Der Mann zweier Welten
Kronweld verlassen. Ich nehme Elta mit, und wir gehen nach Nachtland. Wir werden neue Menschen schaffen und sie den Idioten von Kronweld zeigen.«
»Das wagst du nicht!«
»O doch. Elta wollte es tun, bevor ich zu dem Verhör ging. Ich hätte auf sie hören sollen. Was ist besser: In Freiheit im Exil leben oder dazu verurteilt sein …«
»… als Wachmann zu leben«, ergänzte Varano.
»Das wollte ich nicht sagen.«
»Aber es war das einzig Logische. Ich glaube, für mich war es richtig, Wachmann zu werden. Ich hatte nicht deine Begabung und Phantasie. Schade, daß wir uns nicht früher getroffen haben. Mein Ehrgeiz ist vorbei. Aber dir kann ich nur eines raten: Beweise Kronweld, daß der Rat unrecht hatte. Vielleicht töten sie dich, aber in späteren Zeiten wird man dich wie Igon preisen.«
»Darauf lege ich keinen Wert. Ich will hinter alle Geheimnisse kommen. Aber wenn wir nach Nachtland fliehen, brauche ich deine Hilfe. Allein kann ich die Barriere um Kronweld nicht überwinden. Später kannst du sagen, wir hätten dich gezwungen mitzukommen.«
Varano nickte. »Habt ihr einen Schild?«
»Nur unsere Körperschilde. Ich werde einen abgeschirmten Wagen brauchen. Sucher Janu hat einen. Ich muß ihn mitnehmen.«
»Er wird ihn dir kaum geben.«
»Ich habe auch nicht vor, ihn darum zu bitten«, sagte Ketan hart. »Dabei mußt du mir auch helfen. Es ist nicht leicht, einen Wagen zu stehlen und zu verschwinden, bevor der Alarm ausgelöst wird.«
Varano wurde blaß. »Es ist zu gefährlich. Diebstahl ist ein schreckliches Verbrechen.«
»Nicht halb so schlimm wie andere Verbrechen, die in Kronwald begangen werden. Komm, essen wir etwas. Wir besprechen die Sache später noch.«
*
Die erste Sonne sank unter den Horizont. Die Landschaft lag im Dämmerlicht da. Zu dieser Zeit legten die Bewohner der Stadt ihre Umhänge ab und begaben sich an die Arbeit. Ketan und Varano saßen vor den Nahrungsmittelzuleitungen.
Ketan ließ sich ein dickes Bor-Steak kommen. »Der Direktor des Nahrungsmittel-Zentrums würde zusammenbrechen, wenn er wüßte, daß das hier aus einer seiner Geheimzuleitungen kam.«
»Wie hast du das gemacht?«
»Den normalen Kanal angezapft und mit meiner automatischen Küche verbunden.«
Nach dem Essen traf Ketan umfangreiche Fluchtvorbereitungen. Er konnte nur wenig mitnehmen. Seine Notizen und die Ausrüstung verstaute er so, daß Branen sie leicht finden konnte.
»Ich muß jetzt zu Elta«, sagte er. »Erlaubst du es?«
»Ja. Aber sei vorsichtig. Ich bleibe am besten hier, falls ein neuer Befehl für mich kommt. Wenn du dich erwischen läßt, kann ich dich ins Exil begleiten.«
Ketan stellte eine Verbindung zu Elta her, aber nichts rührte sich. Er wurde ungeduldig. Sie hatte keinen Hinweis hinterlassen, wohin sie gegangen war.
Ketan versuchte es noch an verschiedenen anderen Plätzen, an denen sie sich aufhalten konnte. Nirgends fand er sie. Er wurde unruhig.
»Es muß etwas geschehen sein«, sagte er. »Sie verschwindet nie, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.«
»Was willst du tun?«
»Ich gehe zu ihrer Wohnung. Wenn jemand anruft, sagst du, daß ich niemanden sprechen kann.«
Als er in die Nacht hinausging, erinnerte er sich an Elias Worte: »Ich muß eine Zeitlang fort.« Und: »Geh nach Nachtland – warte dort auf mich.« Was hatte sie damit gemeint? Hatte sie wirklich einen Plan gehabt?
Er fuhr schnell durch die Straßen. Da außer den Ratsmitgliedern niemand von dem Urteil wußte, bestand wenig Gefahr, daß man ihn entdeckte. Ketan blieb vor dem Gruppenhaus mit dem üppigen Garten stehen und lief schnell in den Säuleneingang. Er drückte auf das Eingangssignal. Keine Antwort. Dann kam ein helles Schild mit der Leuchtschrift: »Unbewohnt«.
Ketan schüttelte verwirrt den Kopf. Wohin konnte sie gegangen sein? Doch dann beruhigte er sich wieder. Kronweld war nicht groß. Er würde sie finden.
Er ging an die benachbarte Wohnung und drückte auf das Eingangssignal. Zwei Frauen befanden sich im Raum. Er kannte sie nur vom Sehen.
»Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich wollte die Sucherin Elta sprechen. Aber ihre Wohnung ist frei geworden. Können Sie mir sagen, wohin Elta ging?«
Eine große geschmeidige Frau stand auf.
»Sie müssen Ketan sein«, sagte sie lächelnd. »Elta hat oft von Ihnen gesprochen.«
Sie sah ihn prüfend an. »Elta ist noch verrückter, als wir dachten. Aber Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie nichts von ihrem Vorhaben wissen?«
»Nein«,
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