Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Langzeitvisionen für das Freeconomy-Projekt mit sich brachten, und zum Teil auch daran, dass ich das Gefühl hatte, eine Pause zu brauchen. Ohne Geld zu leben, war nicht so schwer, wie ich es mir zu Anfang vorgestellt hatte, aber dies in einer Gesellschaft zu tun, die nur vom Wunsch nach immer mehr getrieben ist, fühlte sich an, als würde ich gegen einen starken Strom schwimmen. Allerdings fand ich das Festival so inspirierend, dass ich beschloss, meine endgültige Entscheidung auf später zu verschieben. Meine Gefühle schlugen hohe Wellen, und ich hatte den Eindruck, dass sich die Dinge ein wenig setzen mussten. Egal, in welche Richtung ich ging, es wäre eine Lebensentscheidung großer Tragweite.
Weitermachen oder nicht weitermachen?
Mein Leben war seit zwei Monaten wahnsinnig anstrengend. Ich hatte gar keine Gelegenheit gehabt, richtig darüber nachzudenken, ob ich nach dem offiziellen Ende meines Jahres weiterhin ohne Geld leben wollte. In mancher Hinsicht war die Entscheidung einfach, und doch war ich bis zum letzten Tag hin- und hergerissen. Mein Herz – und viele Teile meines Kopfes – sagten deutlich Ja. Ich hatte mich nie zuvor in meinem Leben glücklicher, gesünder und fitter gefühlt. Warum in ein weniger erfreuliches Leben zurückkehren?
Doch das Leben ist selten ganz schwarz oder ganz weiß. Ich hatte wenige Wochen zuvor einen Vertrag über ein Buch abgeschlossen, was bedeutete, dass Geld auf mich wartete. Das Buch würde gegen Geld verkauft werden, egal, wozu ich mich entschloss. Und ich würde Tantiemen bekommen, die ich nach Belieben verwenden konnte. Ich musste mich entscheiden, was ich mit den Erlösen anstellen wollte:
Ich überlasse dem Verlag das Geld. Das hätte meiner Agentin Sallyanne überhaupt nicht gefallen! Sie hatte mich das ganze Jahr über toll betreut und mir erlaubt, Honorare abzulehnen, die ich normalerweise mit ihr geteilt hätte. Und sie hatte enorm viel redaktionelle Arbeit in das Buch gesteckt.
Ich überlasse meiner Agentin alle Erlöse. Ich bin sicher, darüber hätte sich Sallyanne sehr gefreut!
Ich gebe die Erlöse an ein Projekt, das ich unterstützen will.
Ich richte einen Treuhandfonds ein, um ein Stück Land für die erste »echte« Freeconomy Community zu erwerben. Sollte ich mich dafür entscheiden, würde das Land, wie ich entschied, nicht mir gehören, und die Community würde im Konsens durch ihre Mitglieder geleitet.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, also postete ich einen Blog auf der Freeconomy-Community-Website, um mich beraten zu lassen. Die Resonanz war so groß wie selten. Mehr als 500 Leute gaben entweder Kommentare ab oder schickten mir eine E-Mail.
Die Entscheidung
Das Ergebnis war überwältigend. Rund 95 Prozent drängten mich, mich für Option vier zu entscheiden. (Vielleicht wollten sie eine Anlaufstelle haben und ab und zu kostenlos übernachten!) Ich traf die große Entscheidung: Ich würde mich der mehrheitlichen Meinung der Freeconomy-Mitglieder anschließen und in der Zwischenzeit so lange wie möglich weiterhin ohne Geld leben.
Ich musste mir auch einige – wenngleich wohlgemeinte – Kritik von den fünf Prozent anhören, die wollten, dass ich mich für Option drei entschied. Mit dieser Kritik konnte ich schwer umgehen, kam sie doch von Menschen, die ich respektierte und, was noch wichtiger war, mit denen ich fast uneingeschränkt einer Meinung war. Im Herzen waren sie Idealisten, genau wie ich. Über die Jahre habe ich jedoch gelernt, den Idealisten in mir regelmäßig mit dem Realisten Gespräche führen zu lassen. Zwei Jahre früher hätte ich mich ohne Zweifel für Option drei entschieden. Wurde ich vernünftiger, oder verlor ich mein Ziel aus den Augen?
Die Kritiker meinten, die echte Freeconomy Community werde nicht mehr geldfrei sein, wenn ich das Land kaufte. Das könne keine Lösung für die Gesellschaft sein, sagten sie, und sei eine Farce. So ganz war ihr Argument nicht von der Hand zu weisen. Doch das Leben ist, wie ich vermute, voll von solchen Dilemmas. Wir können uns lediglich für die beste Option entscheiden, uns intensiv in die Sache reinknien und jeden Tag die Gründe hinterfragen. Diese Kritiker wussten nicht, dass ich die Freeconomy-Community-Website und die Infrastruktur, der sie sich zum Posten ihrer Kommentare bedienten, mit den Erlösen aus dem Verkauf meines Hausboots bezahlt hatte. Macht die Tatsache, dass ich für die Website bezahlt habe, die Tatsache zunichte, dass sie Tausenden von
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