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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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als die Frau saß in einem Lehnsessel. Das runde Gesicht war zerfurcht, er trug Arbeitsschuhe und einen blauen Overall mit der Aufschrift MENDEZ MECHANICS. Er rauchte eine Zigarre und hatte eine Flasche mexikanisches Bier in der Hand.
    »Wer sind Sie?« Wegen der Lachstürme im Fernsehprogramm war er schwer zu verstehen. »Wie ich Ihrer Frau bereits sagte, heiße ich …«
    »Ja. Jeff Walker. Aber wer sind Sie wirklich?«
    »Verzeihung, ich verstehe nicht.« Juanas Mutter wurde unruhig. »Ich bin ein Bekannter Ihrer Tochter«, antwortete Buchanan. »Das behaupten Sie. Nennen Sie mir ihren Geburtstag.«
    »Warum in aller Welt …«
    »Beantworten Sie meine Frage. Wenn Sie tatsächlich ein so guter Bekannter sind, dann wissen Sie, wann Juana Geburtstag hat.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, im Mai – am zehnten.«
    »Stimmt, aber das kann man in den Akten nachlesen. Ist sie gegen etwas allergisch?«
    »Señor Mendez, was soll das? Ich habe Juana seit einigen Jahren nicht gesehen. Es fällt mir schwer, mich plötzlich zu erinnern …«
    »Das dachte ich mir.«
    »Ich erinnere mich, sie hatte Probleme mit Koriander. Das hat mich gewundert, denn es ist in der lateinamerikanischen Küche ein gängiges Gewürz.«
    »Muttermale?«
    »Das geht zu weit.«
    »Beantworten Sie die Frage.«
    »Sie hat eine Narbe am rechten Bein, ganz oben, fast an der Hüfte. Sie stammt von einer Verletzung – sie ist als Kind über einen Stacheldrahtzaun geklettert. Was kommt nun noch? Wollen Sie auch wissen, wieso ich die Narbe kenne? Ich hätte nicht herkommen sollen. Ich hätte Freunde von Juana fragen sollen, ob sie etwas über sie wissen.«
    Buchanan wandte sich zur Tür.
    »Pedro!« rief Anita scharf.
    »Warten Sie«, sagte der Vater. »Bitte, bleiben Sie, wenn Sie tatsächlich ein Freund meiner Tochter sind.«
    Buchanan nickte.
    »Ich habe Ihnen diese Fragen gestellt, weil …« Pedro war völlig durcheinander. »In den letzten zwei Wochen haben sich schon drei Freunde nach Juana erkundigt. Allesamt Burschen wie Sie. Keiner der Männer hatte sie in den letzten Jahren getroffen. Anders als Sie, kannte sie keiner näher. Einer behauptete gar, mit ihr in Fort Bragg ausgebildet worden zu sein. Dabei war Juana nie dort stationiert. Ein anderer hatte angeblich mit ihr das College in San Antonio besucht und war verwirrt, als ich ihn nach dem Namen fragte. Er schien auch nicht zu wissen, daß sie das College gewechselt hatte – was jeder ihrer Freunde wußte.«
    Buchanan schüttelte den Kopf. Offenbar hatte ein dilettantischer Spürhund die Aktion nur überflogen, anstatt gerade auf die Details zu achten.
    »Der dritte war angeblich mit ihr ausgegangen, als sie zusammen in Fort Sam Houston beschäftigt waren. Als wir fragten, warum wir ihn nie kennengelernt hatten, blieb er die Antwort schuldig. Sie konnten da wenigstens Auskunft geben und wußten sogar Persönliches. Also, noch einmal: Jeff Walker, wer sind Sie, und haben Sie eine Ahnung, ob Juana in Gefahr ist?«
    Buchanan mußte rasch eine schwere Entscheidung treffen. Pedro Mendez wollte ihn ins Vertrauen ziehen. Oder wollte er ihm bloß eine Falle stellen? Wenn Buchanan den wahren Anlaß seines Besuchs nannte, könnte Pedro ihn für einen weiteren falschen Freund halten, der nach Juana fahndete.
    Er beschloß, das Risiko einzugehen. »Ich fürchte, daß sie in Gefahr ist.«
    Pedro stieß die Luft aus, als hätte er endlich erfahren, was er wollte, obwohl ihn die Information erschreckte.
    »Ich habe es geahnt«, sagte Juanas Mutter. »Was für eine Gefahr ist das? Reden Sie! Wir ängstigen uns zu Tode.«
    »Anita, sprich nicht über Tod.« Pedro wiederholte die Frage seiner Frau: »Was für eine Gefahr ist das?«
    »In der vergangenen Woche erhielt ich eine Nachricht von Juana. Sie war etwas vage, damit nur ein Eingeweihter verstehen konnte, was sie schrieb. Sie brauchte ganz dringend Hilfe. In New Orleans gibt es ein Restaurant, das wir beide sehr gern hatten. Ohne es zu erwähnen, bat sie, mich dort mit ihr zu treffen. Da sie nicht erschien, muß etwas nicht in Ordnung sein. Deshalb bin ich hierher gekommen, denn Sie sind die einzigen, über die ich vielleicht Verbindung mit ihr aufnehmen kann. Ich dachte, Sie hätten eine Ahnung, was los ist.«
    Die beiden schwiegen.
    Endlich sprach Anita. »Nein. Wir machen uns bloß Sorgen, weil sie sich ganz anders als sonst benommen hat. Seit einem Dreivierteljahr haben wir nichts von ihr gehört. Im allgemeinen ruft sie einmal in der Woche an,

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