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Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition)

Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition)

Titel: Der Mann ohne Eigenschaften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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wieder zusammengenommen.
    »Nehmen wir an, Sie werden Hans heiraten.«
    »Aber ich will ihn gar nicht heiraten!«
    Irgend ein Ziel muß man haben; Sie können nicht auf die Dauer von dem Gegensatz zu Ihren Eltern leben.«
    »Ich werde einmal aus dem Haus gehn, selbständig sein, und wir werden Freunde bleiben!«
    »Ich bitte Sie aber, liebe Gerda, nehmen wir an, daß Sie mit Hans verheiratet sein werden oder etwas Ähnliches; es läßt sich bestimmt nicht vermeiden, wenn alles so weitergeht. Und nun machen Sie sich einen Plan, wie Sie sich in weltabgewandtem Zustand morgens die Zähne putzen und Hans eine Steuervorschreibung empfangen wird.«
    »Muß ich das wissen?«
    »Ihr Papa würde Ja sagen, wenn er von weltabgekehrten Zuständen eine Ahnung hätte; die gewöhnlichen Menschen verstehen es leider, die ungewöhnlichen Erlebnisse in ihrem Lebensschiff so tief am Kiel zu verstauen, daß sie sie niemals bemerken. Aber nehmen wir eine einfachere Frage: Werden Sie von Hans verlangen, daß er Ihnen treu sei? Treue gehört zum Komplex des Besitzes! Ihnen müßte es recht sein, wenn Hans an einer anderen Frau seine Seele steigert. Ja Sie müßten das, nach den Gesetzen, die Sie ahnen, sogar als eine Bereicherung Ihres eigenen Zustands empfinden!«
    »Glauben Sie nur nicht,« antwortete Gerda »daß wir über solche Fragen nicht selbst sprechen! Man kann nicht mit einem Schritt ein neuer Mensch sein; aber es ist sehr bürgerlich, daraus einen Gegengrund zu machen!«
    »Ihr Vater verlangt eigentlich etwas ganz anderes von Ihnen, als Sie glauben. Er behauptet nicht einmal, daß er in diesen Fragen gescheiter sei als Sie und Hans; er sagt einfach, daß er nicht verstehe, was Sie tun. Aber er weiß, daß Gewalt eine sehr vernünftige Sache ist; er glaubt daran, daß sie mehr Vernunft hat als Sie und er und Hans zusammen. Wenn er Hans nun Geld böte, damit der ohne alle Sorgen seine Studien endlich vollende? Ihm nach einer Probezeit wenn schon nicht die Heirat so doch den Wegfall eines grundsätzlichen Nein verspräche? Und nur die Bedingung daran knüpfte, daß bis zum Schluß der Probezeit jeder Verkehr zwischen Ihnen unterbleibe, ganz und gar jeder, also auch der, den Sie jetzt haben?!«
    »Und dazu haben Sie sich hergegeben?!«
    »Ich habe Ihnen Ihren Papa erklären wollen. Er ist eine finstere Gottheit von unheimlicher Überlegenheit. Er glaubt, daß Geld Hans dorthin bringen würde, wo er ihn haben will, zur Vernunft der Wirklichkeit. Ein Hans mit einem umgrenzten Monatseinkommen könnte nach seiner Meinung unmöglich mehr grenzenlos töricht sein. Aber vielleicht ist Ihr Papa ein Phantast. Ich bewundere ihn, so wie ich Kompromisse, Durchschnitte, Trockenheit, tote Zahlen bewundere. Ich glaube nicht an den Teufel, aber wenn ich es täte, würde ich ihn mir als den Trainer vorstellen, der den Himmel zu Rekordleistungen hetzt. Und ich habe ihm versprochen, Ihnen so zuzusetzen, daß von Ihren Einbildungen nichts übrig bleibt, wenn nicht – eben Wirklichkeit.«
    Ulrich hatte keineswegs ein gutes Gewissen bei diesen Worten. Gerda stand flammend vor ihm, in ihren Augen waren Tränen und Zorn hintereinander geschichtet. Mit einemmal war freie Bahn für sie und Hans geschaffen. Aber hatte Ulrich sie verraten, oder wollte er ihnen helfen? Sie wußte es nicht, und beides zeigte sich geeignet, sie ebenso unglücklich wie glücklich zu machen. In ihrer Verwirrung mißtraute sie ihm und empfand mit Leidenschaft, daß er ein ihr im Heiligsten verwandter Mensch sei, der es bloß nicht zeigen wolle.
    Er fügte hinzu: »Ihr Vater wünscht natürlic h heimlich, daß ich mich inzwischen um Sie bewerben und Sie auf andere Gedanken bringen solle.«
    »Das ist ausgeschlossen!« stieß Gerda mühsam hervor.
    »Das ist zwischen uns wohl ausgeschlossen« wiederholte Ulrich sanft. »Aber so wie bisher kann es auch nicht weitergehn. Ich bin schon zu weit vorgebeugt.« Er versuchte zu lächeln; er war sich dabei im höchsten Grade widerwärtig. Er wollte wirklich alles das nicht. Er fühlte die Unentschlossenheit dieser Seele und verachtete sich, weil sie in ihm Grausamkeit erregte.
    Und in der gleichen Sekunde sah ihn Gerda mit entsetzten Augen an. Sie war plötzlich so schön wie ein Feuer, dem man zu nah gekommen ist; fast ohne Gestalt, nur eine Wärme, die den Willen lähmt.
    »Sie sollten einmal zu mir kommen!« schlug er vor. »Hier kann man nicht so sprechen, wie man will.« Die Leere der männlichen Rücksichtslosigkeit strömte ihm durch

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