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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
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dich in Kronweld umgebracht. Jetzt hat er eine doppelte Entschuldigung. Selbst in Nachtland würde man uns verfolgen.
    Es gibt nur eine Rettung. Wir müssen sofort fliehen. Gehen wir zusammen nach Nachtland. Wir lassen alles hinter uns und fangen ein neues Leben an. Du kennst das Land. Niemand wird uns finden.« Ihre Augen sahen ihn ernst und bittend an.
    »Es hätte keinen Sinn. Wir müßten ein Leben lang vor denen fliehen, die wir bekämpfen wollten. Ich glaube, es gibt andere Länder außer Nachtland und Feuerland, die noch kein Mensch gesehen hat. Irgendwo liegt das Land meiner Vision. Vielleicht kennst du es sogar. Und ich bin sicher, daß ich es finden kann, wenn ich im Tempel bleibe.«
    Er wußte nicht, weshalb er diese Bemerkung machte. Es schien, als bewege ihn jemand an einem unsichtbaren Faden. »Ich muß die Felsnadel finden«, sagte er. »Und du wirst mit mir gehen.«
    Aber Eltas Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. »Du darfst sie nicht finden.«
    Ketan sah sie ruhig an. »Du weißt also, wo sie ist.«
    »Nein. Sonst hätte ich sie längst zerstört. Aber ich habe von schrecklichen Dingen gehört, die in ihr sein sollen. Vertrau mir doch. Wenn du mich nicht mitnehmen willst, geh allein nach Nachtland. Ich werde nachkommen, und ich verspreche dir, daß wir nie wieder in Angst leben werden. Sogar der Tempel wird zerstört werden, wie du es willst. Und dann kann ich dir alles über mich erzählen.«
    Ketan schüttelte langsam den Kopf. »Ich vertraue dir – aber du mir nicht. Du sagst mir nichts über die Felsnadel, die ich nur aus meinen Träumen kenne. Du sagst mir nichts von der alten Frau, die mich aufsuchte, und du verschweigst mir, weshalb Hoult mich umbringen will. Was verbindet dich mit ihm und Daran?«
    Sie schwieg.
     
    *
     
    Wenn der Geburtstempel geöffnet wurde, sammelten sich alle Einwohner von Kronweld in einem Halbkreis um das weiße Marmorgebäude. Der Atomgürtel wurde unwirksam gemacht, und bewaffnete Männer standen vor dem Tempeleingang.
    Ketan erinnerte sich gut an den Tag seines eigenen Auftauchens. Zum erstenmal sah er die Außenwelt mit ihren zwei Sonnen und dem wolkigen Himmel. Irgendwie hatte er gewußt, daß es so sein würde, aber die Wirklichkeit war doch ein Schock. Das war vor zwölf Tara gewesen. Er konnte sich nicht erinnern, was vor seinem Auftauchen in Kronweld gewesen war.
    Und doch hatte er das unbestimmte Gefühl, daß vorher etwas existiert hatte, daß er nicht einfach als Erwachsener aus dem Tempel gekommen war. Man hatte etwas in seinem Gehirn versperrt, damit er sich nicht erinnern konnte.
    Die Atmosphäre im Vorbereitungszentrum war gespannt. Sie übertrug sich sogar auf Ketan. Aber er hatte mehr Grund zur Angst als die Mädchen. Er war sicher, daß seine Entdeckung den sofortigen Tod bedeuten würde. Unter der Oberfläche von Kronweld verbargen sich Kräfte, deren er sich bis jetzt nicht bewußt gewesen war.
    Plötzlich klangen Instrumente auf. Die Mädchen drängten hin und her, und plötzlich befand sich Ketan neben Elta in einer Doppelreihe. Sie standen vor der großen Tür des Zentrums.
    An der Spitze der Prozession befand sich die Frau, die sie eingewiesen hatte. Sie trug ihre goldenen Kleider. Vom Zentrum zu der geschlossenen Tür des Tempels führte ein breiter Weg. Die Zuschauer wurden still, als sich die Mädchen in Bewegung setzten. Sie beugten sich vor der Heiligkeit, die von den Tempeldienerinnen ausstrahlte.
    Ketans Herz klopfte. Er glaubte, daß ihn jeden Augenblick jemand erkennen mußte. Einmal drückte ihm Elta verzweifelt die Hand. Die Musik aus dem Tempel wurde lauter. An der breiten Treppe vor dem Eingang teilte sich der Zug und bildete je einen Halbkreis. Unsichtbare Trompeter bliesen einen Tusch.
    Und zögernd öffneten sich die goldenen Türen des Tempels. Ketan sah den Blick der Angst auf den Gesichtern der Jungen und Mädchen, die zum erstenmal aus dem Tempel kamen. Er erinnerte sich an seine eigenen Gefühle.
    Und dann schüttelte er verwundert den Kopf. Es waren kaum zweihundertfünfzig. Die Zuschauer begannen zu murmeln. Jede Tara wurde die Gruppe kleiner, die aus dem Tempel kam, aber diesmal war der Unterschied so deutlich wie noch nie.
    Aber er konnte jetzt nicht darüber nachdenken. In einem feierlichen Zug stiegen die neuen Tempeldienerinnen die Treppe hinauf. Hinter ihnen schlossen sich die Tore.
    Ketan war in den Geburtstempel zurückgekehrt.

 
11
     
    Man hörte nur ihre leisen Schritte. Der Korridor verlief um das

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