Der Mann, der kein Mörder war
bisschen abgenommen.»
Alle vier drehten sich gleichzeitig um und sahen Sebastian, der sich auf seinem Stuhl aufrichtete, fragend an.
«Wie bitte?»
«Ursula hat mich als imposant bezeichnet. Dabei habe ich ein bisschen abgenommen. Es sei denn, du spielst mit dem Wort auf einen anderen Teil meines Körpers an als auf meinen Bauch?» Sebastian bedachte Ursula mit einem anzüglichen Grinsen.
«Jetzt halt dich gefälligst zurück! Es sind kaum dreißig Sekunden vergangen, und schon fängst du wieder mit so was an.» Ursula wandte sich an Torkel. «Und du meinst allen Ernstes, dass wir beide versuchen sollten, zusammenzuarbeiten?»
Sebastian machte eine entschuldigende Geste.
«Ich bitte um Verzeihung. Ich wusste nicht, dass eine Anspielung auf mein imposantes Gehirn in dieser Runde solchen Anstoß erregen würde.»
Ursula schnaubte nur, schüttelte den Kopf und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie sah Torkel mit einem Blick an, der unzweifelhaft signalisierte, dass sie von ihm eine Lösung der Situation erwartete. Eine Lösung, die auf Sebastians Verschwinden hinauslief. Vanja, die noch keine Erfahrungen mit Sebastian gemacht hatte, betrachtete ihn mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination, wie ein großes Insekt unter einem Mikroskop.
«Meinst du das ernst?»
Sebastian machte erneut eine entschuldigende Geste.
«Kann ein so schöner Mann etwa lügen?»
Torkel spürte, wie der Zweifel in ihm größer und größer wurde. Bisher hatte er immer gute Erfahrungen gemacht, wenn er nach seinem Bauchgefühl entschied. Aber jetzt? Wie viel Zeit war vergangen? Drei Minuten? Und die Stimmung im Raum war so schlecht wie schon seit Jahren nicht mehr, wenn sie überhaupt jemals so schlecht gewesen war. Torkel hob seine Stimme.
«Okay, es reicht für heute. Sebastian, du wirst jetzt rausgehen und dich irgendwo hinsetzen und in den Fall einlesen.»
Torkel hielt Sebastian eine Mappe hin. Sebastian griff danach, aber Torkel hielt sie so lange fest, bis Sebastian gezwungen war, ihn mit fragendem Blick anzusehen.
«Und ab sofort wirst du mich und mein Team mit Respekt behandeln. Ich habe dich eingestellt. Ich kann dich genauso gut wieder feuern. Kapiert?»
«Ach, wie ärgerlich, dass ich so respektlos bin, wo doch alle ihr Bestes gegeben haben, mich herzlich willkommen zu heißen!»
Sebastians Sarkasmus prallte wirkungslos an Torkel ab.
«Ich meine es ernst. Ich werfe dich raus, wenn du dich nicht zusammenreißt. Verstanden?»
Sebastian begriff, dass dies nicht unbedingt der richtige Moment war, um sich gegen Torkel aufzulehnen. Er nickte gehorsam.
«Ich bitte alle vorbehaltlos um Entschuldigung. Für alles. Von nun an werdet ihr kaum noch merken, dass ich da bin.»
Torkel ließ die Mappe los. Sebastian nahm sie, klemmte sie unter den Arm und winkte den vieren zum Abschied zu.
«Dann bis später.»
Er öffnete die Tür und verschwand nach draußen. Ursula baute sich vor Torkel auf und wollte gerade einen Redeschwall loslassen, als Haraldsson an den Türrahmen klopfte und ins Zimmer trat.
«Wir haben eine Mail bekommen.»
Er streckte Torkel einen Ausdruck entgegen, den dieser nahm und las. Vanja kam heran, um ihm über die Schulter zu blicken, doch das war nicht nötig, da Haraldsson den Inhalt bereits mündlich referierte.
«Darin behauptet jemand, dass sich Rogers Jacke in Leo Lundins Garage befindet.»
Torkel musste kein Wort verlieren. Ursula und Billy sprangen auf, drängten sich an Haraldsson vorbei durch die Tür und eilten davon.
Sebastian durchquerte das Großraumbüro, unter dem Arm die Mappe, die er nicht vorhatte zu öffnen. So far, so good. Er nahm an den Ermittlungen teil, jetzt musste er nur noch an das herankommen, weswegen er eigentlich hier war. Wenn man jemanden wirklich finden wollte, musste man in den Polizeicomputern suchen. Das Strafregister war eine Möglichkeit, aber dort war nicht jeder verzeichnet und auch nicht Anna Eriksson – zumindest hoffte Sebastian das. Aber auch abgesehen davon war die Menge persönlicher Daten beachtlich, an die eine befugte Person bei der Polizei gelangen konnte. Und diese Ressource brauchte er.
Jetzt musste er nur noch jemanden finden, der ihm helfen würde. Die richtige Person für diese Aufgabe. Sebastian ließ seinen Blick über die Arbeitsplätze schweifen. Er entschied sich für eine Frau um die vierzig, die am Fenster saß. Praktische Kurzhaarfrisur. Braune Augen. Diskretes Make-up. Ohrringe. Ehering. Sebastian ging zu ihr und
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