Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Pub verbracht hatte. Meine Zeit der Saufgelage fand ein abruptes Ende, als ich Irland 2002 verließ und für einige Jahre zum Abstinenzler wurde; dennoch genoss ich es wirklich, mich an nasskalten Winterabenden mit Freunden auf ein paar Bierchen zu treffen. Wir gingen in Kneipen mit einem großen Kaminfeuer und tranken, während wir philosophierten, sangen oder eine Partie Schach spielten. Oder ich ging ins Kino, legte eine DVD in den Laptop (ich habe mir seit 2003 selbst ein Fernsehverbot auferlegt, weil ich dazu neigte, Stunden vor der Glotze zu verbringen und mir absoluten Müll anzusehen), hörte Musik oder rief Freunde an.
Mir wurde schnell klar, dass nichts von alledem jetzt möglich wäre, mit der Ausnahme, Freunde zu treffen. Und selbst das würde extrem schwierig werden, da ich knapp 30 Kilometer entfernt von ihnen lebte, als Transportmittel nur ein Fahrrad hatte und es um 16:30 Uhr dunkel wurde. Ich mag meine Freunde, aber ich würde keine Fahrt von insgesamt 58 Kilometer bei Wind und Regen, bergauf und bergab im Dunkeln in Kauf nehmen, um sie jeden Abend zu sehen.
Ich versuchte, so oft wie möglich in die Stadt zu fahren. Wenn ich dort war, hielt ich mich meist bei meinen Freunden Cathy, Eric oder Francene auf. Alle drei unterstützten mein Vorhaben sehr. Cathy und Eric hatte ich kennengelernt, nachdem sie über die Freeconomy-Website Kontakt mit mir aufgenommen hatten, und Francene war Fergus’ Exfreundin. Obwohl mein Verstand mir sagt, dass Städte an sich unvertretbare Lebensmodelle sind und die Verschmutzung und der Stress, die anscheinend unvermeidlich dazugehören, wirklich ungesund sind, muss ich zugeben, dass ich Bristol liebe, vor allem weil dort einige fantastische und inspirierende Menschen leben. Viele von ihnen arbeiten in Projekten wie »Transition Towns«, einer Bewegung, deren Zweck darin besteht, stabile Gemeinschaften zu bilden, indem sie den »Übergang« von unserer Abhängigkeit vom Erdöl hin zu einem nachhaltigeren Leben vollziehen.
In den ersten Wochen hatte ich keine Ahnung, wie ich meine Freizeit gestalten sollte. Ich hatte mich schon lange an das Leben in der Stadt gewöhnt, wo alles Erdenkliche mit Preisschild dran im Schaufenster auf einen wartet. Durch das Leben auf dem Land fühlte ich mich isoliert, und der öffentliche Nahverkehr war eine Katastrophe. Den Bus hätte ich ohnehin nicht benutzen können, aber es war auch schwierig, meine Freunde dazu zu bewegen, mich im Winter in meinem Wohnwagen zu besuchen, da keiner von ihnen so gern Fahrrad fährt wie ich. Als Zweites wurde mir klar, dass sich das Problem von allein löste – viel Freizeit würde ich sowieso nicht haben!
Das Problem der platten Reifen
Meine Freunde möglichst oft zu treffen, bedeutete, dass ich ganz schön viel mit dem Fahrrad fuhr. Und weil ich keine gute, effiziente Abfallsammelpraktik eingeführt hatte, fuhr ich im Durchschnitt bald knapp 100 Kilometer pro Woche. Während viele der Fahrten über Land gingen, schien es, als hätte ich jedesmal, wenn ich in die Stadt kam, einen Platten. Einen Platten hat man immer im ungünstigsten Moment, aber um neun Uhr abends, an einem nasskalten Wintertag, der noch dazu körperlich anstrengend gewesen ist, macht es noch weniger Spaß. Innerhalb von drei Wochen hatte ich die wenigen Flicken, die ich vor meinem Jahr ohne Geld angeschafft hatte, aufgebraucht, und neues Reifenflickzeug zu kaufen, kam nicht in Frage. Ich versuchte, die Reifen mit altem Linoleum zu verstärken, damit sich keine spitzen Gegenstände mehr hineinbohren konnten, doch die kleinen Stücke, die vom Linoleum abblätterten, vergrößerten das Problem nur noch.
Auf der Suche nach einer Alternative stieß ich auf Green Tyres, eine Firma, die Reifen herstellte, mit denen man keinen Platten bekam. Sie nutzt Solarenergie für ihre Produktion und stellte am Anfang Langzeitarbeitslose ein. Ich bewunderte wirklich ihr Firmenethos und die Tatsache, dass dank ihres Produkts die unnötige Verwendung von Ressourcen für neue Fahrradschläuche und Flickzeug vermieden werden konnte. Ich schrieb einen Blog über sie, damit diejenigen, die Geld benutzen, davon profitieren konnten, auch wenn ich es nicht konnte. Sue Marshall, die Geschäftsführerin von Green Tyres, war so dankbar, dass sie mir in einer E-Mail mitteilte, sie werde mir einige neue Reifen per Post zukommen lassen. Das war eine Lösung, die mir überhaupt nicht als Möglichkeit in den Sinn gekommen war, aber es war eine großartige Erinnerung
Weitere Kostenlose Bücher