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Der Mann, der sein Leben vergaß

Der Mann, der sein Leben vergaß

Titel: Der Mann, der sein Leben vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erhärtung seiner Theorien und seiner inneren Beruhigung ständig im stillen suchte.
    Primo Calbez durchschnüffelte unterdessen alle Hauptstädte Süd- und Westeuropas nach Spuren eines Schmugglernetzes anhand der Liste, die man bei Baron v. Pottlach im Büro fand und die sich deckte mit der Kundenliste, die Manolda an José Biancodero gab. Aber wo auch Calbez hinkam, ob nach London oder Madrid, nach Brüssel oder Paris, nach Berlin oder Aachen, nach Vaduz oder Rom, überall traf er angesehene, alteingesessene Obstexportherren an, deren Leumund derart gut und einwandfrei war, daß Calbez nach seiner Rundreise müde und voller Resignation Selvano seinen Bericht auf den Tisch warf und sich sechs Wochen Urlaub nach Estoril nahm.
    Anders ging es Dr. Albez.
    Er war durch den Mißerfolg Primo Calbez' ungeheuer hellhörig geworden. Da es nun feststand, daß man ihn mit dem fingierten Telegramm nach Amsterdam locken wollte, um ihn dort unschädlich zu machen, mußte es doch eine Gruppe geben, die Interesse an seiner Person hatte und alles versuchen würde, nach dem Fehlschlag in Amsterdam in einer anderen Form seiner habhaft zu werden.
    Dr. Albez dachte zunächst an einen Überfall auf sein Felsenschloß. Aber dann verwarf er den Gedanken, da der Gegner damit rechnen mußte, daß die Villa von der Polizei heimlich bewacht würde. Man mußte also auf eine andere Weise versuchen, ihn unschädlich zu machen. So blieb Dr. Albez stets in seinen Räumen oder betrat den Garten nur in Begleitung zweier bewaffneter Diener.
    Das Rätselhafteste an dieser ganzen Sache war, daß er nicht wußte, was man von ihm wollte. Seine Exportfirma hatte er aufgelöst, Geheimsachen und Formeln von Professor Destillianos illegalen Tbc-Mitteln gab es nicht, und sonstige Wertsachen wie Patente der auswertbare Erfindungen gab es ebensowenig.
    So lebte Dr. Albez auf seiner Felsenvilla abgeschlossener und einsamer als je zuvor.
    Kaum ein Jahr später fuhr ein dunkler Reisewagen den steilen Felsweg von dem Landhaus bei Azenhas do Mar herunter und bog auf die Hauptchaussee nach Lissabon ein. Weit zurückgelehnt in die dicken Lederpolster saß Dr. Albez im Wagen und las noch einmal den Brief durch, den er vor wenigen Stunden von Konsul Manolda aus Den Haag erhalten hatte. Es war ein kurzer, prägnanter Brief, der in keiner Weise den wahren Grund des Schreibens durchblicken ließ. Dieses Schreiben hatte – so glaubte Dr. Albez zu folgern – auch nur den einen Grund, ihn aus der Villa zu locken.
    Dr. Albez war in den verflossenen Monaten zu der Überzeugung gekommen, daß es eigentlich sinnlos sei, sich hier auf seiner Felseninsel vor allen Menschen zu verschließen und daß alles, was kommen würde, ja doch nur eine vorher vom Schicksal geknüpfte Kette sei, der er nie auf die Dauer entrinnen könnte.
    Er hatte deshalb Selvano nicht von dem Schreiben aus Den Haag unterrichtet, sondern hatte seinem Personal die Anweisung gegeben, seine Sachen und den großen Reisewagen für eine längere Fahrt herzurichten. Er hatte die Komödie sogar so weit mitgespielt, daß er nach Den Haag an Manolda ein Telegramm richtete, in dem er seine Ankunft auf die Stunde genau angab und seine Freude über das Wiedersehen nach so langer Zeit bekundete.
    Der Brief lautete:
    »Lieber Freund Albez!
    So geht das Leben nicht weiter! Nachdem ich es für dringend notwendig hielt, eine Zeitlang in die Dunkelheit zu tauchen, um für uns einige große Geschäfte unter Dach und Fach zu bringen, ist heute die Zeit gekommen, wo wir an die Auswertung meiner Bemühungen gehen müssen.
    Ich habe Ihnen zunächst viel zu erklären, ehe ich zu Ihnen mit meinen Erfolgen kommen kann. Sie werden mit Recht über das Ihnen unbekannt anmutende Spiel der verschiedenen Interessengruppen erbost sein. Aber glauben Sie mir, daß all dies sein mußte, um das Erbe unseres Freundes Destilliano vor fremden Händen zu retten. Erklärungen darüber kann ich Ihnen aus verständlichen Gründen in diesem Brief nicht geben. Es ist nur so viel zu sagen, daß die Zeit des Wartens und der Ungewißheit nutzbringend angelegt wurde.
    Die Konkurrenz ist in diesen Monaten so stark geworden, daß wir den Gedanken unserer Obst-Export-Firma in aller Stille begraben müssen. Dagegen ist uns durch den Tod unseres Freundes Destilliano und durch die Übernahme seines großen Erbes durch Sie eine Aufgabe erwachsen, die wir nicht übersehen dürfen. Wir haben das Werk Ricardos zu krönen und seinen Geist auf ewig für die Menschheit

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