Der Mann der nicht zu hängen war
sehr oft. Das Flughafenpersonal kennt sie. Also händigt sie ohne weiteres ihren Gepäckschein aus und läßt sich in die VIP-Lounge führen. Ein Steward bringt ihr eine Tasse Tee.
Unterdessen stürzen sich die Zollbeamten auf ihr Gepäck wie ein Heuschreckenschwarm und durchsuchen es mit akribischer Genauigkeit. Nichts. Nirgends ein doppelter Boden, nicht der winzigste Mikrofilm in der Zahnpastatube. Die Koffer atmen die reinste Unschuld. Es müssen offensichtlich ernstere Seiten aufgezogen werden. Der Dienststellenleiter läßt zwei Durchsuchungsbeamtinnen zu sich kommen. Während er seinen Kolleginnen die Lage erklärt, wird Frau B. in der gemütlichen VIP-Lounge allmählich ungeduldig. Sie stellt auf, geht zu dem Steward und flüstert — denn in solchen Fällen pflegen Damen immer zu flüstern: »Ich möchte mich etwas frisch machen. Würden Sie mir bitte sagen, wo die Toiletten sind?«
Verdammt! Damit hat der Steward — natürlich auch vom Geheimdienst — wirklich nicht gerechnet. Er wirkt ein wenig hilflos. Was nun? Er hat den Befehl, Frau B. keine Sekunde lang aus den Augen zu lassen. Und der Trick mit der Toilette ist ja geradezu klassisch. »Einen Augenblick, gnädige Frau, ich stehe Ihnen sofort zur Verfügung. Die Toiletten und Erfrischungsräume sind in der Ankunftshalle. Am besten begleite ich Sie.«
Er telefoniert nur mal eben schnell — unbemerkt — und fordert Verstärkung an. Er muß ganz sichergehen, daß niemand, aber auch wirklich niemand, während ihrer kurzen »Klausur« Kontakt mit ihr aufnehmen kann — vor allem aber auch, daß sie nichts merkt. Diskretion und Effektivität heißt die Devise. Der kleinste Fehler — und das Beweismaterial ist dahin! Oder aber, noch schlimmer, es existiert überhaupt kein »Beweismaterial« — irgendwelche Akten oder Mikrofilme. Dann gibt es einen interministeriellen und internationalen Skandal, der sich gewaschen hat.
Doch Frau B. wartet ganz geduldig, bis man sie endlich dorthin führt, wo sie nun gern einmal hin möchte. Vor der Damentoilette drückt sie ihren Schoßhund dem als Steward verkleideten Agenten in den Arm, bedankt sich freundlich und verschwindet. Sie achtet nicht auf die anderen Damen, die sich vor den Spiegeln schminken, stellt fest, daß alle Kabinen außer einer besetzt sind und geht hinein. Eine gewisse Zeit verstreicht. Der Steward sieht weder jemanden hineingehen noch herauskommen. Seine Mission ist erfolgreich beendet.
Frau B. nimmt ihr Hündchen wieder an sich, dankt und gibt ihrem aufmerksamen Begleiter höflich zu verstehen, daß die Örtlichkeiten sich nicht ganz in dem Zustand befinden, in dem sie eigentlich sein sollten — eine Bemerkung, wie sie solch noble Benutzer derartiger Einrichtungen immer gerne machen, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Als Frau B. die VIP-Lounge erneut betritt , findet sie ihre Stewardeß vor, in Begleitung eines sehr verlegen dreinschauenden Zollbeamten in Uniform: »Also, gnädige Frau... nun... wissen Sie... es ist so... Es tut uns außerordentlich leid, aber wir müssen Sie bitten, eine Durchsuchung ihres Gepäcks und auch eine Leibesvisitation zu gestatten.« — Welche Heuchelei!
Frau B. fährt auf. Eine Leibesvisitation? Und das bei ihr? Das ist doch grotesk!
Man erklärt ihr, Befehl sei leider Befehl. Die übrigen Passagiere müßten die gleiche Prozedur über sich ergehen lassen. Man könne es ihnen gegenüber nicht vertreten, nur bei Frau B. eine Ausnahme zu machen, und so weiter.
Ziemlich verärgert, aber immer noch sehr gefaßt, ergibt sich Frau B. in ihr Schicksal. Und schon sieht sie sich im Zollbüro zwei athletischen Beamtinnen gegenüber, die sie auffordern, sich ganz auszuziehen und sich hüllenlos überprüfen zu lassen.
»Also, das ist doch wirklich lächerlich! Sie wissen doch, wer ich bin. Aber bitte, meinetwegen, walten Sie Ihres Amtes. Aber das ist wirklich eine Zumutung!«
Die Schilderung der nun folgenden Ereignisse dieser Nacht — ist eine sehr delikate Angelegenheit, die des Taktgefühls bedarf: Frau B. steht also im Zollbüro — im Evaskostüm. Ihre Kleider wurden peinlich genau durchsucht: ohne Erfolg. Ja, und nun müssen die Zollbeamtinnen sie — aus der Nähe — noch gründlicher begutachten: von vorn — nichts Ungewöhnliches. Von der Seite — alles normal. Aber von hinten!
»Da... hier... da schauen Sie! Schauen Sie bloß...« stottert die Hilfsbeamtin völlig verdutzt und ruft ihre Chefin.
»Was ist denn los? Nun sagen Sie schon!«
Frau B. ist
Weitere Kostenlose Bücher