Der Mann, der sein Leben vergaß
wachsende Konkurrenz, die jetzt auch mich beobachtet, hat ihn auf See zu beseitigen gewußt! Das eben will ich nachforschen! Aber dazu brauche ich meine Jacht Anita!«
Eine kurze Weile war es still in der Leitung. Selvano schien zu denken.
»Haben Sie sich die verbrannte Leiche in dem Auto genau angesehen?« fragte er plötzlich.
»Ja.« Erstaunt nickte Dr. Albez am Telefon. Was soll denn das nun wieder, dachte er.
»Und Sie kennen den Mann nicht?«
»Nein!«
»Ist es nicht möglich, daß der unkenntliche Tote Konsul Manolda ist?«
Dr. Albez prallte zurück. Blitzschnell rief er sich das Bild der verkohlten Gestalt in die Erinnerung zurück, den zerschellten Wagen und die angetroffene Situation. Er schüttelte heftig den Kopf.
»Ausgeschlossen«, sagte er fest. »Manolda war ein äußerst sicherer Fahrer! Und warum sollte er Zyankali nehmen, wenn es wirklich nur ein Unfall war?!«
»Wir dachten nicht an Unfall, sondern an Mord!«
»Aber Manolda hat doch zwei Tage nach der Auffindung der Leiche in Teneriffa Bananen gekauft!« rief Dr. Albez. »Gespenster interessieren sich nicht für Obst!«
»Und was halten Sie davon, wenn ein Doppelgänger des Konsuls in Teneriffa war?« fragte Selvano mit einer deutlichen Spannung in der Stimme.
Dr. Albez war im ersten Augenblick verblüfft, dann lachte er laut auf. Selvano verzog am anderen Ende der Leitung sauer das Gesicht und tippte mit dem Zeigefinger, auf Primo Calbez blickend, wütend und unmißverständlich an seine Stirn.
»In einem Kriminalroman liest sich so etwas sehr spannend«, rief Dr. Albez ins Telefon. »Im Leben, glaube ich, geschehen die Dinge weniger fantastisch und weit nüchterner! Manolda war in Teneriffa, das steht fest. Baron von Pottlach ist ein alter Freund unserer Firma und kennt den Konsul so gut, daß ihm kein Doppelgänger kommen konnte. Manolda war bei ihm, das stellen wir einmal fest. Dann verschwand er, und das will ich an Ort und Stelle nachprüfen! Einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, daß die Konkurrenz uns damit die Luft abwürgen will. Ist das der Fall, dann müßte man auch mich bei meinem Auftauchen in Teneriffa festsetzen … und das will ich eben sehen! Ist dem so und ich bin innerhalb von zwei Wochen – von morgen an gerechnet – noch nicht zurückgekehrt oder habe keine Nachricht gegeben, dann brauchen Sie nur bei folgenden Firmen Ihren Hebel anzusetzen, um Manolda und mich, einträchtig in irgendeinem stillen Winkel versteckt, zu finden. Andernfalls gebe ich Ihnen laufend unter Chiffre Nachricht über meinen Standplatz und meine weiteren Reiserouten.«
Dr. Albez nahm vom Schreibtisch eine Firmenliste und diktierte dem Kommissar die Anschriften der Konkurrenzunternehmen. Dann ging er wieder zum Fenster zurück und hatte den Wunsch, das Gespräch abzubrechen. Die Sonne schob sich blutrot dem Horizont entgegen, es schien, als wolle sie sich im aufkochenden Meer ertränken. Es war der Anblick des gewaltigen Sonnenunterganges, den Dr. Albez seit Jahren jeden Abend allein und ungestört, in völliger Stille, mit brennendem Herzen genoß.
»Ist alles klar, Kommissar?« fragte er deshalb. »Kann ich morgen mit meiner Jacht reisen?«
»Selbstverständlich. Ich hebe hiermit die einstweilige Beschlagnahme auf. Allerdings verknüpfe ich damit eine Bitte – oder, wenn Sie wollen – auch Bedingung!«
»Und das wäre?«
»Ich möchte Ihnen als Reisebegleiter und persönlichen Schutz einen meiner besten Beamten mitgeben. Ihre Bewachung durch die Unbekannten zwingt mich dazu. Einverstanden?«
»Nicht gern. Aber wenn es sein muß – bitte!«
»Und noch eins.« Selvanos Stimme wurde leiser. »Verlassen Sie Ihre Villa noch heute abend über den Felsweg und übernachten Sie in Lissabon. Ihre Jacht fährt unter Polizeiflagge aus, und ich bitte Sie, sich erst auf See aus Ihrer Kabine zu begeben. An Bord gehen Sie in einer Polizeiuniform, die Ihnen Primo Calbez morgen früh ins Hotel ›Europe‹ bringen wird. Ich möchte unter allen Umständen vermeiden, daß die Bewachung oder sonst ein an Ihnen Interessierter die Abreise bemerkt! Alles bleibt beim alten, und Primo Calbez wird bis zu ihrer Rückkehr Ihre Rolle übernehmen und für die Beobachter den ahnungslosen Hausherrn José Biancodero spielen. – Ist Ihr Personal zuverlässig?!«
»Absolut! Und was versprechen Sie sich von diesem Maskenscherz?!«
»Daß wir diese Burschen ohne Ausnahme schnappen und endlich einmal etwas Licht in das Dunkel bringen. – Sie sind doch
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