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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Bein
ging es immer besser, aber Eljazokads ebenfalls verwundeter Unterleib erlitt
einen leichten Rückschlag. Maeredi wusch und pflegte ihn mit großer Geduld,
aber zwei weitere Tage strengster Bettruhe waren ihre Bedingung für all ihre
zusätzlichen Mühen. Zähneknirschend fügte Eljazokad sich drein. Bestar und Tjarka fahren jetzt den Larnus hinauf, den Larnus
hinauf, den Larnus hinauf …
    Am achten Tag hatte er begonnen, eine
Fahrgelegenheit zu organisieren. Niemand in Anfest fuhr in den nächsten Tagen
mit einem Wagen weiter als bis nach Stoerig. Aber ein fünfzehnjähriger Junge
namens Taulle hatte sich bereiterklärt, ihn für zehn glänzende Rinwetaler auf
seinem Maulesel nach Clellach zu bringen. Von Clellach aus kam man gut nach
Miura. Von dort aus nach Brissen. Oder durch den Wildbart zu den Riesen, damit
sie dasselbe Wunder noch einmal vollbrachten, mit dem sie ihn, Bestar und den
ohnmächtigen Rodraeg schon einmal direkt ins Haus des
Mammuts verpflanzt hatten, ohne jeglichen
Zeitverlust. Wenn alles glückte, konnte Eljazokad es immer noch schaffen. Er
würde Bestar und Tjarka nicht mehr einholen, aber – wenn das Kind sich ein
wenig Zeit ließ – immer noch rechtzeitig zur Geburt in Warchaim ankommen.
    Maeredi war dagegen gewesen.
    Â»Lass dein sinnloses Geld stecken und
hör mir zu«, hatte sie gesagt. »Was du als Heilung wahrnimmst, ist nichts
weiter als ein Spuk. Du gibst deinem Körper keine Gelegenheit, sich tatsächlich
zu erneuern. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, und deshalb wird er immer wieder
überfordert reagieren.«
    Mein Körper .
Eljazokad hatte gar nicht die Zeit, ihr ausführlich auseinanderzusetzen, wie
unbeträchtlich so ein Körper eigentlich war. Sein ursprünglicher Leib war in
der Höhle des Alten Königs gestorben, ermordet von einem magischen Doppelgänger.
Diesen zweiten Spiegelkörper hatte Eljazokad dann übernommen, und er hatte sich
besser angefühlt als der alte, denn der alte war im Laufe der Strapazen der
Höhlendurchquerung zuschanden gegangen. Kurze Zeit später hatte ein
Wahnsinniger namens Rugerion Siusan Eljazokads Leib in seinen Besitz gebracht.
Er hatte ihn gebunden, betäubt und gefoltert, und Eljazokad hatte all dies
genutzt, um die weiteste, phantastischste und längste Reise seines Lebens zu
machen. Ein Körper ist gar nicht so wichtig, wie alle
Menschen glauben . Ein Körper kann enden, und die Geschichte geht dennoch weiter. Maeredi glaubte an das gute alte Heilen aus Fleisch und
Blut. Eljazokad jedoch glaubte inzwischen an etwas ganz anderes.
    Die Tage der Bettruhe hatten ihm
reichlich Gelegenheit zum Nachdenken gegeben. Nachdem er im Geweihwasserdorf
seinen Traum von der Heilung eines Kindes vollendet hatte, nachdem er auf den
Kontinent zurückgekehrt und ihm sogar ein rotes Schneekaninchen in diesen von
Kaninchen entvölkerten Wald gefolgt war, hatte er die sichere Empfindung
gehabt, all seine Lebenskreise geschlossen und vollendet zu haben.
    Doch inzwischen waren ihm schon wieder
ein paar Zweifel gekommen. Die uralte Prophezeiung seines Vaters – Unser Sohn ist für das Stadtschiff von Tengan bestimmt – hatte sich im Schreienden Meer erfüllt. Mithilfe der Tsekoh
war es Eljazokad sogar gelungen, das Stadtschiff zu versenken.
    Aber der andere Traum, der, der ihn so
zielstrebig zu dem vom Wolf verwundeten Mädchen geführt hatte, war keine
Erinnerung aus fernster Kindheit gewesen. Diesen Traum hatte er erst vor
wenigen Monden gehabt, in Skerb. Er war ihm gefolgt, zum Mammut nach Warchaim, mit
dem Mammut nach
Wandry und in die Höhle des Alten Königs , und schließlich in den Thost und jene andere Welt, die
keinen Namen kannte und keine Kartografie, und die dennoch kein Traum war und
keine Schmerzensillusion, weil blauhaarige Krieger und rote Kaninchen aus ihr
hervorgingen und ihre Echtheit bezeugten. Dieser Traum war neu gewesen.
    War es möglich, dass jemand ihm diesen
Traum geschickt hatte?
Sein leiblicher Vater vielleicht, Zarvuer? Oder der Wolf, der womöglich der
Vater seiner Magie war und zu dem der nach dem Traum befolgte Weg ihn zweimal
hingeführt hatte?
    War es möglich, dass der große,
übergeordnete Kreis für ihn erst dann vollendet war, wenn er den Traumbringer
gefunden und ihn nach seinen Motiven befragt hatte?
    Neuer Eifer hatte Eljazokad erfasst.
Die Lethargie des Abgeschlossenhabens war einer

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