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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
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ganze Gebäude. Und dann waren sie in einem kleinen Saal, der dick mit braunen Teppichen ausgelegt war.
    »Ich lasse euch jetzt allein«, sagte die Anführerin. »Widmet euch ganz euren Pflichten, denn bei euch liegt die Zukunft des Menschen. Ich übergebe euch Matra, der Ersten Tempeldame. Lernt von ihr und versucht, so groß zu werden wie sie.«
    Die Sprecherin verließ den Raum. Sie warteten in respektvollem Schweigen. Und dann tauchte eine alte Frau auf. Ihr dünnes, silbernes Haar wurde von einem Juwelenband zurückgehalten. Sie war ganz in Weiß gekleidet. Ihre Blicke gingen über die neuen Dienerinnen. Und dann sah sie Ketan an.
    Ketan erstarrte. Sie war die Alte, die zum Karildex gekommen war und ihm befohlen hatte, Hoult, Daran und Elta zu töten. Auf seiner Stirn stand Schweiß. Er wußte, daß sie ihn erkannt hatte.
    Erst nach einiger Zeit wurde ihm bewußt, daß sie zu sprechen begonnen hatte.
    »… ich bin seit achtzig Tara hier. Ich bedaure keinen Tag, daß ich die andere Welt aufgegeben habe. Ich bedaure nur, daß ich mein Werk nicht gut genug getan habe – niemand kann all seine Träume erfüllen.
    Die Hoffnungen und Ideale und Wünsche des Gottes, der Kronweld schuf, ruhen auch in euch. Ihr werdet sie nun an andere weitergeben.
    Ihr wollt wissen, was euch erwartet – ihr seid eifrig und hoffnungsvoll und wißbegierig. Vielleicht habt ihr auch Angst. Ihr werdet alle menschlichen Gefühle kennenlernen, aber am größten werden Sorge und Herzeleid sein.
    Zuerst sollt ihr alles lernen, was von der Ersten Frau auf uns herabgekommen ist, und dann werdet ihr es an die weitergeben, die zu uns kommen.
    Ihr alle wollt wissen, wie das Leben entsteht. Es ist eines der Geheimnisse, die die Sucher erregen. Aber es ist besser, wenn sie es nicht erfahren. Selbst wir, die wir auserwählt sind, das neue Leben zu umsorgen, erfahren nicht, wie es geschaffen wird. Nur Gott weiß es. Wir sehen sein Werk, aber wir verstehen es nicht.
    Nun ruht euch aus und erfrischt euch, und morgen sollt ihr erfahren, woher das Leben kommt.«
    Ketan wurde von Zweifeln hin und her gerissen. Sollte er doch unrecht haben? Waren seine Erkenntnisse nichts als Gotteslästerung?
    Vielleicht erfuhr er es nie. Er merkte, wie Matras Augen immer wieder auf ihm ruhten. Und nun kam Trauer in ihre Stimme.
    »Ich werde nicht mehr lange bei euch weilen«, fuhr sie fort. »Vielleicht seid ihr die letzte Gruppe von Dienerinnen, die ich hier empfange. Wenn ja, dann gebe ich euch eine letzte Empfehlung: Macht eure Arbeit besser als eure Vorgängerinnen. Vielleicht haben es einige unter euch schon gemerkt: Kronweld versagt. Erschreckt nicht. Euer Leben ist so kurz, daß ihr den Rückschritt nicht merkt. Aber es gibt keine großen Sucher mehr wie Igon.
    Ich weiß nicht, weshalb das so ist. Ich weiß auch nicht, weshalb immer weniger neue Lebewesen geschaffen werden. Die Gruppe, mit der ich aus dem Tempel trat, zählte zweitausend Menschen.
    Ihr habt gesehen, wie viele es heute waren. Ihr müßt den Grund herausfinden, sonst ist Kronweld verloren. Ich hoffe, wenigstens eine unter euch ist dazu in der Lage.
    Nun geht. Für jede von euch wartet eine Helferin auf dem Gang. Man wird euch eure Räume zeigen und morgen in die Kammer der Geburt bringen.«
    Sie erhoben sich schweigend und etwas verwirrt. Ketan ging neben Elta. Das Mädchen spürte seine Angespanntheit.
    Er wußte, daß er nicht bis zur Tür kommen würde. Als er ein paar Schritte gegangen war, hörte er die Stimme der Alten: »Murna, ich möchte dich sprechen.«
    Er blieb stehen und drehte sich um. Elta ging mit den anderen hinaus. Und dann wurde er von Panik ergriffen. Sie mußte wissen, daß auch Elta im Raum war. Und sie hatte gesagt, daß Elta sterben sollte. Hatte Elta gewußt, daß ihre Gegnerin die Herrin des Tempels war?
    Aber er konnte nichts tun. Die anderen warfen ihm bereits neugierige Blicke zu, weil er so unschlüssig dastand. Er ging zu Matra.
    Als alle den Raum verlassen hatten, sagte Matra:
    »Ich hatte nicht gedacht, daß wir uns so bald wiedersehen würden, Ketan.«
    Er starrte sie an. »Ich wollte unsere Unterredung fortsetzen. Sie sind kürzlich sehr schnell verschwunden.«
    Einen Augenblick war sie verblüfft. Doch dann schüttelte sie lächelnd den Kopf. »Du lügst. Du hast nicht gewußt, daß ich hier bin. Weshalb bist du gekommen?«
    »Ich muß das Geheimnis des Lebens kennen. Du und die anderen haben es lange genug zurückgehalten. Wenn der Mensch es nicht erfährt, muß

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