlich ein oder zwei Zahlen ausließ. Natürlich konnte man trotzdem erkennen, was das Bild darstellte, und dennoch wurde der Blick immer zu den übersprungenen Zahlen gelenkt, über die man sich ärgerte. Außerdem war sich Haraldsson sicher, dass Axel Johansson keine Pause eingelegt hatte. Jedenfalls keine von mehr als zwei Jahren. Nicht, wenn er einmal damit angefangen hatte und so lange unentdeckt geblieben war.
Haraldsson stand auf und ging in den Aufenthaltsraum, um seine Kaffeetasse nachzufüllen. Er hatte sich etwas schlapp und dösig gefühlt, als er auf dem Präsidium angekommen war, verkatert ganz einfach, aber das Gefühl war schnell von einem Kribbeln gespannter Erwartung abgelöst worden. Er musste das Rätsel um Helsingborg ganz einfach lösen.
Zurück an seinem Platz, ging er nun das Västeråser Archiv durch. Er wusste, wonach er suchen musste. Und tatsächlich fand er zwei Vergewaltigungen, die mit Axel Johanssons Tatmuster übereinstimmten. Beide waren erst verübt worden, nachdem Axel in die Stadt gekommen war.
Blieb nur noch Helsingborg.
Jetzt hatte
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