Der Mann mit dem roten Zylinder
schimpfen: „Verdammter Knisterthron.“ Der Untersatz tut, als habe er nichts gehört, und knarrt bei jedem Atemzug munter weiter.
„Zehn Minuten nach neun“, stellt Patò nach einem Blick auf seine Armbanduhr fest und bereitet sich auf eine ausgedehnte Wartezeit vor. Doch er hat sich getäuscht. Schon nach wenigen Minuten öffnet sich die Tür, und Björnsons Vorzimmerschreck, seine Sekretärin, tritt ein. Mißmutig schaut sie auf Patò.
„Guten Morgen, mein Fräulein!“ flötet dieser in höchsten Tönen und deutet im Sitzen eine Verbeugung an.
„Guten Tag“, gibt das ältliche Fräulein ungerührt zurück. Und mit der Wärme einer Eisscholle in der Stimme klärt sie den frühen Besucher auf: „Ich glaube, es ist besser, mein Herr, wenn Sie später noch einmal wiederkommen.“
„Warum?“
„Weil Doktor Björnson im Augenblick eine Besprechung hat, die sich über längere Zeit hinziehen kann.“
„Hm, ich habe das Gefühl, Sie können mich nicht leiden. Jedesmal, wenn ich hierherkomme, wollen Sie mich wieder loswerden.“
Fräulein Sargund versucht zu lächeln. „Ich habe nichts gegen Sie... aber schließlich kann ich ja die augenblickliche Besucherin nicht Ihretwegen hinauswerfen...“
„Na gut... ich werde halt warten... aber sagen Sie Doktor Björnson, daß es sich um eine wichtige Angelegenheit handelt... Und noch etwas: Dürfte ich Sie persönlich um eine Gefälligkeit bitten?“
Fräulein Sargund macht ein Gesicht, als habe Patò sie um ihren Kopf gebeten. Während sich der Detektiv erhebt, beschwichtigt er sie: „Keine Angst, Sie sollen nicht für mich einbrechen gehen... hier, auf diesem Zettel habe ich ein paar Adressen aufgeschrieben. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir diese mit der Maschine auf einen weißen Bogen schreiben würden... Wissen Sie, ich bin ein bißchen liederlich. Und dann passiert es mir immer wieder, daß ich handgeschriebene Notizen einfach wegwerfe... Dagegen habe ich vor allem, was mit Maschine geschrieben ist, einen heillosen Respekt.“ Er beugt sich vertraulich vor. „Die Technik flößt mir Ehrfurcht ein!“ Dazu legt er sein Gesicht in andachtsvolle Falten wie jemand, der zum erstenmal vor dem Eiffelturm steht.
Einen Augenblick zögert Fräulein Sargund. Dann streckt sie die Hand aus und sagt: „Na schön... geben Sie her...!“
Hoheitsvoll schwebt sie hinaus. Patò setzt sich zufrieden wieder hin...
Eine halbe Stunde ist vergangen. Henry Patò nähert sich langsam, aber sicher dem Zustand der Ungeduld. Er sitzt längst nicht mehr in seinem Korbsessel. Fünf Schritte hin — fünf Schritte zurück... fünf hin — fünf zurück...
Vor wenigen Minuten hatte ihm die Sekretärin die gewünschten Anschriften gebracht. Auf seine Frage, wie lange er noch warten müsse, hatte sie nur mit den Schultern gezuckt...
10 Uhr 15. Patò wartet bereits über eine Stunde, als sich endlich die Tür öffnet und Björnson mit ausgestreckten Händen hereintritt.
„Es tut mir aufrichtig leid, lieber Herr Patò, aber die Dame kam eigens aus Sonderburg... Ich konnte sie unmöglich warten lassen...“
„Ich war schon kurz vor dem Explodieren, Doktor“, blitzt Patò den Notar an.
„Aber, aber, so schlimm wird es doch nicht gewesen sein...“ Patò weist auf die Sessel und brummt unwillig: „Wenn Sie wenigstens schweigsame Sitzgelegenheiten hätten. Aber auf diesen Dingern kann man ja nicht einmal in Ruhe schlafen...“
Björnson lacht und zieht Patò in sein Büro. Dabei erkundigt er sich: „Was macht Ihr gelber Elefant?“
„Gelber Elefant?“ fragt Patò verdutzt zurück...
„Ich meine das gelbe Krokodil“, verbessert sich Doktor Björnson und nötigt Patò auf einen Stuhl.
„Das gelbe Krokodil... ja, deshalb bin ich hier.“
„Haben Sie sich überzeugen können, daß es sich nur um einen Scherz des Verstorbenen handelte?“
Patò schüttelt ablehnend den Kopf. Dann streicht er sich die dabei in Unordnung geratene graue Mähne wieder zurecht.
„Im Gegenteil, lieber Doktor... Noch heute werde ich Ihnen den Mann zeigen, der das gelbe Krokodil verschwinden ließ...“
Stille folgt diesen Worten. Björnson starrt wie hypnotisiert den Detektiv an.
„Nein...“stammelt er überwältigt, „es hat diese Figur tatsächlich gegeben?“
„Ja!“
„Und Sie haben herausgefunden, wer sie verschwinden ließ?“
„Ja!“
Björnson kann es immer noch nicht fassen. Dann gibt er sich einen Ruck und geht auf Patò zu. Er hält ihm die Hand hin.
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