Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Testmuster in Läden einsammeln, in denen üblicherweise Toilettenartikel verkauft werden, aber das empfehle ich nicht. Die Muster sind zwar kostenlos, aber viel umweltschädlicher als wenn man eine große Packung kauft.
Sie könnten es so wie ich machen und gar nichts benutzen. Wenn ich Leuten das erzähle, weichen sie meist ein paar Schritte zurück. Dann lasse ich sie den »Achseltest« machen und kurz unter meinen Armen schnüffeln, um sie davon zu überzeugen, dass man keine Seife braucht, um sauber zu sein. Seit ich keine Seife mehr benutze, ist meine Haut viel gesünder. Und da sie nicht mehr trocken ist, muss ich auch keine Feuchtigkeitslotion mehr verwenden. Schon lange bevor ich ohne Geld war, hatte ich kein Duschgel mehr benutzt, weil mir klar geworden war, dass das sehr schlecht für meine Haut war und ich eher schlechter roch, es sei denn, ich duschte jeden Tag. Die gleichen Firmen, die Gesichtsreiniger verkaufen, verkaufen auch Feuchtigkeitspflege. Sie verkaufen nicht nur ein Produkt, das der Haut Feuchtigkeit und natürliche Fette nimmt, sie verkaufen auch eines, das ihr beides wieder zuführt.
Wer einen Haarschnitt möchte, sollte bei den Friseuren vor Ort ins Schaufenster sehen. Viele von ihnen suchen Modelle für ihre Lehrlinge und Gesellen. Allerdings braucht man hierfür etwas Vertrauen!
Ein typischer Tag in einem Leben ohne Geld
Allmählich fand ich meinen Rhythmus im Leben ohne Geld. Bis zum Ende der Woche hatte ich mir eine gewisse Routine angeeignet. Ich bin ein absoluter Morgenfan, also beginne ich den Tag um fünf Uhr mit Haferflocken und meinen persönlichen Morgengedanken. Der aus einheimischem Anbau stammende Hafer gibt mir physische Kraft, und die Gedanken stärken mich mental und versetzen mich für den Tag in die richtige Gemütsverfassung.
Ohne Geld zu leben bedeutet, dass ich nicht mehr ins Fitnessstudio gehen kann. Stattdessen mache ich gegen 5:20 Uhr 120 Liegestütze, um mich aufzuwärmen und meinen Blutkreislauf anzukurbeln. Strotzend vor Energie und bewaffnet mit meiner Kurbeltaschenlampe mache ich mich auf die Suche nach wild wachsenden Lebensmitteln. In einem Anflug von Wahnsinn hatte ich beschlossen, mein Jahr genau mit dem Anfang der »Hungerperiode« zu beginnen, der Jahreszeit, zu der es im Gemüsegarten sehr wenige frische Sachen gibt. Meine winterliche Ausbeute bestand hauptsächlich aus Mispeln, Giersch, Wiesenkerbel, Kiefernnadeln für den Tee, Löwenzahnblättern, Brennnesseln und allen essbaren Pilzen, die ich finden konnte. Der Wolkenohrpilz ist meine Lieblingssorte, ein violetter bis dunkelbrauner, gummiartiger, ohrmuschelähnlich geformter Pilz. Er hat eine tolle Konsistenz, und ich nenne ihn mein veganes Fleisch. Dieser Pilz wächst meist auf toten Holunderbäumen, obwohl man ihn auch auf Buchen und Ulmen findet. Mein Wohnwagen ist umgeben von toten Holunderbäumen, daher habe ich einen recht konstanten Nachschub. Der Pilz ist auch bekannt als Judasohr. Einer Legende nach erhängte sich Judas, jener Apostel, der Jesus für dreißig Silberlinge verraten haben soll, an einem Holunderbaum. Ich ernte auch etwas von dem Grünkohl und dem violetten Brokkoli, die ich anbaue – die sind zwar nicht wild, aber dafür frisch und lecker und außerdem äußerst wichtig, um die Hungerperiode zu überstehen.
Gegen sechs Uhr gehe ich zurück zu meinem Wohnwagen. Da ich netzunabhängig lebe, kann ich nicht einfach den Kessel auf den Herd stellen und diesen anschalten, also heize ich erst mal meinen Raketenofen an. Während ich zusehe, wie die Sonne am östlichen Horizont aufgeht, und höre, wie die Vögel zu zwitschern anfangen, koche ich die Brennnesseln auf und gieße das Gebräu in meine Thermosflasche, damit ich den ganzen Tag über Tee habe. Als Nächstes ist eine ganz normale Hausarbeit dran, das Abwaschen. Der nicht so normale Teil daran ist, dass ich erst mal das Eis in meinem improvisierten Außenwaschbecken zerbrechen muss. Zu dieser Jahreszeit ist es in dem Tal, in dem ich lebe, am frühen Morgen wirklich kalt. Das Wasser ist eisig, aber die Aussicht ist großartig.
Bevor es hell wird, benutze ich meine Komposttoilette. Mein Modell hat weder einen Toilettensitz noch eine Schüssel, was bedeutet, dass ich in die Hocke gehen muss. In östlichen Gefilden ist das üblich; dort wird dies als die ideale Position zum Reinigen des Darms angesehen. Es ist die Position, in der wir praktisch seit Menschengedenken unseren Darm entleeren. Unser Körper hat sich nicht mit der
Weitere Kostenlose Bücher