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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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attraktiven, ovalen Gesicht. Die ausdrucksvollen dunklen Augen, die ihn an Juana erinnerten, verrieten Intelligenz und Einfühlungsvermögen. Weder am Briefkasten noch unter der Klingel gab es ein Namensschild.
    Sie schloß auf und öffnete die Tür, ohne die Sicherheitskette zu lösen. Sie sprach durch den schmalen Spalt.
    »Ja?«
    »Señora Mendez?«
    »Sí.«
    » Perdone. Ich weiß, es ist schon spät. Ich heiße Jeff Walker und bin ein Bekannter Ihrer Tochter.« Buchanan hatte auf dem Defense Language Institute in Monterey, California, Spanisch gelernt, um sich auf den Einsatz in Mexiko vorzubereiten. »Ich habe sie seit ein paar Jahren nicht gesehen und weiß nicht, wo sie jetzt lebt. Ich halte mich einige Tage in der Stadt auf und … Nun, ich hoffte, daß sie hier ist. Können Sie mir helfen?«
    Sie betrachtete ihn mit gewissem Mißtrauen, das durch Wohlwollen gemildert war, weil er sich ihrer Muttersprache bediente. Von Juana wußte er, daß ihre Eltern, obwohl zweisprachig, das Spanische vorzogen und es nicht mochten, wenn Amerikaner sie zwangen, sich englisch zu unterhalten.
    »Conoce a mi hija?«
    » Si , ich kenne Ihre Tochter.« Er sprach weiter spanisch. »Wir waren hier in Fort Sam Houston stationiert.« Das war nur Tarnung für ihre eigentliche Aufgabe im militärischen Nachrichtendienst und bei den Special Forces in Fort Bragg gewesen. »Wir sind prima miteinander ausgekommen, manchmal sind wir ausgegangen. Schade, daß die Verbindung abgerissen ist, doch ich war eine Zeitlang in Übersee … Ich würde Juana sehr gern guten Tag sagen.«
    Ihr Mißtrauen war noch nicht überwunden. Sie hätte ihn nicht so lange angehört, wenn er nicht spanisch gesprochen und Fort Sam Houston erwähnt hätte. Er mußte seine Glaubwürdigkeit noch auf andere Art beweisen. »Haben Sie noch Ihren Hund, den Golden Retriever? Wie hieß er bloß – Pepe. Juana hat diesen Hund geliebt! Wenn sie nicht über Baseball sprach, dann von Pepe. Wenn sie dienstfrei hatte, hat sie ihn gern am Fluß ausgeführt.«
    Die Mutter wurde zugänglicher. »Pepe ist im letzten Jahr gestorben.«
    »Ach, das tut mir aber leid, Señora. Ein Haustier zu verlieren ist fast wie …«
    »Sie sagten, Sie heißen Jeff Walker?«
    »Ja, richtig.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, daß sie von Ihnen gesprochen hat.«
    »Na ja, sechs Jahre ist eine lange Zeit. Dafür hat mir Juana eine Menge über Sie erzählt. Daher weiß ich, daß Sie die besten Geflügel- fajitas in der ganzen Stadt zubereiten.«
    Sie lächelte leise. »Sie waren Juanas Lieblingsgericht.« Das Lächeln verschwand wieder. »Ich könnte mich erinnern, wenn ich Sie schon einmal getroffen hätte. Warum hat Juana Sie nie zu uns eingeladen?«
    Buchanans Beunruhigung wuchs. Warum stellt sie all diese Fragen? Was zum Teufel ist hier los?

4
     
    Zwei Blocks weiter parkte ein grauer Lieferwagen mit foliebeschichteten Scheiben vor einem Haus, das auf einem Schild im Vorgarten zum Verkauf angeboten wurde. Das Auto stand bereits seit einigen Tagen dort, und die Nachbarn hatten sich nicht besorgt gezeigt. Sie fühlten sich eher beruhigt, denn der Fahrer, ein Privatdetektiv, hatte bei allen Anliegern vorgesprochen und erklärt, Vandalismus im Wohngebiet habe eine Wachgesellschaft auf Veranlassung ihrer hiesigen Kunden dazu bewegen, einige Häuser observieren zu lassen, vor allem das leerstehende Gebäude, das sich als Ziel für solche Übeltäter geradezu anbot. Hätten die Nachbarn die auf der Geschäftskarte angegebene Telefonnummer gewählt, wäre ihnen von einer Sekretärin mitgeteilt worden, daß die Auskunft ihres Mitarbeiters stimmte. Natürlich hätte die Sekretärin verschwiegen, daß sie in einem fast kahlen Büroraum in der Innenstadt saß und daß es die Firma vor zwei Wochen noch gar nicht gegeben hatte.
    Duncan Bradley, der Detektiv, war achtundzwanzig Jahre alt, groß und schlank, trug Turnschuhe und einen baumwollenen Jogginganzug. Er bevorzugte legere Kleidung, denn bei längeren Überwachungen war sie bequem, und sein jetziger Auftrag versprach sehr lange zu laufen.
    Er und sein Kollege arbeiteten in Zwölfstundenschichten, weshalb der Lieferwagen mit einer Kochgelegenheit und einer Toilette ausgestattet war. Die Arbeitsbedingungen waren denkbar beengt. Im Augenblick sah Duncan auf den Monitor einer Minifernsehkamera, die auf dem Dach des Wagens installiert und als Lüftungshaube getarnt war. Die Kamera war mit einem so hochleistungsfähigen Objektiv ausgerüstet, daß das

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