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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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neuen Sehnsucht gewichen.
    So war er mit Taulle aufgebrochen. Er
hatte auch Maeredi zehn Taler gegeben. Das ließ ihm nur noch neun, die konnten
aber knapp genügen, um sich von Clellach aus bis zu den Riesen durchzuschlagen.
Taulle hatte ihm auf den Esel geholfen, den Taulles Eltern, die in Anfest einen
kleinen Hof führten, dem Jungen als Fohlen geschenkt hatten, als er zehn Jahre
alt wurde. Der Esel hieß Yawak und war eher anhänglich als störrisch.
    Eljazokad ritt und Taulle ging
nebenher und führte. Yawaks Gangart war ruhiger und gleichmäßiger als die eines
Pferdes, dennoch schmerzte Eljazokads Unterleib schon nach wenigen
Sandstrichen. Nach einer Stunde musste Taulle ihm zum ersten Mal
hinunterhelfen, damit Eljazokad sich kurz hinlegen und ausstrecken konnte. Zum
Laufen waren beide Beine noch zu wackelig, aber die Entlastung des Hinlegens
half, den Schmerz wieder abebben zu lassen.
    So mühten sie sich voran, viel, viel
langsamer als gedacht.
    Immerhin hatte Taulle erfreuliche
Neuigkeiten verlauten lassen. »Ich kann Euch ruhig zum selben Preis auch bis
Miura bringen, nicht nur bis Clellach. Aber meine Eltern sollten davon nichts
wissen. Clellach ist Thostrand und in Ordnung, Miura ist voller Fremder und
ohne Bäume, das gilt als gefährlich. Ich war aber schon öfters dort und kenne
mich ganz gut aus.«
    Â»Was führt dich immer wieder nach
Miura?«
    Taulle hatte breit gegrinst. »Die
vielen tollen angemalten Mädchen und die Süßigkeiten, die man überall kaufen
kann.«
    Früh hatten sie sich dann ein Lager
bereitet. Taulle hatte Laub zusammengetragen, und dann hatten sie sich beide in
die Decken, die Taulles Eltern ihnen mitgegeben hatten, gerollt und geschlafen.
Wachehalten, wie wenn das Mammut sich im Einsatz befand, hielt Eljazokad für überflüssig.
    Früh war er erwacht. Dies war
der Morgen. Eljazokad fühlte sich so gut wie schon lange nicht mehr. Nach
mehrtägigem Krankenlager – und davor mehrtägiger Folterhaft in einem stinkenden
Loch – hatte diese erste Nacht im Freien seit Langem seinen Leib durchgepustet
und erfrischt. Er dachte an Bachmu und betete für Zetaete. Er beobachtete einen
Igel, der sich am Rande des Lagers schnaufend durchs Laub wühlte, und hoffte im
Stillen auf Kaninchen. Dass sie wieder Fuß fassen würden. Aber es gab deutliche
Zeichen, dass der gemarterte Wald wieder zu sich selbst zurückfand. Zumindest
hier flatterten schwarze Vögel durchs Geäst. Zumindest hier streichelte der
Wind das Leben. Die vier wahnsinnigen Männer, die den Thost mit ihrer Gewalt
beherrscht hatten, gab es nicht mehr.
    Voller Zuneigung dachte Eljazokad auch
an Bestar, Tjarka und Rodraeg. Dann, als auch Taulle endlich erwacht war,
schwang er sich aus eigener Kraft auf den Rücken Yawaks und ritt mehrere
Stunden, ohne eine Pause einlegen zu müssen.
    Das Unglück begann kurz vor
Mittag. Yawak wurde von einem Insekt gestochen, das völlig lautlos von hinten
herangeflogen sein musste, und kickte aus, so dass Eljazokad ungelenk auf den
weichen Waldboden aufschlug. Die Schmerzen waren auszuhalten, aber die Beine
versagten dem Magier dennoch den Dienst. Er wälzte sich ächzend auf den Rücken
und konnte noch einen kurzen Blick auf das Insekt erhaschen, das trudelnd wieder
davonflog: Es besaß mehrere Stachel und überhaupt keine Beine.
    Taulle mühte sich, den sonst so
genügsamen Yawak wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch der Esel kickte und
biss, hatte panisch verdrehte Augen und wollte sich nicht mehr beruhigen. Eljazokad
benutzte seine Arme, um sich auf dem Gesäß weiter wegzuschleppen, um nicht von
den umhertanzenden Hufen getroffen zu werden.
    Plötzlich stand hinter Taulle ein entsetzlicher Mann. Eljazokad
hatte ihn gar nicht sich nähern gesehen. Unter einem breitkrempigen Hut hatte
er ein Gesicht wie schmelzendes, triefendes Wachs, und seine Körperhaltung war
die eines mehrfach Verkrüppelten. Bevor Eljazokad noch ein »Vorsicht!«
ausstoßen konnte, hob der Fremde mit einer schlierigen, nebelhaften Bewegung
einen großen Hammer und drosch ihn Taulle auf den Hinterkopf. Knochen knackten
matschig. Der Junge fiel zu Boden, und Eljazokad brauchte ihn nicht zu
berühren, um zu wissen, dass er tot war.
    Nun machte das Ungeheuer auch Anstalten, den Esel mit dem Hammer zu
erschlagen. Eljazokad riss beide Arme nach vorne und feuerte alles, was er an
magischer

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