Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
auch kein Essen gegeben. Wir stellten drei Teams zusammen, die in der freien Natur nach Nahrungsmitteln suchen sollten. Eines wurde von Fergus geleitet, eines von Andy und das dritte von James, der sich auch bereit erklärte, seiner Mannschaft beizubringen, wie man Äpfel sammelt und Apfelsaft für die Veranstaltung presst.
Außerdem wurden drei Abfallsammelteams zusammengestellt. Die Leitung übernahmen Cai und Abby, unsere erfahrensten Abfallsammler. Cai konnte 4,50 Meter hohe Wände hochklettern und Laternenpfähle so herunterrutschen, dass ich glaubte, er sei bei der Feuerwehr oder im Zirkus in die Lehre gegangen. Unsere Idee war, die Nahrungsmittelbeschaffung für das Fest damit zu verbinden, dass wir anderen beibrachten, wie man in der freien Natur und in Müllcontainern nach Nahrung sucht. Davon profitierten beide Seiten in höchstem Maße. Ich bin ein großer Anhänger des »Learning by Doing«, und genau das passierte hier.
Bei der ganzen Veranstaltung ging es darum, sich weiterzubilden und seine Fähigkeiten anderen zu vermitteln. Einige derjenigen, die am Veranstaltungstag kochten, waren ausgebildete Küchenchefs, andere hatten noch nicht mal ansatzweise für so viele Menschen gekocht und manche kaum für den Eigenbedarf. Dies war das erste Mal, dass ich versuchte, eine Küche aus dem Nichts aufzubauen, und ich lernte innerhalb kürzester Zeit sehr viel. Alles, vom Regulieren des Gases bis hin zum Logistikaufwand, eine ganze Küche an einem Tag an einer Location aufzubauen und sie am nächsten Tag wieder zurückzuschicken, und das ohne einen einzigen Penny auszugeben.
Während die Nahrungssucher und Müllsammler damit beschäftigt waren, in der freien Natur und in Müllcontainern nach Lebensmitteln zu suchen, kontaktierte ich Lebensmittelgeschäfte und Organisationen vor Ort. Ich traf mich mit Pete und Jacqui, zwei Organisatoren von Fareshares, Zweigstelle Bristol, um herauszufinden, ob sie mitmachen wollten. Ich bewunderte das, was sie taten, sehr. Genau wie alle anderen, mit denen wir sprachen, sagten Pete und Jacqui mit großer Begeisterung zu. Fareshares hat offizielle Beziehungen zu einigen Supermärkten etabliert. Wann immer diese Märkte wissen, dass sie einige ihrer Lebensmittel nicht werden verkaufen können, holt Fareshares sie ab und bringt sie dorthin, wo die Leute ohne sie vermutlich nicht überleben würden, zum Beispiel ins Obdachlosenheim. Doch manchmal blieben selbst bei Fareshares so viele Lebensmittel übrig, dass sie sie loswerden mussten. Sie halfen gern, und ich versprach, sie in allen Interviews, die ich an diesem Tag gab, namentlich zu erwähnen. Von Fareshares bekamen wir alles Mögliche: von Brot (rund 200 Biobrote) über Bohnen und dem studentenfutterähnlichen exotischen »Bombay Mix« als Snack bis hin zu 300 Gläsern als Leihgabe. Ihr Beitrag war am Ende eine volle Lieferwagenladung von mehreren Tonnen Lebensmitteln, genug für die Grundlagen des Festmahls.
Ich nahm Kontakt zu einigen Lebensmittelgroßhändlern im Ort auf, die auch frustriert waren, weil sie vom Gesetz her dazu verpflichtet waren, verwertbare Lebensmittel wegzuwerfen. Essential, ein Naturkostladen in der Gegend, versorgte uns mit einigen Sachen, die wir von Fareshares nicht bekommen konnten: Couscous, Bulgur, Reis, Mehl, Nachos, Reis- und Sojamilch, Chips, Schokolade und riesige Beutel anderer Snacks. Entweder wir hatten Glück, oder unser derzeitiges Lebensmittelsystem ist extrem verschwenderisch. Meine Erfahrung sagte mir, dass Letzteres zutraf.
Eine wichtige Zutat fehlte noch: Alkohol. Doch Andy Hamilton und ein Team von fröhlichen Heimbrauern standen bereit. Drei Wochen vor dem Kauf-nix-Tag 2009 hatten sie sich daran gemacht, rund 400 Liter Bier zu brauen. Sie stellten alle möglichen Sorten her: Melasse-Bier und Schafgarben-Ale bis hin zu einem würzigen Gebräu, das Inhaltsstoffe wie Zimt enthielt, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie zu einem alkoholischen Getränk passen. Aber sie taten es. Alle Bräue gelangen fantastisch. Aus ihren Hausbars spendeten Leute dazu etliche Liter Spirituosen. Unsere Party war jetzt amtlich.
Francene, Fergus, Cai und ich gingen am Abend vor dem Festival los. Nachdem wir einige Male in eine Sackgasse geraten waren, machten wir einen tollen Fang: 700 Gläser Fairtrade-Bioschokoladenaufstrich, für den wir einige Wochen zuvor im Laden hätten 2000 Pfund bezahlen müssen. Da er im Grunde in erster Linie aus Zucker besteht, hätte er sich noch fünf Jahre gehalten.
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