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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
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beiden Seiten zweigten Türen ab. Einen Augenblick war er unschlüssig. Er mußte sich erst mit den Gewohnheiten des Hauses vertraut machen, sonst erkannte man schnell den Eindringling in ihm.
    Hinter ihm öffnete sich plötzlich eine Tür, und ein Mädchen in einer weißen Robe schoß heraus. »Mach schnell«, sagte sie. »Wir kommen noch zu spät.«
    Ketan nickte und lief neben ihr her. Bis jetzt hatte ihn das Glück nicht im Stich gelassen.
    Sie bogen um die Ecke und gingen durch ein breites goldenes Tor. Und dann waren sie im Hintergrund eines kleinen Raumes, in dem sich etwa dreißig junge Frauen versammelt hatten.
    Alle trugen die makellos weißen Roben. Sie machten feierliche und verzückte Mienen. Einen Augenblick hatte er wirklich das Gefühl, daß er den Ort entweihte.
    Er setzte sich neben das Mädchen, das er in der Halle getroffen hatte. Eine ältere Frau in schweren goldenen Gewändern und einem imposanten Kopfschmuck betrat das Podium. Es wurde still.
    »Dienerinnen des Tempels – denn das ist nun euer Titel«, sagte sie, »ihr gehört ab heute nicht mehr zu den Frauen Kronwelds. Ihr gehört zu einer neuen, größeren Welt, für die ihr die alte aufgegeben habt. Ihr gehört zu einer Welt, die an der Schwelle des Gottesreiches liegt.«
    Ketan hörte der Sprecherin nicht länger zu, sondern ließ seine Blicke über die Mädchen schweifen. Wo war Elta? Es wäre ein bitterer Scherz, wenn er sie hier nicht fände.
    Doch dann sah er sie zwei Reihen vor sich. Sie konzentrierte sich auf die Worte der Sprecherin. Mit überwältigender Macht kam noch einmal alles über ihn – von der geheimnisvollen alten Frau bis zu seiner Verurteilung vor dem Rat. Frage um Frage türmte sich auf. Aber die eine Frage übertönte alles: Warum hatte Elta das getan? Hatte sie das gemeint, als sie sagte, sie müßte eine Zeitlang fort? Hatte sie wirklich geglaubt, den Tempel wieder verlassen zu können?
    Egal. Er würde jetzt nicht mehr umkehren, bis er das letzte Geheimnis dieses Ortes entschleiert hatte.
    »Ihr werdet der Schöpfung des Menschen beiwohnen«, sagte die Sprecherin. »Ihr hättet euer Leben keiner größeren Aufgabe widmen können. Die Arbeit der Ersten Gruppe und Sucher von Kronweld ist gering neben der unseren.«
    Plötzlich durchzuckte Ketan eine merkwürdige Angst. Die Frau meinte wirklich, was sie sagte.
    Es dauerte einen Augenblick, bis er die volle Bedeutung dieses Gedankens erfaßte. Bei den Ratsmitgliedern war es etwas anderes. Sie wußten nichts von dem Geheimnis. Aber die Frau mußte doch Bescheid wissen.
    Er hörte zerstreut ihr Loblied über das Leben einer Tempeldienerin. Der einzige konkrete Satz, den sie sagte, war die Mitteilung, daß sie bei Aufgang der zweiten Sonne zum Tempel marschieren würden.
    Sie wurden entlassen und gingen in kleinen Gruppen aus dem Raum. Ketan suchte Elta. Er holte sie ein und sagte: »Kann ich dich einen Augenblick allein sprechen?«
    Sie drehte sich um. »Natürlich, Murna.« Dann hob sie erschreckt die Hand. »Du bist nicht Murna. Wer bist du? Ich habe dich noch nie hier gesehen?«
    »Bitte«, sagte er drängend, »gehen wir in dein Zimmer.«
    Mit zweifelnder Miene ging sie voraus. Er sah sich um, aber niemand folgte ihnen. Dann waren sie im Zimmer, und er schloß die Tür. Elta zog sich ängstlich zurück, als er näherkam.
    »Sieh mich genau an, Elta!« Er hatte seiner Stimme den natürlichen Klang gegeben.
    Ihre Augen waren schreckgeweitet. »Ketan …!«
    »Ich mußte dir nachkommen, Elta. Warum hast du das nur getan?«
    »Ich?« Ihr Lachen klang hysterisch. »Und du? Wie bist du hier hereingekommen? Und was hast du vor? Weißt du, daß der Tod eine milde Strafe ist, wenn man dich hier erwischt?«
    »Ah. Diese Art von Disziplin ist hier wohl nötig! Ein würdiger Ort. Aber ich werde die Lügen aufdecken.«
    »Oh, du Narr.« Elta setzte sich müde auf das Bett. »Was weißt du denn schon über diesen Ort? Warum konntest du mir nicht vertrauen? Ich sagte dir doch, daß wir nach Nachtland gehen würden, sobald ich zurückkäme. Jetzt …«
    »Von hier willst du zurückkommen? Hattest du die ganze Zeit vor, hierher zu gehen?«
    Sie nickte.
    »Weshalb?«
    »Ich kann es dir nicht sagen.«
    Wieder diese Schranke, die sich zwischen ihnen aufbaute. Das war nicht die Sucherin Elta, die er liebte und zur Gefährtin machen wollte …
    »Nun?«
    Sie schluchzte auf. »Nun ist nichts mehr. Du bist degradiert, und der Himmel weiß, was noch alles über dich kommt. Hoult hätte

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