Der Mann, der kein Mörder war
das.»
«Da ist noch eine Sache. Kannst du dafür sorgen, dass ich Zugang zu den Computern hier bekomme? Zu den Registern und so.»
Torkel wirkte ernsthaft verblüfft. «Warum?»
«Warum nicht?»
«Weil du für deine Alleingänge bekannt bist.»
Torkel kam näher. Sebastian wusste warum. Es gab keinen Grund dafür, neugierige Ohren mithören zu lassen, dass es potenzielle Spannungen im Team gab. Nach außen hin bildeten sie eine Einheit. Das war wichtig. Was allerdings bedeutete, dass Torkel ihm nicht unbedingt etwas Positives zu sagen hatte. Und so war es auch.
«Du bist kein vollwertiges Mitglied des Teams, sondern nur ein Berater. Alle Untersuchungen, die du vornimmst, alle Spuren, denen du nachgehst, laufen über uns. Vorzugsweise über Billy.»
Sebastian versuchte seine Enttäuschung zu verbergen. Was ihm offenbar nicht ganz glückte.
«Hast du ein Problem damit?»
«Nein, überhaupt nicht. Du entscheidest.»
Dieser dämliche Torkel! Jetzt würde er mehr Zeit brauchen als geplant. Allzu lange hatte er nicht Teil dieser Ermittlungen sein wollen. Erst recht kein aktiver Teil. Er hatte in keinster Weise vor, auch nur mit irgendjemandem zu sprechen, jemanden zu verhören oder jemanden oder etwas zu analysieren. Er wollte auch nicht mit möglichen Tatverläufen oder Täterprofilen zu den Ermittlungen beitragen. Er würde das bekommen, weshalb er gekommen war – eine aktuelle Adresse von Anna Eriksson, oder wie sie mittlerweile hieß – und sich anschließend schnell und effektiv aus der Gruppe verabschieden, die Stadt verlassen und nie wieder zurückkehren.
Sebastian hielt die Mappe hoch.
«Dann suche ich mir jetzt einen Platz zum Lesen.»
«Sebastian, noch eine Sache.»
Sebastian seufzte innerlich, warum konnte er nicht einfach gehen, sich in Ruhe irgendwo mit einer Tasse Kaffee hinsetzen und so tun, als ob er lesen würde.
«Dass du hier bist, ist ein reiner Freundschaftsdienst. Weil ich dir geglaubt habe, als du sagtest, dass es dir wichtig sei. Ich erwarte keine Dankbarkeit, aber jetzt liegt es an dir, dafür zu sorgen, dass ich es nicht bereue.»
Noch ehe Sebastian antworten konnte, hatte Torkel kehrtgemacht und ihn stehengelassen.
Sebastian sah ihm nach. Er verspürte keine Dankbarkeit. Aber es war klar, dass Torkel es bereuen würde.
Das taten alle, die ihn in ihr Leben ließen.
Billy öffnete das Garagentor. Momentan stand kein Auto darin. Billy und Ursula waren in den letzten Jahren schon in vielen Garagen gewesen. Die meisten waren mit allem Möglichen vollgestopft, nur nicht mit einem Auto. In Lundins Garage herrschte im Verhältnis dazu gähnende Leere. Der Boden war ölbefleckt und schmutzig, ein Abfluss befand sich in der Mitte. Während Ursula noch nach dem Lichtschalter tastete, hatte Billy schon das Tor hochgeschoben.
Sie betraten die Garage. Obwohl die zwei nackten Neonröhren blinkend ansprangen, holten beide ihre Taschenlampen hervor. Ohne sich absprechen zu müssen, wählte jeder eine Garagenhälfte. Ursula die rechte, Billy die linke. Der Fußboden auf Ursulas Seite war im Prinzip leer. Dort standen nur ein altes Krocketspiel, ein Plastikboccia, bei dem eine Kugel fehlte, und ein elektrischer Rasenmäher. Ursula hob den Grasauffang hoch. Leer, genau wie letztes Mal. Die Regalbretter waren dafür umso gefüllter. Allerdings deutete nichts von ihrem Inhalt darauf hin, dass sich jemals ein Auto in dieser Garage befunden hatte. Kein Öl, keine Zündkerzen, Multisprays oder Scheinwerfer. Dafür umso mehr Gartenwerkzeuge. Drahtrollen, halbleere Samentüten, Arbeitshandschuhe und Sprühflaschen mit Insektenvernichtungsmittel. Dort konnte man keine Jacke verstecken. Es hätte Ursula sehr verwundert, wenn sich die Angaben aus der E-Mail bewahrheitet hätten. Wäre die Jacke hier, hätte sie sie schon beim ersten Mal gefunden.
«Hattest du letztes Mal unter dem Abflussgitter nachgesehen?»
«Na rate mal.»
Billy antwortete nicht. Er begann die drei Säcke mit Blumenerde anzuheben, die an der Langseite neben den weißen Gartenmöbeln aus Plastik gestapelt waren. Wie dumm von ihm. Ursula ließ ihre Arbeit nicht gern in Frage stellen. Ohne besonders viel über ihre frühere Zusammenarbeit zu wissen, vermutete Billy, dass sie Sebastian Bergman deshalb nicht leiden konnte. Zu dem Wenigen, was Billy bisher über Sebastian gehört hatte, zählte, dass er konsequent alles und jeden in Frage stellte. Es immer besser wusste, um nicht zu sagen: am besten. Aber wenn er tatsächlich
Weitere Kostenlose Bücher